Die Schläuche erweisen sich hei näherer Prüfung als ahgeflacht, handförmig. Sie stehen so,
daß sie einander die flachen Seiten zükehren. Bei Schnitten ergibt sich, daß sie an den Kanten von
zwei T.Sr'r.cV^a.len durchzogen sind, während ihr eigentlicher Körper aus einem großkernigen Gewebe
ohne scharfe Zellgrenzen besteht (Mg. 12, 13). An der Spitze kommunizieren die beiden Kanäle.
Die kleineren Schläuche sind der ganzen Länge nach gleichmäßig gebaut, nur daß nach der Spitze zu
die Gewehemasse sich verjüngt. Bei größeren Schläuchen treten aber in der distalen Hälfte die
Zellen auseinander, so daß in ihrer Mitte ein umfangreicher Kanal entsteht (Mg. 12). Während die
beiden Seitenkanäle mit einer Membran ausgekleidet sind, entbehrt dieser Mittelkanal einer solchen,
stellt sich also nur als eine Lakune in dem Gewebe dar. Eine Kommunikation zwischen ihm und den
Seitenkanälen ließ sich nirgends feststeflen.
Bei Betrachtung eines Schlauches in der Durchsicht zeigen sich die Kanäle als hellere Stellen,
die entweder von Kernen ganz frei sind oder an denen die Kerne doch nicht so dicht stehen, wie an
den massiven Partien. Im Stammteil finden sich große Lakunen, teilweise durch Septen voneinander
getrennt, doch war es nicht möglich, ein klares Bild von ihrem Zusammenhang untereinander und
mit den' Kanälen der Schläuche zu bekommen. Außerdem war der Stammteil von Muskeln
durchzogen.
Beobachtungen an lebenden Euphausiaceen ergaben, daß die Blutkörperchen an der einen
Kante des Kiemenschlauches nach außen strömen und dann an der anderen Kante entlang nach dem
Körper zurückkehren, daß sie also offenbar die Seitenkanäle passieren.
Die Kiemen wurden im allgemeinen ruhig gehalten und nur bei stark gepreßten, dem Absterben
nahen Tieren konnte ich zuckende und schlagende Bewegungen an ihnen wahrnehmen.
4. Besprechung.
Vergleichen wir die erhaltenen Resultate mit den Ergebnissen, die Cl aus und 0 h u n bei
ihren Forschungen über den Bau des Gefäßsystemes der Euphausiaceen erzielt haben, so finden
wir neben Übereinstimmung in den meisten Punkten auch Differenzen, deren Bedeutung noch, zu
besprechen ist.
Sowohl Claus wie Chun geben drei Ostienpaare für das Herz an, während ich bei Euphausia
superba nur deren zwei finde. Man könnte geneigt sein, dies für ein Verhältnis zu halten, das dem
bei den Mysidaceen entspricht, wo ja bekanntlich nur zwei Ostienpaare vorhanden sind. Nun
erinnert aber im übrigen das Herz von Euphausia — ich komme gleich noch einmal darauf zurück —
durchaus an das Herz der Decapoden und nicht an das der Mysidaceen, auch ist nicht anzunehmen,
daß sich Claus und Chun in ihren Beobachtungen getäuscht haben. Es erscheint daher durchaus
wahrscheinlicher, daß wir es bei der Zweizahl der Ostien im vorliegenden Falle nicht mit Mysidaceen-
charakteren zu tun haben, sondern mit einer sekundären, einer Reduktionserscheinung. Es ist*
offenbar veranlaßt durch die kräftige und ausgiebige Verwachsung der Dorsalfläche des Herzens mit
dem Pericard sekundär das dritte Ostienpaar, das dem dorsalen Paar der Decapoden entspricht,
verloren gegangen, und nur seitliches und unteres Paar sind bestehen geblieben.
Chun beschreibt eine Zweiteilung der Arteria descendens bei Stylocheiron, erwähnt aber
nichts von dem mittleren dritten Aste. Diese Differenz dürfte sich wohl dadurch erklären lassen,
daß das Vorhandensein eines dritten Astes Chun entgangen ist. Die Verhältnisse sind ja, wie ich oben
schon erwähnte, sehr schwierig festzustellen.
Der Hauptunterschied zwischen meinen Ergebnissen und den Chun sehen und C1 a u s sehen
ist aber der, daß ich bei Euphausia superba eine Verdoppelung der Aorta posterior feststellte. Das
ist ein Unterschied auch gegenüber den Verhältnissen bei den Mysidaceen und Decapoden. Ich
komme darauf weiter unten zurück.
