Der Inhalt des so beschriebenen Gehäuses läßt zwei Hauptteiie erkennen, den sogenannten
S p e rm a b e h ä l t e r (Réservoir spermatique) und den p r o j e k t i l e n A p p a r a t (appareil
éjaculatoire). Der Spermabehälter ist zunächst der von der Inneren Grenzhaut begrenzte Innenraum
des Gehäuses in dessen hinterer Hälfte. In diesem Raum befindet sich eingeschlossen der S p e r m a s
c h l a u c h (boyau spermatique Racovitza), umgeben von der Ge h ä u s e f l ü s s i g k e i t
(liquide de l’étui), die häufig sich an seinem hinteren Ende in eineqi kleinen Raum innerhalb der
Innenschicht ansammelt, Der Spermabehälter mit dem Spermaschlauch nimmt fast stets mehr
als V3 und bisweilen mehr als 2/ 3 der Länge des Gehäuses in Anspruch. Das Spermareservoir enthält,
wie Racovitza beschreibt, außer dem Spermaschlauch noch einen von ihm als „faux boyau“ beschriebenen
Abschnitt, der anstatt des Spermas eine unbestimmte Flüssigkeit enthält. Indessen ist die
Ausbildung dieses Abschnittes und der Grad seiner Abgrenzung vor dem Spermaschlauch bei den
•einzelnen Arten sehr verschiedenartig und er kann meist als ein Teil der „Flasche“ und damit als
zum projektilen Apparat gehörig aufgefaßt werden.
Der S p e rma s c h l a u c h (boyau spermatique) ist ein schlauchförmiger Sack, gebildet
von einer dünnen, weichen Haut, der E i g e nmemb r a n desselben (membrane propre du boyau
spermatique), und enthält die Spermatozoen, gewöhnlich eingebettet in eine klebrige oder gallertige
Substanz, die bei manchen Arten die Spermatozoen von außen umgibt, bei ändern sich im. Innern
des Schlauches als besonderer Strang absondert. Die Anordnung der Spermatozoen ist keine regellose,
sondern dieselben liegen, wie es scheint, eng aneinandergedrängt mit den Köpfen peripherwärts
gerichtet. Der ganze Spermaschlauch läßt bei vielen Arten eine feine, wahrscheinlich spiralig angelegte
Querringelung erkennen. Bei den Octopoden und Sepiolen ist der Spermaschlauch selbst spiralig
aufgewunden, bald nach links, bald nach rechts; diese Aufwindung scheint nichts mit der erwähnten
engspiraligen Ringelung des Schlauches zu tun zu haben.
Wir wenden uns nun dem zweiten Abschnitt des Spermatophoreninhalts zu, dem sogenannten
proj e k t i l e n S c h l a u c h (appareil éjaculatoire), einem langen röhrenartigen Schlauch, der
am ovalen Ende des Gehäuses festsitzt, mit dem spermaführenden Abschnitt in einzelnen Fällen fest,
in anderen nur lose verbunden ist, kein Sperma enthält, aber bei der Explosion der Spermatophore
die Hauptrolle spielt, indem er sich wie ein Handschuhfinger nach außen umstülpt, die spermaführenden
Partien nach sich ziehend. Milne Edwards unterscheidet an dem projektilen Schlauch drei Hauptabschnitte,
das V e r b i n d u n g s s t ü c k (connectif), den „s a c“ und die „t romp e“,
Bezeichnungen, die von Racovitza übernommen wurden. Racovitza rechnet das sogenannte „faux
boyau nicht zu dem projektilen Schlauch. Da indessen, wie ich weiter anführen werde, dieser Abschnitt
häufig von dem sogenannten „sac“ nicht deutlich getrennt ist, folge ich in der Benennung
hier Duvernoy, der den hinteren Abschnitt des projektilen Schlauches die F l a s c h e (le flaçon)
nennt, und an dieser einen (hinteren) c y l i n d r i s c h e n Abschnitt (das „faux boyau“ Racovitzas)
und einen (vorderen) k o n i s c h e n Abschnitt (der „sac“ Racovitzas) unterscheidet.
