Bemerkungen. Dichogaster ufipana steht der D. Damonis Bedd. (1. c. p. 251, t. 23 f. 6—9,
t. 24 f. 15—21) anscheinend sehr nahe; unterscheidet sich jedoch von derselben durch die geringere
Größe, die Borsten-Anordnung, die Lage der Geschlechtsporen und die Gestalt des Samentaschen-
Divertikels. Auffallend ist die für Dichogaster abnorme Zahl und Lage der Prostaten. Bei keinem
der 5 zur Untersuchung gelangten Stücke von D. ufipana und D. Damonis entspricht die Zahl der
Prostaten der der Samentaschen. Eine derartige Inkongruenz ist in der Gattung Dichogaster allerdings
mehrfach nachgewiesen worden; bei keiner Art dieser Gattung geht aber die Inkongruenz so
weit, daß die Zahl der Prostaten über das normale Maximum (2 Paar) vermehrt erschiene. Ich habe
schon in einer meiner ältesten Arbeiten über die allgemeinen systematischen und phyletischen Verhältnisse
der höheren Oligochäten1) darauf hingewiesen, daß eine Vermehrung gewisser in Korrelation
mit anderen Organen stehender Organe als eine direkte Folge der Inkongruenz, hervorgerufen durch
Reduktion in der Zahl des Partners, anzusehen sei, als eine direkte Folge der Korrelations-Störung.
Dichogaster ufipana ist in dieser Beziehung ein sehr lehrreiches Objekt. Es zeigt deutlich, daß
zunächst das Schwanken in der Anordnung der bei einzelnen Individuen über das ursprüngliche Normale
hinaus vermehrten Organe eine direkte Folge der Korrelationsstörung ist. D. ufipana ist nach dem
sogenannten Microscolecinen-Typus aus dem acanthodrilinen Typus reduziert, d. h. von den beiden
Samentaschen-Paaren, die bei der acanthodrilinen Urform auf Intersegmentalfurche 7/8 und 8/9
ausmünden, ist das hintere erhalten geblieben, das vordere geschwunden. Zu diesem hinteren Samen-
taschen-Paar steht das vordere Prostaten-Paar der bei der acanthodrilinen Urform am 17. und
19. Segment ausmündenden Prostaten in Korrelation. (Da sich die Tiere bei der Begattung in entgegengesetzter
Richtung aneinander legen, so decken die vorderen Prostata-Poren die hinteren Samen-
taschen-öffnungen und umgekehrt.) Bei den verschiedenen Anordnungen der Prostata-Poren der
drei vorliegenden Stücke von D. ufipana ist nur ein Paar Prostata-Poren konstant, nämlich das
des 17. Segments, also das in Korrelation zu dem nach der Reduktion übrig gebliebenen hinteren
Samentaschen-Paar stehende. Die Prostaten, die bei dem Schwund der ihnen zugeordneten (vorderen)
Samentaschen ihren Korrelationspartner vermißten, haben damit gewissermaßen auch die Orientierung
verloren. Sie bilden sich einmal in diesem, das andere Mal in einem anderen Segmente, ob sie
ursprünglich auf dieses Segment angewiesen waren oder nicht; manchmal versuchen sie es sogar in
diesem u n d jenem Segment, und dann haben wir die Vermehrung der ursprünglich normalen Zahl.
Eine solche usprünglich abnorme und wie bei D. ufipana schwankende Inkongruenz in der Zahl der
Korrelationspartner kann zu einem festen Art-Charakter werden, wie wir es bei vielen Pheretima-
und Megascolex-Arten sehen. Zur Feststellung, ob man es in solchem Falle mit einer für die Art
charakteristisch gewordenen Bildung zu tun habe, bedarf es natürlich der Untersuchung einer größeren
Zahl von Individuen. Da der Beddard’sehen Beschreibung von D. Damonis nur 2 Stücke zugrunde
lagen, so muß es als zweifelhaft bezeichnet werden, ob deren Prostata-Bildung, wenngleich bei beiden
Stücken die gleiche, charakteristisch für die Art ist. Jedenfalls zeigt D. ufipana durch sein Schwanken
in dieser Bildung, daß wir es hier nicht mit einem so tiefgründigen Charakter zu tun haben, der eine
Sonderstellung dieser Formen verlangte, und daß ich auf dem richtigen Wege war, als ich rein mikro-
scolecine Formen, nämlich Dichogaster mimus, generisch mit einer Form vereinte, die mit 3 Paar
Prostaten ausgestattet ist.2)
Dichogaster ufipana und D. Damonis bilden zusammen mit den unten beschriebenen D. taborana
') W. Michaelsen, W eiterer B eitrag zur Systematik der Regenwürmer. In: Verh. nat. Ver. Hamburg 1896, p . 11, Fußnote 1.
