Diese l a b i l e n C l a d o c e r e n bilden eine Gruppe. für sich, die wohl den größeren
Teil der heutigen Wasserflöhe umfaßt; bisher ist allerdings nur für die vielseitigen Genera Daphnia
und Bosmina die Variabilität einigermaßen erforscht; sie geht hier so weit, daß einzelne „Schweb-
fortsätze“ (Spina, Helm) sowohl vollständig fehlen als auch sehr weitgehend entwickelt sein können
(vergl. Fig. 2 und 3). Doch scheinen sämtliche Angehörige meiner II. und III. Reihe eine mehr oder
minder große Labilität zu zeigen; für Scapholeheris ist das neuerdings durch Gr ü b e r (1911) näher
untersucht worden.
Fig. 5. V e r l ä n g e r u n g d e r m o r p h o l o g i s c h e n L ä n g s a c h s e .
a. Kopf und Körpersegmente verlängert: Leptodora.
b. Abdomen verlängert: Bythotrsph.es.
c. Kopf (Helm) und medianer Schalenstachel verlängert: D aph n ia cuculiata („Hyalodxphnia'*).
d. Seitliche Schalenstacheln (Mummen) verlängert: Bosmina c. reflexa (nach R ü h e ) .
Ihnen gegenüber stehen die n i c h t v a r i a b l e n Cl a doc e r e n, die zwar zum Teil
nicht weniger extrem umgestaltete Körper haben, deren Besonderheiten aber so fixiert sind, daß keine
temporale und nur relativ geringe lokale Verschiedenheiten bekannt geworden sind. An besonders
charakteristischen Formen gehören einmal die Sididen und Leptodora (I. Reihe) hierher und ferner die
Onychopoden (IV. Reihe) : Polyphemus, Bythotrephes nebst seinen noch absonderlicheren Verwandten
Cercopagis usw., sowie Podon und Evadne.1)
Auf die U r s a c h e n dieser Labilität bezw. Illabilität kommen wir später zurück.
Nun zu der Art und Weise, wie der Formwiderstand von den verschiedenen Cladoceren-Typen
erhöht wird. Es kann naturgemäß von diesem sehr verwickelten Kapitel hier nur eine orientierende
Skizze Platz finden.
*) Ob auch bei Evadne Maximovitschi und hircus (Fig. 4 c— f), sowie Cercopagis (Fig. 4 i) eine Variabilität der
langen und komplizierten Fortsätze wirklich fehlt, ist noch unbekannt. Eine nähere Untersuchung dieser absonderlichen
Formen gehört zu den lockendsten Aufgaben der Planktologie.
3a. Zunächst die Erhöhung des Reibungswiderstandes durch Vergrößerung der
re la tiv en O berfläche. Ein solcher Effekt kann einfach durch Volumverminderung erreicht werden,
und bei den kleinsten
schwebenden Organismen,
den Einzelligen
(Bakterien, Flagellaten
usw.) spielt
die im Verhältnis zum
Volum sehr große
Reibungsfläche eine*
wichtige Rolle. Man
sagt nun gewöhnlich,
daß auch von Krebsen,
speziell Cladoceren,
diese einfache
Methode benützt
werde: das Kleinerwerden
der Körper
im Sommerwasser
(das von geringerer
Tragkraft und Viskosität
ist) beruhe darauf.
In Wirklichkeit
hat dieses
Kleinersein im Sommer
verschiedene
Gründe, deren wichtigster
Fig. 6. V e r l ä n g e r u n g e n s e n k r e c h t z u r m o r p h o l o g i s c h e n L ä n g s a c h s e .
a. Rücken verlängert: Evadne.
b. Rücken, Mucronen (ventralwärts) und Vorderantennen verlängert: Bosmina longi
die Kurzlebigkeit
rostris (nach L i l l j e b o r g ) .
der Sommertiere
c. Rückenschale und Abdomen verlängert, auch letzteres senkrecht zur Längsachs
gestellt: Cercopagis (nach S a r s ) .
ist.
Experimentell wird in wärmerem Wasser nicht eine Verkleinerung sondern eine Vergrößerung
des Durchschnitts erzielt, naturgemäß nur dann, wenn die Ernährung dem gesteigerten Stoffumsatz
entspricht (bei Daphnia: Woltereck 09). Wenn wir ferner berücksichtigen, daß grade die
kleinsten im Plankton lebenden Cladoceren, junge Bosminen und Chydorus, sehr schnell sinken, sobald
man ihre Bewegung durch Betäubung oder Abtöten sistiert Chydorus fällt mit eingezogenen
Rudern „wie ein Stein“ herab, sobald das Gefäß erschüttert wird, auch Bosmina tut noch gelegentlich
dasselbe- — so verstärkt sich der Eindruck, daß diese Methode zwar in der Theorie sehr
schön ist, aber in der Praxis für unsere Tiere ke i n e Bedeutung hat.
Ferner kann der Reibungswiderstand durch Ausbildung von dünnen Chitinfortsätzen, die
also bei kleinem Volum eine große Oberfläche haben, erhöht werden. Auf diese Weise könnte die
• Ausstattung der Schale mit zahlreichen Dornen und Stacheln zu erklären sein, wie wir siez. B. am
Schalenrand einiger Cladoceren finden (Latona, Iliocryptus). Das wären dann ähnliche Verhältnisse,
wie sie auch in der allseitigen Bestachelung und Pseudopodienentwicklung von Radiolarien usw.,