Der c y l i n d r i s c h e A b s c h n i t t der Flasche erscheint bei einigen Arten, z. B. Sepiola,
deutlich als die Fortsetzung des Spermaschlauches, indem die Wand des letzteren sich direkt in die
Wand des cylindrischen Abschnitts verfolgen läßt. Ob der vordere taube, eine gelbliche Flüssigkeit
enthaltende Teil des Spermaschlauches bei Sepiola als „cylindrischer Abschnitt“ der Flasche aufgefaßt
werden kann, vermochte ich nicht zu entscheiden. Bei Eledone aldrovandi setzt sich die spiralige
Struktur des Spermaschlauches auf die Innenseite des hier eigentümlich gestalteten cylindrischen
Abschnitts der Flasche fort, in Gestalt von spiralig an der Wand entlang laufenden Strukturen. Eine
spiralige Struktur ist bei vielen Arten, sowohl in der Flasche, als auch besonders in den vorderen
Abschnitten des projektilen Schlauches deutlich oder in Andeutungen zu erkennen. Bei den meisten
Arten ist der cylindrische Abschnitt der Flasche von dem Spermaschlauch deutlich abgesetzt und mehr
in Übereinstimmung mit dem übrigen projektilen Schlauch; er scheint in einigen Fällen, wo er von
den vorderen Partien wenig differenziert ist, an der Umstülpung mit teilzunehmen; in ändern Fällen
zeigt er ein abweichendes Verhalten, indem er, wie der Spermaschlauch, bei der Explosion nicht umgestülpt
wird, sondern ins Innere des sekundären Spermabehälters zu liegen kommt. Der cylindrische
Abschnitt kann sowohl von dem Spermaschlauch als auch von dem konischen Abschnitt durch eine
Einschnürung (Verbindungsstück, connectif) abgesondert sein. (Der Ausdruck wird von Racovitza
angewendet für die Einschnürung zwischen „faux boyau“ und „sac“, von Milne Edwards für die
Abgrenzung zwischen Spermaschlauch und Flasche.) Eine Feststellung der Homologien war vielfach
nicht befriedigend durchführbar.
Der zweite k o n i s c h e Abschnitt der Flasche, von dem cylindrischen mehr oder weniger
deutlich gesondert, bisweilen auch nur seine vordere, etwas verschmälerte Hälfte bildend, besteht
im allgemeinen aus einem dünnhäutigen Sack (le sac), dessen häufig etwas gefaltete und sich nach
oralwärts zusammenziehende Eigenwand die Fortsetzung der Eigenwand des Spermaschlauches
und des cylindrischen Abschnittes bildet. Der Inhalt des konischen Abschnitts besteht in der Regel
aus einer klebrigen Substanz (masse collante), die durch ihre Farbe nicht besonders ausgezeichnet ist.
In einigen Fällen kommuniziert der konische Abschnitt der Flasche, wie schon erwähnt, nach aboral-
wärts frei mit dem eben beschriebenen cylindrischen Abschnitt, in anderen Fällen ist er von diesem
scharf getrennt. Ebenso kommuniziert in vielen Fällen z. B. Calliteuthis, Eledone, der ganze Hohlraum
der Flasche frei mit dem Lumen der vorderen Partie des projektilen Schlauches, ist aber in
ändern Fällen, z. B. Illex, Abraliopsis, von diesem durch eine eigentümliche Vorrichtung abgesperrt,
die dann bei der Explosion eine besondere Rolle spielt.
Der auf die Flasche nach oralwärts folgende Abschnitt des projektilen Schlauches ist die sogenannte
T r o m p e (la trompe Racovitza, Milne Edw.), eine lange Röhre von ungefähr gleichmäßigem,
nach oralwärts zu nur wenig verengertem Kaliber und dicker, aus mehreren Schichten bestehender
Wand. Die Trompe verläuft entweder ganz gerade, doch nur in seltenen Fällen (Eledone moschata
und aldrovandi, Octopus mäeropus), meist aber ist sie gegen das orale Ende hin in einigen Windungen
zusammengerollt; ausgestreckt würde sie in diesen Fällen das Gehäuse beträchtlich überragen. Bei
den Dekapoden sind die Windungen, 2—5 an der Zahl, am oralen Ende der Spermatophore zusammengedrängt
und bilden hier einen oft mit dem Auge am durchsichtigen Objekt schwer entwirrbaren
Knäuel in der Nachbarschaft des Verschlußapparates. Bei einigen Octopoden ist die Trompe fast
in ihrer ganzen Länge spiralig korkzieherartig aufgewunden, was diesen Spermatophoren (z. B. Octopus
vulgaris) ein zierliches Aussehen gibt. Die Windungen der Trompe persistieren, wenigstens bei
einigen Decapoden, bis zu einem gewissen Grade auch nach der Explosion, und bewirken eine Ablenkung
in der Richtung des explodierenden Schlauchs; die Spiralwindungen bei Octopus scheinen
sich völlig zu strecken, geben aber dann der explodierenden Spermatophore eine außerordentliche
Längenausdehnung.
Die Wände der Trompe werden zunächst von drei Schichten gebildet, die sich bei fast allen
Arten unterscheiden lassen, und die hier nach Racovitzas Terminologie zur Unterscheidung von den
Schichten des Gehäuses die Me m b r a n e n de r T r o mp e genannt werden sollen (membranes
de la trompe). Die innerste Auskleidung der Trompe bildet die I n n e r e Membr a n (membrane
Zoologien. Heft 67. i f