Das merkwürdige Frontalherz, das Chun als eine Ausstülpung der Aorta cephalica bei Stylocheiron
feststellte, fand er bei der Gattung Euphausia nicht. Auch bei der mir vorliegenden Art war
es nicht vorhanden, wohl aber ließen sich Verhältnisse beobachten, die ihm entsprachen. Es zeigt
sich nämlich, daß die Aorta an der Stelle, wo bei Stylocheiron das Stirnherz sitzt, beträchtlich in ihrem
Lumen erweitert ist. Das ist nun eine Erscheinung, die auch sonst ihre Analoga hat. So findet
B o u v i e r (1891) bei den Decapoden der verschiedensten Gruppen „le-plus souvent, sinon toujours“
eine Erweiterung der Aorta cephalica zwischen Hirn und vorderer Magen wand, also an derselben
Stelle wie bei Euphausia. Ja er fährt fort: „Ordinairement on en voit partir un coecum qui se termine
sur la paroi stomacale“. Auch bei den Mysidaceen findet man die gleichen Verhältnisse: D e 1 a g e
(1883) gibt für Mysis eine blindsackförmige Ausstülpung der Aorta wand an, die sich an den Magen legt.
Chun beschreibt nun auf der kugelförmigen Aussackung bei Stylocheiron einen Muskelbelag.
Ob ein solcher auch bei Euphausia an der Erweiterung der Aorta vorhanden ist, vermag ich nicht zu
sagen. Immerhin hegen auch hier Verhältnisse in der Aortenwandung vor, die sich von denen an
anderen Stellen unterscheiden. Es häufen sich nämlich hier die Kerne in der Wand ganz auffallend
stark und diese nimmt beträchtlich an Dicke zu. Es ist danach nicht unwahrscheinlich, daß auch
hier ein Muskelbelag auf der Aorta vprhanden ist, eine Annahme, die noch an Wahrscheinlichkeit
gewinnt, wenn wir die Verhältnisse vergleichen, die Bouvier bei Decapoden fand. Während sich,
so schreibt er, die Aorta überall leicht von dem umgebenden Gewebe isolieren ließ, war das an der
aufgetriebenen Stelle nicht der Fall: ,,en fait il y a une adhérence intime entre ses parois et les muscles
stomacaux antérieurs.“ Nach alledem scheint das Vorhandensein einer pulsierenden Partie in der
Aorta anterior bei den höheren Malacostraken allgemein verbreitet zu sein.
Vergleichen wir nun die Verhältnisse, wie sie sich bei den Euphausiaceen, insonderheit bei
Euphausia superba darstellen, mit denen der Mysidaceen einerseits und der Decapoden andererseits.
Wir müssen uns hier freilich auf einen Vergleich der großen Stämme und ihrer Hauptverzweigungen
beschränken. Das fällt aber wenig ins Gewicht, da die feinere Verteilung der Gefäße bei den Crusta-
ceen, wie ja auch bei ändern Tiergruppen, zu einer gewissen Inkonstanz neigt.
Die drei nahe verwandten Gruppen der Mysidaceen, Euphausiaceen und Decapoden haben
natürlich eine ganze Anzahl von Übereinstimmungen auch in der Anordnung der Gefäße. So zeigt
sich im Verlauf der Aorta cephalica und der vorderen Seitenarterien kein wesentlicher Unterschied.
Auch der Ursprung der Arteria descendens ist bei allen dreien im wesentlichen gleich, doch müssen
wir auf diese Gefäße noch näher eingehen.
Frühere Forscher deuteten die Aorta descendens der Decapoden als einen Ast der Aorta posterior.
Cl aus sowohl, wie B o u v i e r jedoch wiesen bereits mit aller Sicherheit nach, daß sie als ein
vom Herzen und nicht von der Aorta ausgehendes Gefäß zu deuten ist. Es erübrigt sich wohl, hier
darauf hinzuweisen, daß diese Annahme auch durch die Verhältnisse bei Euphausia bestätigt wird,
wo die Arteriae descendentes eine ziemlich beträchtliche Strecke vom Hinterrande des Herzens entspringen.
Cl aus und B o u v i e r zeigen nun ferner, daß die unpaare Aorta descendens, die
sie bei den Mysidaceen und Decapoden finden, weiter nichts ist, als der stark entwickelte Ast einer
ursprünglich vorhandenen hinteren paarigen Arterie, deren anderer Ast entweder ganz oder bis auf