pelagische Varietäten Augen besitzen, in denen der Linsensaum mehr hervortritt. Dadurch erscheint
das Auge vielfach kleiner * ein wirklicher starker Größenunterschied wird jedoch selten zu finden sein.
Zu Irrtümern in dieser Hinsicht mag vielfach noch die verschiedene Größe des Kopfes führen. Die
Uferformen sind durch niedrige Köpfe charakterisiert, die pelagischen durch hohe, das Auge der
letzteren wird infolgedessen leicht kleiner erscheinen als das der ersteren. Solch extreme Unterschiede,
daß sie zur Aufstellung von Varietäten Anlaß bieten könnten, werden jedoch kaum zu finden sein.
Keilhack hat dies getan bei seiner D. rectispina Kroyer und D. caudata Sars. Ich glaube nicht, daß
sich dies aufrecht erhalten läßt, und daß man vor allem nach den von ihm angeführten Charakteren
und den Zeichnungen die beiden Varietäten unzweideutig bestimmen kann. Ich bin geneigt, der
Größe der Augen nur eine untergeordnete Rolle zuzuschreiben. Sie kann uns nur zeigen, wie weit
das Tier an die Lebensweise im freien Wasser angepaßt ist.
Was für das paarige Auge gesagt ist, gilt ebenso für den Pigmentfleck. Auch er ist Schwankungen
in der Größe unterworfen, diese sind aber bedeutend größer. Dem einen Extrem einen
besonderen Namen zu geben ist durchaus angebracht. Dieses Endglied der Reihe ist eben die Daphnia
cucvllata.
Uber die Abhängigkeit der Farbe der Schale und damit der Durchsichtigkeit des Tieres
von dem Milieu braucht man kein Wort zu verlieren. Es ist eine alte Beobachtung, daß die Planktonten
mit dem Einwandern in die pelagische Region den rotbraunen Ton verlieren und möglichste
Durchsichtigkeit anstreben.
Die vielfach angeführte Bezahnung der Schalenränder und des Abdomens ist ebenfalls
nur ein Zeichen dafür, wie weit sich die Population vom Litoral emanzipiert hat. Wir finden
vollkommene Reihen von ptdex und magna und longispina und longispina-galeata zu cucvllata, in
denen schrittweise die Zahl der Abdominalkrallen abnimmt. Bei pidex finden wir 20 und mehr,
longispina hat 10—17, während cucvllata nur um 10 auf weist. Innerhalb dieser Gruppen variiert
die Zahl sehr, ca. um ein Drittel. Untersucht man die Tiere eines Fanges, so wird man meistens
die oberste und unterste Grenze der für die ganze Gruppe charakteristischen Anzahl finden. Die
jungen Tiere sind außerdem immer weniger stark bedornt als die alten; erst mit dem Alter erreichen
die Stacheln ihre völlige Ausbildung, und dies mag besonders betont werden, es ist eine Verschiedenheit
nach der Saison zu bemerken. Die großen Frühjahrsgenerationen zeigen stets stärkere
Bedornung als die kleineren von den ersten abstammenden Sommertiere. Die Zahl der Abdominalkrallen
und die Ausbildung der Stacheln an den Schalenrändem kann demnach auch nicht zum
Unterscheiden von Varietäten herangezogen werden, und ist deshalb für den Systematiker unwichtig.
Anders steht es mit der Form des Rostrums. Die auf Seite 353 in den Figuren 8a—i
gezeichneten Daphnidenköpfe bieten uns einen Überblick über die vorkommenden Gestalten des
Rostrums. Die Fühlbarsten der ersten Antennen erhalten dadurch eine sehr verschiedene Lage. Bei
den zugespitzten Schnäbeln der Figuren 8 a—e liegen sie etwas von der Spitze entfernt, die Enden
der Borsten überragen das Rostrum nicht. Je mehr der Schnabel abgestutzt ist, desto weiter nach
dem Rostrumende liegen die Borsten, bis schließlich, wie in Fig. 8 i, die Borsten direkt im Ende des
Rostrums ausmünden und es vollkommen frei und unbedeckt überragen. Es ist nun die Tendenz
vorhanden, bei dem Leben im Limnetikum das Rostrum zu verkürzen. Nur zwei Formen zeigen
davon eine Abweichung: D. hyalina und cristaia. Diese beiden behalten ein eigenartiges spitzes
Rostrum bei, auch in großen Seen. Im allgemeinen bleibt jedoch die Regel bestehen, daß die
pelagischen Rassen das spitze Rostrum entbehren.
