Knospung; und der etwas kompliziertere M l bei der Margelidenknospung läßt sieb zwanglos erklären,
wenn man die Hilfsannabme macht, daß bei den Margeliden diese Sonderung der zunächst indifferenten
Zellen in ektodermale und entodermale erst im Verlauf der Knospung stattfindet. Dieser Vorgang
würde im Prinzip dem bei der sekundären Delamination statthabenden
Vorgänge unserer Cunina proboscidea-Larven (zweite
Generation) gleich sein.
Wie man sieht, nimmt der neue Fall ektodermaler Knospung
bei Cunina proboscidea zweiter Generation eine vermittelnde
Stellung zwischen den beiden anderen Fällen ein.
Hier wandern keine interstitiellen Zellen ins Entoderm
ein; dagegen differenzieren sich an der Stelle, wo man gewohnterweise
die Ausstülpung erwarten könnte, einige der interstitiellen
Zellen, besonders ihre Kerne, in auffälliger Weise. Sie werden
kleiner und dunkler, weisen die Kernteilungsfiguren, die für
ihre Mutterzellen charakteristisch sind, nicht mehr auf, kurz
der Unterschied zwischen ihnen und den interstitiellen
Zellen ist nicht geringer als der zwischen den letzteren und
Textfigur 8. Kopie von Metschnikoffs Abbildung einer
iuiißcn allsweäitSi gi be.w iIm oponer tenn1.F L«1a rv"VeT dT erH CSu. n.1p rfoboscidea.
Ä Ä Ä S ä den Entodermzellen.
an dessen Bildung beide Keimblätter teilnehmen. ^ ^ ^ g p r ü n g l i c ] l ? d a ß S o n d e r u n g d e r
zunächst indifferenten interstitiellen Zellen in der angedeuteten Weise mit der Weiterentwicklung
der Larve weitere Fortschritte machen würde und schließlich das bekannte Bild entstehen würde,
welches uns durch Untersuchungen Metschmkoffs vertraut ist (cf. Textfig. 8).
Dies erfolgt j edocfi^nicht und ich sehe mich zu der Annahme
gezwungen, daß sich Metschnikoff (was bei seiner
Untersuchungsweise immerhin nicht als ausgeschlossen gelten
kann) durch den augenfälligen Unterschied der beiden Ektodermzonen
hat täuschen lassen, und geglaubt hat, daß sich,
beide Keimblätter an der Bildung des aboralen Stolo
beteiligen.
Ich habe im Vorangegangenen von der aboralen ekto-
dermalen Wucherung, wie üblich, als von einem Stolo prolifer
gesprochen. Dies bedarf einer Rechtfertigung. Tatsächlich
ist an diesem „Stolo“ weder von Metschnikoff noch von mir
jemals eine Proliferation beobachtet worden. Hingegen gelang
Metschnikoff bei der verwandten Generation der Cunina
Junge proliferiorondc Larve |
rhododactyla Hftek.
¡ c h n i k o f f Studien üb. d.
1 Siphonophoron 1874.) cf. Tale
;olo proliier; 1<i, k« = Tochterkn
rhododactyla (vgl. Textfig. 9) ein entsprechendes Gebilde
aufzufinden, an welchem er die Anlage von zwei Tochter-
knospen verfolgen konnte. Da ich eine prolilcricrencle Meduse entdeckte, deren Stolo ebenfalls aboral
sich anlegt und dabei 43 Knospen trägt, zweifle ich nicht daran, daß das von Metschnikoff beschriebene
abgekürzte Verfahren bei den Knospenähren der Cunina rhododactyla darauf zurückzuführen
ist, daß in diesem Kalle die Proliferation unter anormalen Bedingungen, riamlich im
Zuchtglas erfolgte, während ich die reicher proliferierenden Medusen von einer freischwimmenden
Geryonia ablöste.
Ich glaube, daß die stolonenähnliche Ektoderm Wucherung bei den Larven der Cunina proboscidea
durchaus mit dem echten Stolo prolifer bei Cunina rhododactyla zweiter Generation verglichen
werden darf.
