zwischen Rumpf und Kopf liegt, so wird der Kopf des Tieres in bezug auf den Rumpf gehoben, wenn
der Rumpf herabsinkt. Dabei muß der Kopf als kürzerer Hebelarm betrachtet werden; der Rumpf -
hebelarm wirkt umso energischer kopfhebend, je weiter der Schwerpunkt vom Aufhängungspunkt
entfernt ist. Die Hebelwirkung auf den Kopf tritt sowohl im Moment der Bewegung als beim
ruhigen Absinken (von Daphnia) ein; im ersteren Falle wird das ganze System durch eine in jener
Achse ansetzende Kraft gehoben, im letzteren Falle setzt in der gleichen Achse eine Kraft ein,
welche das Sinken hemmt: die Wirkung der als Fallschirm abgespreizten Antennen (Fig. 17). —
Ein näheres Eingehen auf die beiden Wirkungsweisen der Gravitation verschiebe ich, bis wir die
übrigen Bewegungsfaktoren kennen gelernt haben.
Schon hier aber muß ich die bekannte Tatsache betonen, daß bei diesen Planktonkrebsen
im Gegensatz etwa zu den Mysideen keinerlei Organe vorhanden sind, welche dem Tier ermöglichen,
Lageveränderungen durch Vermittlung der Schwerkraft wahrzunehmen. Wir werden aber sehen,
ein wie vollkommener E r s a t z für die fehlenden barostatischen Organe vorhanden ist.
2. Der Einfluß mechanischer Reize.
Jede Berührung und Erschütterung des Cladocerenkörpers wirkt als Reiz auf die Ruderbewegung,
und zwar wirkt Erschütterung (Wasserbewegung) zunächst jedenfalls bewegunghemmend.
Die Ruderschläge setzen eine Weile aus: die Tiere sinken herab (Fig. 27,Ic). So in einem erschütterten
Gefäß, so auch im See, wenn die Tiere von den Bewegungen der Oberfläche getroffen
werden. Doch wirkt nicht das Auf- und Abwogen der Wellen als Reiz, sondern die Erschütterungen
der Oberflächenschicht durch das zurückfallende Wasser der Wellenkämme. .
Eine andere Wirkung haben Berührungsreize, welche einzelne Stellen der Körperoberfläche,
insbesondere die Antennenborsten und Schalenstachel treffen. Von Bedeutung sind wohl nur zwei
Fälle. Einmal löst jedes Aufstoßen der Spina1) oder des Schalenrands (Bosmina) auf den Boden des
Gefäßes oder auf Blätter und Grund des Seeufers, wahrscheinlich durch Vermittlung des empfindlichen
Abdomens, verstärkte Ruderschläge aus, wie man an halbbetäubten Tieren gut sehen kann, die ruhig
zu Boden sinken, aber im Moment des Aufstoßens wieder zu rudern beginnen.
Ich möchte meinen früheren Auseinandersetzungen über d as Fehlen der Planktonkrebse in der flachen Ausfluß- und Uferregion
(W. 1908) bei dieser Gelegenheit hinzufügen, daß ich je tz t die eben genannte Reizbarkeit als die Hauptureache der „Uferflucht“
bezw. d es Vermeidens aller flachen Stellen im See b etrachte. Vielleicht sp ie lt dabei auch d ie folgende Berührungs-Reaktion e ine Rolle.
Wenn Daphnien oder Bosminen in einem Gefäß schräg aufsteigen und dabei mit den Ruderantennen
die Oberfläche berühren, so wirkt diese Berührung als Reiz. Und zwar kann man sowohl
beobachten, daß die Tiere durch eine Stockung der Ruderbewegung reagieren, als auch, daß sie verstärkte
und kopfüber schräg nach unten gerichtete Ruderschläge ausführen (Fig. 32). Wovon
diese Verschiedenheit des Verhaltens abhängt, weiß ich noch nicht, der Effekt ist in beiden Fällen
derselbe, ein Verlassen der Oberfläche.
x) Diese Reizbarkeit is t eine der Ursachen der von E w a l d (1910) in Glaszylindern beobachteten „kleinen Lokomotionsperioden“
der Daphnien. Eine andere Ursache kann man auch au f dem Objektträger beobachten. Bei Tieren, die
irgendwie irritiert sind — und sowohl auf dem Objektträger als in einem engen Glaszylinder sind die Tiere ste ts
in einem Reizzustand — wechseln Perioden starker Bewegung und E r m ü d u n g s p a u s e n ab. Nur m it Hilfe dieser Ermüdungspausen
war es mir möglich, die vie len Hunderte von Umrißzeichnungen lebender Tiere zu machen, welche ich
für meine Vererbungsversuche brauchte. — • Ich habe mich aber n ich t überzeugen können, daß in großen Aquarien (und
ohne besondere Lichtreize) oder gar im freien Wasser die Daphnien solche „kleinen Perioden“ aufweisen.
