P ro d u k te n d e r I . G en e ra tio n re c h tfe rtig e n u n d wen ig sten s fü r e ine a n n ä h e rn d e B e s tim m u n g de s m o rphologischen C h a ra k te rs
d e r P h o ro c y te n ve rw e rten .
Die Figg. 13, 14, 15 auf Tafel XXXIII stellen Schnitte durch sehr junge Phorocyten dar. Die
Kerne weisen die „eigentümlichen röhrenförmigen Figuren“ auf, die Metschnikoff bereits 1881
beschrieb und auf Tafel XXVIII, Fig. 9 abbildete und welche ich im Vorjahr als kräftige, breite
Chromatinstränge angesprochen habe.
Daneben'findet sich in diesen Kernen eine einförmige, gekörnte chromatische Masse, die sich
mit Hämatoxylin oder Hämalaun dunkelblau, mit Heidenhain grauschwarz, mit Methylgrün, Jodgrün,
Malachitgrün in den entsprechenden Nuancen dieser Farblösungen tingiert.
Die röhrenförmigen chromatischen Figuren färben sich bei Anwendung eines Jodgrün-
S-Fuchsin-Gemisches schmutzig violett, mit einer Hämatoxylin (Ehrlich)-S-Fuchsin-Lösung (Pianese)
dagegen deutlich bläulich-rot.
Wiewohl auf färberische Analogien nicht viel zu geben ist, bin ich doch geneigt, in den fraglichen
Gebilden solche zu sehen, die den chromatischen oder nuclein-haltigenNucleolen (Nucléoles nucléiniens
im Sinn der Klassifikation Carnovs) ähnlich sind.
Ganz ähnliche Bilder bieten unter den Geschlechtsprodukten der Cunina proboscidea Metsch.
die Ovocyten erster Ordnung dar.
Auch hier finden wir im Kern neben einem chromatischen Nucleolus eine feinkörnige chromatische
Masse vor, welche nach den Angaben Stschelkanowzews ein Umwandlungsprodukt eines Teils
des in den Oogonien-Kernen enthaltenen Nukleins ist.
D a s ü b rig e Ch rom a tin d e s Oogonienkerns w ü rd e d an n im Nucleolus d e r O v o cy te k o n z e n trie rt e rscheinen. — U n te r
H e ran z ieh u n g ähnlich e r Beispiele au s dem Tier- u n d P flanz enre ich k am S tschelkanowzew zu d e r Ve rm u tu n g , d aß „ d i e s e A r t
d e r E r s c h e i n u n g d e s N u c l e o l u s a l l e n Z e l l e n d e r l e b e n d e n O r g a n i s m e n g e r n e i n s a m i s t “ .
Wenn der Vergleich unserer Phorocyten mit den Oocyten erster Ordnung bei Cunina proboscidea
(= Cunina parasitica I, erster Generation) berechtigt ist, worauf ja zahlreiche Umstände
hinweisen, so würden demnach die charakteristischen „röhrenförmigen Figuren“ Metschni-
koflts (bei den Phorocytenkemen) in ihrer Gesamtheit dem chromatischen Nucleolus der Oocyten
der ersten Generation entsprechen.
Da dieser das Material für die Chromosomen der Teilungsfigur liefert (Reifeteilungen), so liegt
es nahe, aus der eigentümlichen Erscheinungsweise der chromatischen Nucleoli1) in „röhrenförmigen
Figuren“ bei unseren Phorocytenkemen eine Beziehung zu irgend einer allgemeineren mitotischen
Erscheinung, die freilich unter dem Einfluß der beginnenden Entartung mehr und mehr verblaßt,
herauszulesen. — Künftige Untersuchungen werden diese Frage zu entscheiden haben.
Von der Voraussetzung ausgehend: Oo c y t e n -Nu c l e o l u s = Summe der
„ r ö h r e n f ö r m i g e n , c h r oma t i s c h e n F i g u r e n im P h o r o c y t e n k e r n “ können
wir füglich erwarten, daß das Studium der Reifungserscheinungen der Ovocyten erster Ordnung bei
Cunina parasitica I, erste Generation uns dem Verständnis der ersten und fundamentalsten Entartungsvorgänge
unserer Phorocyten (= Eizellen bei Cunina parasitica I, zweite Generation, die
in der Entwicklungshöhe den Ovocyten erster Ordnung der ersten (mütterlichen) Generation nahestehen)
ein gutes Stück näher bringen wird.
Es sei mir daher gestattet, im folgenden die sehr plausible Darstellung der Eireifung bei Cunina
proboscidea (erste Generation), welche wir Stschelkanowzew verdanken, wenigstens in ihren Hauptzügen
wiederzugeben:
*) Als S y n o n ym a k önnen g e lte n : Amphi nucleoli, Ilau p tn u c le o li, P la s tin n u c le i, Ka ryosomen.