Es entsteht die Frage: Warum wird bei der zweiten Generation der Cunina proboscidea der
aborale Stolo angelegt, wenn trotzdem keine Proliferation einsetzt? Ein Vergleich der zweiten Generation
von Cunina proboscidea mit der entsprechenden Generation von Cunina rhododactyla gibt
uns die Antwort auf diese Frage; die frühzeitige Geschlechtsreife bei Cunina proboscidea zweite
Generation, die zweifellos kein ursprüngliches Merkmal repräsentiert, sondern vielmehr aus irgend
einem Grunde sekundär erworben worden ist, macht die aborale Proliferation unnötig. Gleichzeitig
hat die frühe Geschlechtsreife eine ganze Reihe Erscheinungen im Gefolge, die den Habitus dieser
Generation bekanntlich so enorm verändern.1)
Wenn nun heutzutage die Proliferation an dem aboralen Stolo der Cunina proboscidea-
Larven ausbleibt, so kann man kaum daran zweifeln, daß sie früher einmal stattfand und daß die
Ontogenese in dieser Beziehung keine ursprünglichen Verhältnisse repräsentiert. Von diesem Standpunkte
aus erscheint die besprochene Ektoderm-Wucherung als der heute nicht mehr proliferierende
Rest oder „Stumpf“ eines ehemals wohlentwickelten Stolo prolifer.
Ich hatte nun das Glück, eine ganze Reihe Larvenstadien zu finden, die mir das Studium
der Veränderungen des Stolostumpfes erlaubten und es rechtfertigen, wenn ich über die Entwicklung
und die morphologische Bedeutung der sogenannten „Rückenscheibe“ (Metschnikoff) eine neue
Auffassung vortragen' möchte.
Ich vermag den Angaben Metschnikoffs und Stschelkanowzews, nach deren Befunden sich
die Rückenscheibe (d. i. der Schirm der rückgebildeten Medusen der 2. Generation der C. proboscidea)
durch eine quere Abschnürung des oberen Larvenabschnittes anlegt, nicht zuzustimmen. Höchstwahrscheinlich
haben beide Autoren in den Teilungserscheinungen der Larve, besonders in Bildern
wie Fig. 1, Tafel XXXI den Beginn der „Abschnürung der Rückenscheibe“ gesehen.
Schon die Tatsache, daß das larvale Ektoderm vor der Anlage der Rückenscheibe mehrschichtig
ist, hätte die beiden Forscher belehren müssen, daß der angegebene Modus der Bildung der Rückenscheibe
unzutreffend und nicht einmal wahrscheinlich ist. Dagegen hat Metschnikoff, der Altmeister
embryologischer Forschung, eines sehr richtig erkannt, d. i. das Abfallen einzelner Knospen von
der Rückenfläche der jüngeren Larven. Es ist mir ganz unzweifelhaft, daß diese Knospen den bereits
erwähnten larvalen Tentakeln (Textfigur 7) entsprechen.
Sie finden sich — wie schon gesagt — nur bei „proliferierenden“ Larven mit z w e i schichtigem
Ektoderm, die außerdem durch einen sehr langen „Stolo“ ausgezeichnet sind. Bei Larven mit vielschichtigem
Ektoderm sind die larvalen Tentakel verschwunden, der Stolo ist im Vergleich zu der
Larve im Wachstum zurückgeblieben und ist von kurzer gedrungener Gestalt. Es zeigt sich nun,
daß sich nur im Umkreis des „Stolo“ die interstitiellen Zellen sehr rege vermehren, um schließlich
die Genitalanlagen zu formieren. Gleichzeitig wird hierdurch das den Stolo tragende Aboralfeld
l ) Die zweite Generation von Cunina proboscidea is t infolge der frühzeitigen Geschlechtsreife und der damit zusammenhängenden
Begleiterscheinungen unfähig, sich zu Individuen der ersten Generation weiterzuentwickeln, während es wohl
denkbar ist, daß dies m it der zweiten Generation von Cunina rhododactyla geschieht, wie dies des näheren Metschnikoff selbst
begründet hat.
Zwar is t auch in neuerer Zeit der Versuch gemacht worden, die Weiterentwicklung der zweiten Generation v on Cunina
proboscidea zur ersten Generation wahrscheinlich zu machen (cf. Bigelow, 1. c. 190.9, p. 48).
Bigelow h a t jedoch übersehen, daß jeder solche Versuch schon an der Tatsache scheitern muß, daß die Gehörkölbchen
der zweiten Generation soviel höher entwickelt sind, als die der ersten Generation.