*) W. Michaelsen, Terricolen der Berliner Zoologischen Sammlung. I. Afrika. In: Arch. Naturg. LVII1, p. 8.
n. sp. von Tabora und D. nyassanä n. sp., vom Nord-Ende des Nyassa-Sees, sowie auch mit D. Frickei
Mich.x) von Britisch Nyassa-Land eine enge Verwandtschaftsgruppe, deren Arten sich, abgesehen von
den noch nicht sicher abzuschätzenden Verhältnissen der Prostaten, hauptsächlich durch die Lage
der Geschlechtsporen, Borsten-Anordnung, Dimensionen, Prostaten- und Samentaschen-Form unterscheiden.
Während aber vier dieser Arten in einem engen Gebiet I n n e r a f r i k a s endemisch
sind, soll D. Damonis von den F i d s c h i - I n s e l n stammen. Ich habe schon früher 2) auseinandergesetzt,
daß die Südsee-Inseln nicht zum Gebiet der Gattung Dichogaster gerechnet werden können,
und daß es sich, selbst wenn eine gewisse Art bisher nur auf einer Südsee-Insel, nicht aber im eigentlichen
Dichogaster- Gebiet gefunden sei, doch um Verschleppungsvorkommnisse handle. Was D.
Damonis anbetrifft, deren Heimat zweifellos im ö s t l i c h e n A f r i k a zu suchen ist, so brauchen
wir hier gar nicht einmal an Verschleppung nach den Fidschi-Inseln zu denken. Die Fundortsnotiz
für diese Art ist durch einen Händler übermittelt, und wurde von diesem auf Angaben von Angestellten
des Museum Godeffroy zurückgeführt, genügend Grund, um die Richtigkeit der Angabe zu bezweifeln.
Es handelt sich hier sicher um eine falsche Fundortsangabe.
Dichogaster taborana n. sp.
Tafel XIX, Fig. 15, 16.
Fundnotiz. D e u t s c h - O s t a f r i k a , Ta bor a ; Leutnant Wintgens leg. 20. IX. 1909.
Vorliegend ein stark erweichtes geschlechtsreifes Stück und ein halbreifes.
Äusseres. D ime n s i o n e n des geschlechtsreif en Stückes: Länge 60 mm, Dicke 3—314 mm,
Segmentzahl 123.
F ä r b u n g bräunlich gelb bis gelbgrau.
Ko pf tanylobisch; dorsaler Kopflappenfortsatz hinten spitzwinklig an
Intersegmentalfurche 1/2 stoßend.
B o r s t e n eng gepaart, ganz an der Ventralseite. Ventralmediane Borstendistanz
am Vorderkörper ungefähr gleich den mittleren lateralen (vorn aa = ca. bc).
Dorsalmediane Borstendistanz ungefähr drei Viertel des ganzen Körperumfanges
einnehmend (dd = % u).
E r s t e r R ü c k e n p o r u s auf Intersegmentalfurche 4/5.
G ü r t e l infolge starker Erweichung unkenntlich geworden.
Männl iches G e s c h l e c h t s f e l d , ventralmediane Partie des 17. Segments,
bei dem geschlechtsreif en Stück eingesenkt, bei dem halbreifen Stück eben.
P r o s t a t a - P o r e n ein Paar, auf winzigen Papillen am 17. Segment in den
Borstenlinien o, bei dem geschlechtsreifen Stück an den medialen Abhängen der
Einsenkung des männlichen Geschlechtsfeldes. Lateral von den winzigen Papillen
der Prostata-Poren liegt, besonders deutlich am halbreifen Stück erkennbar, je eine
quer-ovale Papille, die leicht für die Prostata-Papille gehalten werden könnte.
Fig. 3 .
Dichogaster tabo
S ame n t a s c h e n - P o r e n 1 Paar, auf Intersegmentalfurche 8/9 in den Borstenlinien ab.
Innere Organisation. Di s s e p ime n t 8/9—14/15 verdickt, die extremen nur schwach,
die mittleren stärker.
') W. Michaelsen, Die Oligochäten des inneren Ostafrikas und ihre geographischen Beziehungen. In: Wiss. Ergehn,
deutsch. Zentral-Afrika-Exp. 1907— 1908 III, Zool. I, p. 35, t. 1, f. 13, 14.
*) W. Michaelsen, D ie geographische Verbreitung der Oligochäten, Berlin 1903,' p . 114.
Zoologien. Hott 67t . . 20