In Populationen, die während des Jahres eine Zyklomorphose durchlaufen, stellen die Tiere
des Hochsommers die an das pelagische Leben am besten angepaßten Formen dar, während die Frühjahrstiere
stets größere Anklänge an die ursprünglicheren in der Nähe des Ufers lebenden Verwandten
zeigen. Es darf uns daher eine Veränderlichkeit des Rostrums nach der Jahreszeit nicht wundern.
Die Verschiedenheit ist unter Umständen sogar eine auffällig starke. • Die Frühjahrsform hat dann
einen Schnabel, wie er in Fig. 8e abgebildet ist, während der der letzten Sommertiere beinahe rund
ist (Fig. 8f).
Den jungen $$ fehlt das Rostrum meistens; sie sehen dadurch den <&$, denen es auch im
erwachsenen Zustande fehlt, sehr ähnlich. Vielfach wird es dann nur durch ein kleines Zähnchen
angedeutet. Erst mit dem Eintritt der Geschlechtsreife erhält der Schnabel seine für die betreffende
Rasse typische Form und ist auch dann noch der Altersvariation unterworfen, die eine weitere
Zuspitzung anstrebt.
Sars hat eine Spezies D. cavifrons aufgestellt, die sich durch eine tief eingebuchtete Stirn auszeichnet,
während die D. pdlucida P. E. Müllers gerade ein konvexes Profil aufweist. In diesen
Grenzen bewegt sich die Form der St irnlinie bei allen ändern zu longispina gehörigen Daphnien, bald
ist sie gerade wie bei hyalina, oder sie zeigt eine seichte Konkavität wie bei der var; pvlchella Sars,
bald ist der Einschnitt tiefer wie an den zu D. pvlex neigenden Tümpeldaphnien. Im ganzen ist auch
hier wieder eine gewisse Regelmäßigkeit zu sehen; je weiter die Rasse sich von der D. pulex in der
Entwicklungsreihe entfernt, desto gerader wird das Profil. Daphnia cucvllata zeigt diese Eigenschaft
am vollkommensten; ich habe nie ein Tier beobachten können, das unter normalen Bedingungen
eine deutlich konkave Stirnlinie hatte. Im gleichen Sinne arbeitet die Saisonvariation. Die ersten
Generationen im Jahre und in noch stärkerem Maße vielfach die letzten besitzen größere Einbuchtungen
als die Sommertiere. Der Saisonvariation entgegen wirkt die Altersvariation, die gerade
auf eine Vertiefung der Stirnlinie hinzielt.
Die variatio cavifrons läßt sich in Kulturen leicht erzielen. Die von mir langezeit gehaltenen
Daphnien reagierten nämlich ungemein schnell auf schlechte Fütterung mit einer Einbuchtung der
Stirn, einem „Hungerknick“, selbst cucvllata zeigte die gleiche Reaktion, die so charakteristisch ist,
daß man nach ihr den Ernährungszustand der Kultur beurteilen kann. Unter diesem Gesichtspunkte
erhalten auch die Variationen des Herbstes, die durch den gleichen Knick charakterisiert sind,
besondere Bedeutung. Ihr Aussehen mag ungenügende Nahrungsaufnahme zum Anlaß haben. Ob
nun dieses wieder auf wirklichem Nahrungsmangel beruht oder auf inneren physiologischen Gründen,
einer gewissen Depression, mag dahingestellt bleiben. Eine weitere Parallele könnte vielleicht auch
in der Altersvariation gesehen werden. Die Tiere, die sich im Optimum der parthenogenetischen
Fortflanzung befinden, haben immer ein mehr gerades Profil als die alten $$, die kaum noch Eier
zu produzieren imstande sind. Die als variatio cavifrons beschriebenen Daphniden sind meiner Ansicht
nach in der Mehrzahl der Fälle solche alte $$ aus dem Spätherbst.
Wirklich erstaunlich groß ist die Variabilität der Daphnien in bezug auf die Größe des ganzen
Tieres. Ein-Blick auf die Tafeln zeigt uns, da alle Exemplare in gleicher Vergrößerung gezeichnet
sind, die größten Differenzen! Die pelagischen Formen sind um über die Hälfte kleiner als ihre Verwandten
aus den Lachen und Sümpfen! Selbst innerhalb des Jahres sind die Daphnienkolonien nicht
gleich groß. Die aus den Ephippien kommenden $$ sind stets größer als deren parthenogenetische
Nachkommen. ^ Aus allen den von mir gezeichneten Reihen geht dies deutlich hervor.
Das Hauptgewicht muß natürlich auf die Gestal t des Kopfes und auf den ganzen Habi tus