
daß es sich um g l e i c h b l e i b e n d s t a r k e B ewe g u n g s k r ä f t e und dementsprechend
um g l e i c h b l e i b e n d g r oße R e i b u n g s w i d e r s t ä n d e handelt. Unter den hier in
Frage kommenden kosmischen Verhältnissen kann eine Wind- oder Stromstärke in vielen Fällen
durchaus als konstant aufgefaßt werden. Ein größerer Planktont z. B. eine Velella, wird von einem
solchen Wind oder Strom im e r s t e n Augenblick eine zunehmend beschleunigte Bewegung erhalten,
sehr bald aber eine konstante m a x i m a l e Geschwindigkeit annehmen, die direkt proportional
ihrer Masse und insbesondere ihrem Bewegungswiderstand ist, welch letzterer sich wiederum zusammensetzt
aus den innern Reibungen von Wasser und Luft sowie dem Formwiderstand des Tieres.
Aus diesen Gründen ist die Voraussetzung obiger theoretischer Überlegungen, die Gleichmäßigkeit
der Bewegung, zweifellos weitgehend gültig auch für das Plankton.
Auf der ändern Seite sei aber nachdrücklich hervorgehoben, daß die Gleichmäßigkeit der Bewegung
nur die Voraussetzung ist für den Fall, daß die Schwarmbildung g e n a u in de r obe n
b e s c h r i e b e n e n Wei s e e r folgt . Dies ist aber durchaus nicht notwendig. Es müssen
ebenfalls Perioden entstehen, wenn die Teilchen oder auch nur eine Art derselben usw. zum Beispiel
eine stetig zunehmende Geschwindigkeit hätten. Die Auskonstruktion eines derartigen Beispiels
ergibt, wovon sich der Verfasser überzeugt hat, durchaus e b e n f a l l s Schwä rme , n ur von
a n d e r e r Zahl , F o r m u n d von a n d e r emAb s t a n d . Die ganze Frage nach der Gültigkeit
des S t o k e s sehen Gestzes auch bei den passiven Bewegungen des Planktons ist nur darum
erhoben worden, um eventuell e ine V e r e i n f a c h u n g der Analyse durchführen zu können
und um eine direkte Übertragung der oben unter dieser Voraussetzung auskonstruierten Fälle auf
das biologische Gebiet zu ermöglichen. Obschon also, wie erwähnt, die Gültigkeit des S t o k e s sehen
Gesetzes auch für die passiven Bewegungen des Planktons durchaus anzunehmen ist, so wird das
Hauptresultat vorhegender Erörterungen keineswegs durch ein eventuelles Versagen dieses Gesetzes
in einzelnen Fällen irgendwie berührt.1)
Für die erste Phase der Schwarmbildung, die h omog e n e Schwarmbildung, sind nun keine
weiteren Voraussetzungen nötig, als daß ein heterogener Planktonkomplex sich einige Zeit in derselben
Richtung fortbewegt. Wie schon zu Anfang erwähnt, können solche zunächst p a s s i v e Bewegungen
durch S t r ömu n g e n in horizontaler und vertikaler Richtung, ferner aber durch Wi n de zustande
kommen, die etwa Schwärme von ,,G r e n z f l ä c h e n p l a n k t o n t e n“ wie etwa Velella,
Scapholeberis usw. bilden können.
Eine Voraussetzung für das Auftreten v o l l s t ä n d i g a u s g e b i l d e t e r homogener
Schwärme ist nun das lokale Vorhandensein irgend eines unregelmäßig zusammengesetzten Plankton-
komplexes resp. das Vorhandensein eines Stückes f r e i e n R a u m e s in der Bewegungsrichtung,
innerhalb welches die Ausbildung der Perioden erfolgen kann. Es ist nun schon in der Einleitung
darauf hingewiesen worden, daß diese Annahme ein fast selbstverständliches Resultat der Erfahrung
ist. Es kommt durchaus nur auf die Größe des betrachteten Raumes an, innerhalb dessen man Gleichmäßigkeit
oder Ungleichmäßigkeit in der Verteilung des Planktons konstatieren will, und es ist nicht
weiter zu beweisen, daß bei genügend k l e i n e m Beobachtungsgebiet sowohl lokale (wenn auch
völlig unregelmäßige) Anhäufungen von Plankton als auch freie resp. planktonarme Gebiete reichlich
vorhanden sind.
$ Auch h ier fehlen, wie an vielen Stellen der P lanktonkunde, noch die einfachsten (darum aber fundamentalen) e x p e r i m
e n t e l l e n Untersuchungen, z. B. über die mathematische Form der Sinkgeschwindigkeit von Planktonten. Solche Versuche
wären ohne größere Schwierigkeiten z. B. an narkotisierten Tieren in Meßzylindern oder kalibrierten Glasröhren m it dem horizontal
gelegten Mikroskop anzustellen usw.