Das feinkörnige Chromatin des Ovocytenkerns (cf. h. h S. 394) nimmt keinen direkten Anteil
an der Bildung neuer Chromosomen, sondern liefert vielleicht nur indirekt Material dazu — mit
anderen Worten: „Das ganze Chromatin des Ovocytenkerns ist im Ha u p t n u c l e o l u s (Plastin-
nucleus von R. Hertwig) enthalten.“ Dieser zerfällt zunächst in zwei etwas kleinere Nucleoli (erster
Generation) und diese wiederum in eine große Anzahl noch kleinerer sekundärer Nucleoli (zweiter
Generation). Währenddessen hat sich der übrige, ursprünglich gleichförmige feinkörnige Inhalt des
Kerns in eine gröbere flockige Masse verwandelt (cf. Stschelkanowzew, 1. c. 1906. Tafel XXIX,
Fig. 17). Gleichzeitig verschwindet ein Teil der sekundären Nucleolen aus dem Kern und tritt (nach
Ansicht Metschnikoffs und Stschelkanowzews: in gelöster Form!) in das umgebende Zellplasma über.
Hier treten nun eigentümliche Nucleoli auf, die sich wahrscheinlich aus dem Material der
gelösten sekundären Nucleoli aufbauen. Diese Gebilde verhalten sich färberisch und auch optisch
ganz anders wie die im Kern zurückgebliebenen Reste des Hauptnucleolus und der sekundären
Nucleoli.
Bei weiterer Vermehrung der letzteren kommt es durch Aneinanderreihen der Nucleoli zur
Bildung des Chromatinfadens.
Bald darauf erscheinen auch die Chromosomen (30 im Maximum beobachtet), die sich paarweise
gruppieren und die Gestalt von Halbringen und S-förmigen Streifen annehmen. Durch Verschmelzung
dieser Chromosomen kommt es zur Ringbildung; dann weiterhin unter Größenabnahme
und ungleichmäßiger Verdickung an 4 Stellen zur Bildung der sogen. „Vierergruppen“.
Hierauf erfolgt die Bildung von Richtungskörperchen und damit ist die Eizelle befruchtungsfähig
geworden.
So weit kommt es allerdings bei unseren Phorocyten nie. Immerhin zeigt aber — wie schon
gesagt — das Studium der Veränderungen der „röhrenförmigen Kernfiguren“ noch deutliche Anklänge
an das geschilderte ursprünglichere Verhalten.
Zunächst zerfallen die genannten „Chromatinstränge“ in kleinere Nucleoli (vergl. Tafel XXXIII,
Fig. 15), die sich zum Teil rege weiterteilen und zu langen Chromatinfäden zusammentreten, zum
ändern Teil durch Imbibition mit Kernsaft oder durch Resorption von anderweitigem Kernmaterial
sich vergrößern und schließlich aus dem Kern in das umgebende Phorocytenplasma (cf. Tafel XXXIII,
Fig. 17 und 1. c. 1911, Tafel VIII, Fig. 27) hinaustreten — und zwar nicht in gelöster Form, sondern
in toto.
Hier kann man sie recht häufig beobachten, meist von einem hellen Hof umsäumt oder in
Vakuolen eingeschlossen. Diese sekundären Nucleolen — wie wir sie vorläufig nennen wollen — sind
im Leben schwach lichtbrechend und daher vielleicht mit den von älteren Autoren beobachteten
fettglänzenden Kügelchen, „die oft in Menge den Phorocytenkern umgeben“* identisch.
Höchstwahrscheinlich sind es diese chromatischen (basophilen) Nucleolen, die Larvenkernen
nicht unähnlich sind, welche Tichomiroff (1887) veranlaßten, die Phorocyte als ein Plasmodium1)
anzusehen, welches sich am Aufbau der Larve beteilige.
Über die Unzulässigkeit dieses Standpunktes habe ich mich schon im Vorjahre ausgesprochen
(1. c. S. 229 und S. 242): „nie beteiligt sich die Phorocyte am Aufbau des Larvengewebes, indem sie
l) Morphologisch is t d a s „P h o ro cy ten p la sm o d ium n u r ein T e il de s Eie s, d e r a u i d e r S tu fe d e r Morula s teh en geblieben ist,
w ährend d e r an d e re T e il desselben Eie s sich vie l schne lle r en tw ick e lt u n d die b e tre ffenden Em bry o n a lsch ich ten fo rm ie rt h a t . “
— „D e r U n te rsch ied b e s te h t also in einer unrege lmäßigen E n tw ick lu n g d e r L a rv e ; n u r a n einem P o l b ild en s ich Cuninaknospen,
a n dem ande ren e rfo lg t noch eine wah re Segm en ta tio n des D o tte rs . — S p ä te r müssen noch 1— 2 Ke rne de s P la sm o d ium s wachsen
u n d d am it is t die g an z e E n tw ick lu n g b e e n d e t.“