Faunistische und biologische Studien an
freischwimmenden Cladoceren Sachsens.
Von Erich Wagler-Leipzig.
Mit Taf. XXX und 14 Textfiguren.
Einleitung.
Die Cladocerenfauna Mitteldeutschlands und speziell des Königreichs Sachsen ist bisher recht
SSefmütterlich behandelt worden. Hartwig und Keilhack haben die Mark untersucht, Fritzsch,
Hellich und Langhaus haben vorbildlich in Böhmen gearbeitet. Zwischen diesen beiden Gebieten
fehlt-bisher die verbindende Brücke. Die Mark Brandenburg ist reich an großen und tiefen natürlichen
Seen mit klarem Wasser, die meist von Flüssen (Havel und Spree)' durchzogen werden, öder überhaupt
weiter nichts als erweiterte Flußläufe darstellen. Böhmen hingegen besitzt keine großen Seen, wohl
aber sehr viele, zum Teil mehrere Quadratkilometer große Stauteiche von seeartigem Charakter,
die bei der dort hbch in Blüte stehenden Fischzucht regelmäßig mit Fischen besetzt und in 2—3i ährigem
Turnus abgelassen werden. Diese Teiche liegen teilweise im Gebirge.
In Sachsen liegen die Verhältnisse anders: Große Seen fehlen vollkommen,.seeartige Teiche
sind selten; das Übliche sind einerseits kleine Dorfteiche; die als"Sammelbassin für Abwässer und
Tummelplatz fürs Federvieh stark gedüngt sind und meist keinen Abfluß haben, anderseits mäßig
große Fischteiche mit viel reinerem Wasser und mit stark entwickelter Litoralregion, die in regelmäßigen
Intervallen abgelassen und neubespannt werden. Dazu kommen in größeren Städten die
wenige Dezimeter tiefen Schmuckteiche der Parks, die durch das Fehlen jeglichen Litorals charakterisiert
zu sein pflegen.
Diese drei Typen von Wasserbecken sind sowohl unter sich als auch besonders von den märki-
Bchen und böhmischen Gewässern in ihren Lebensbedingungen recht verschieden. Es durfte demnach
von vornherein erwartet werden, daß die Eigenart der von mir untersuchten Gewässer sieh in der
Biologie der Bewohner widerspiegeln würde. Der Einfluß des Milieus mußte sich zunächst bemerkbar
machen in der Zusammensetzung der Fauna, ferner in der Periodizität des Auftretens und der Häufigkeit,
endlich in den Fortpflanzungsverhältnissen der Cladoceren. Gerade dies letzte Problem ist
neuerdings wiederholt Gegenstand von Untersuchungen gewesen. Ich wandte ihm deshalb besondere
Aufmerksamkeit zu und hoffe zur Klärung einiger Fragen beitragen zu können.
Die Ergebnisse f aunistisch-biologischer Art sind im ersten Teil der Arbeit niedergelegt und bilden
die Grundlage für den zweiten Abschnitt. Sie wurden hauptsächlich in den Jahren 1907/08 erhalten.
Zoologlca. Heft 67. k gg