Überdies führt die Biologie des Planktons selbst zu solchen lokalen Verdichtungen und Verdünnungen.
Wenn sich eine Diatomee teilt, oder ein anderer Organismus gleichzeitig in zahlreichere
Tochterorganismen zerfällt, so entsteht sofort eine lokale Konzentrationserhöhung. Desgleichen finden
lokale Ansammlungen statt, wenn sich männliche und weibliche Individuen zu Kopulationszwecken
nähern. Ferner entstehen lokale Verdichtungen um Stellen größerer Nahrungskonzentration, z. B.
in der Umgebung eines flottierenden oder sinkenden verwesenden größeren Organismus. Sodann
können lokale Verdichtungen und Verdünnungen entstehen auf Grund der verschiedenartigsten
Tropismen: positiver und negativer Chemotropismus, Phototropismus auf leuchtende Organismen
hin usw. Schließlich müssen alle Unregelmäßigkeiten im Bewegungszustande des Mediums (Wirbel,
Stauungen, Stromkabbelungen, die Resultate von Strömungen, die nicht im gleichen Winkel verlaufen,
Brandung usw. usw.) lokale Verdichtungen und Verdünnungen hervorrufen.
Hiermit sind aber alle notwendigen Bedingungen für das Entstehen auch heterogener Planktonschwärme
auf Grund der oben angeführten mechanischen Prinzipien gegeben. Von besondern, das
Plankton in dieser Hinsicht charakterisierenden Einzelheiten seien noch folgende angeführt.
Vermutlich werden sich die meisten Planktonkomplexe, welche das Ausgangsmaterial der
Schwarmbildung darstellen, aus me h r als aus drei Bewegungstypen zusammensetzen. Auf Grund
obiger Diskussion über den Einfluß der Zahl von Bewegungstypen folgt hieraus, daß einmal gerade
beim Plankton die Gelegenheit gegeben ist zur Ausbildung besonders z a h l r e i c h e r homogener
wie heterogener Schichten und Bänke. Gleichzeitig sollte man beim Vorhandensein größerer und
speziell lang andauernder oder k o n s t a n t e r Strömungen wie z. B. in den Ozeanen g r ö ß e r e
od e r b r e i t e r e Schwärme antreffen als z. B. in kleineren Süßwasserseen mit nur geringeren
und vorübergehenden Strömungen. Denn im ersteren Falle sind gemäß obiger Diskussion nicht nur
die einzelnen Schwärme stärker auseinandergezogen, sondern auch dichter, da bei längerer Bewegungsdauer
viel mehr periodische Wechsel zwischen homogener und heterogener Schwarmbildung und
infolgedessen intensivere Konzentrierungen des Planktons stattfinden können. Desgleichen sollten
die Schwärme in ozeanischen Horizontalströmungen größer sein als z. B. bei den täglichen vertikalen
Konvektionsströmungen. Ferner sollten Schwarmbildungen besonders beim P o t amo p l a n k t o n
zur Beobachtung kommen, wennschon hier wegen des durchschnittlich viel geringeren absoluten
Gehalts an Plankton diesbezügliche Beobachtungen mit recht genauen Hilfsmitteln angestellt werden
müßten.1) Ganz a l l g e m e i n a b e r s o l l t e n S c hwa rmb i l d u n g e n s t ä r k e r
a u f t r e t e n in G e b i e t e n mi t d a u e r n d e n und i n t e n s i v e n S t r öm u n g e n
al s in s t r om l o s e n ode r wi n d s t i l l e n R e g i o n e n . Allerdings liegt hier die Möglichkeit
einer Täuschung insofern vor, als z. B. in angrenzenden stillen Gewässern eine Ab l a g e r u n g
im Strome gebildeter Schwärme im Sinne etwa von Textfigur VII stattfinden kann. Im allgemeinen
wird man aber schließen können, daß solche Schwärme in stillen Gewässern sich nicht dort g e b i l d e t
haben, sondern in bereits ausgebildetem Zustande nur angetrieben und fixiert worden sind. In der
Tat ist ja, um ein besonders berühmtes Beispielzu nennen, gerade für die stromlose Sargassosee
von der Planktonexpedition die „ a u ß e r o r d e n t l i c h g l e i c h m ä ß i g e “ Verteilung des
Planktons hervorgehoben worden (siehe A. S t e u e r, 1. c., S. 600).
Eine weitere Besonderheit der Planktonschwärme würde weiter darin bestehen, daß sie, s o-
‘ ) Man könnte z. B. daran denken, eine unten m it Müllergaze geschlossene Glasröhre horizontal in einen Fluß zu hängen.
Sind Störungen durch Organismen mit starker Eigenbewegung ausgeschlossen und ist der sog. Filtrationswiderstand n ich t zu
groß, so sollte man nach einiger Zeit g e s c h i c h t e t e Planktonablagerungen erhalten von der Art, wie sie etwa in Textfigur 4
dargestellt sind.