3. Der Einfluß und die Wirkungsweise des Lichts.
a. Die i n t e n s i v i e r e n d e Li c ht wi r kun g.
Die Lichtstrahlen, von welchen tagsüber (oder bei Belichtungsversuchen) die Daphnien und
Bosminen getroffen werden, haben zwei verschiedene Wirkungen auf die Bewegung und Bewegungsrichtung
der Tiere.
Wenn wir auf im bisher verdunkelten Aquarium ruhig schwimmende Hyalodaphnien schwaches
diffuses Licht fallen lassen, etwa das von Wänden und Decke des mäßig erhellten Zimmers reflektierte
Licht, so bemerken wir, wie ihre Ruderschläge merklich schneller werden, ohne daß dabei die Richtung
der einzelnen Sprünge sich zunächst ändert.
Die Zahl der Ruderschläge in vollständiger Dunkelheit läßt sich leider nicht konstatieren,
nur die Zunahme bei geringer Lichtzunahme. Ich konstatierte1) bei der Hyalodaphnia desFuresees:
a) Bei tiefer Dämmerung, die Bewegungen eben erkennbar: 49 Schläge pro Minute.
b) Nach allmählicher Erhellung bei diffusem Oberlicht (Reflektiertes Licht einer Glühlampe):
72 Schläge pro Minute.
c) Bei ungedämpftem, konzentriertem Oberlicht, je nach Entfernung der Lichtquelle, (Richtung
der Schläge deutlich geändert): 88, 120, 138 Schläge pro Minute.
d) Bei Verdunkelung nach Versuch b), nach 3 Minuten: 56 Schläge pro Minute.
e) Wieder auf gedeckt, Lichtintensität wie bei Versuch b, sogleich (Richtung der Schläge
geändert): 80 Schläge pro Minute.
Die zunehmende Geschwindigkeit der Ruderschläge muß, wie wir später sehen werden, auf
die resultierende S c hw i mmr i c h t u n g verändernd einwirken, insbesondere die Tiere steiler
aufwärts führen, auch ohne daß die S c h 1 a g r i ch t u n g sich ändert (Fig. 27). Aber auch
letztere wird beeinflußt, sobald die Lichtintensität eine (niedrige) Grenze überschreitet, und diese
Änderung spielt dann eine biologisch sehr bedeutsame Rolle.
Die erstgenannte i n t e n s i v i e r e n d e Lichtwirkung ist wohl darauf zurückzuführen, daß
die Zentren der Schwimmbewegung vom Zentrum der Augenbewegung erregende Impulse empfangen,
sobald das Auge überhaupt von Licht getroffen wird.
b. Die r i c h t u n g r e g u l i e r e n d e Li c htwi r kung: das Auge als „photo-
s t a t i s c h e r “ Appa r at .
Das kugelförmige Doppelauge der Bosminen und Daphnien ist ein sehr eigenartiger Apparat
der B e w e g u n g s r e g u l i e r u n g . Nicht ein „S e h organ“ in dem Sinne, daß es Bilder oder
auch nur Andeutungen von Umrissen wahrnehmen könnte. Dafür divergieren einerseits die 9 oder
11 Einzelaugen, aus denen jede Hemisphäre besteht, gar zu stark, und dafür nimmt jeder Krystall-
kegel aus gar zu vielen Richtungen Lichtstrahlen auf. Denn bei den pelagischen Formen entbehren
diese zweiteiligen „Kugellinsen“, mit Ausnahme eines kleinen, in der Retinakugel steckenden Fortsatzes,
vollständig des Pigmentmantels.2) Und vor allem: diese Tiere haben, da sie ihre N a h r u n g
durch automatisches Aussieben des Wassers gewinnen, da sie ferner um ihre Feinde (Bythotrephes,
x) Der Einfluß der Erwärmung, welcher dem des Lichts gleichsinnig ist, muß bei diesen Versuchen natürlich ausgeschaltet
werden. Bei Versuchen m it diffusem, reflektiertem Licht sp ie lt er keine Rolle.
2) Dagegen sah ich bei Diaphanosoma ebenso w ie bei S id a und Euryce.-ciis ein besonderes gelbrotes Pigment um die Kristallkegel
angeordnet. Dieses ist im Gegensatz zu dem schwarzen Retinapigment in Alkohol löslich.