E i n f l u ß hol l er H20 2K o n z e n t r a t i o n .
Die Adsorptionswirkung des sich entwickelnden Sauerstoffs ist nun auch geeignet den früher
erwähnten Einfluß der erhöhten H20 2Konzentration zu erklären. Er bestand darin, daß in vielen
Fällen die Anfangs-K-Werte tiefer lagen als bei Parallelversuchen mit niedrigerer H20 2Kon-
zentration. In diesen Fällen war dann der Gang vermindert; blieb jedoch der Anfangswert auf der
gleichen Höhe, so änderte sich auch der Gang nicht (vgl. Tab. 15). Es ist nun einleuchtend, daß bei
einer hohen H20 2Konzentration im Beginne der Reaktion schnell große Mengen von Sauerstoff
frei werden, welche durch ihre Adsorption den Wert der Konstanten herabdrücken. Tab. 20 zeigt
aber, daß die Endeinstellung der K-Werte, wie sie nach Sättigung der Reaktionsflüssigkeit
mit Sauerstoff eintritt,' durch Erhöhung der H20.»Konzentration auf ¿ n bei 0° nicht verschoben
wird, also keine Oxydationswirkung eintritt. Ob die Anfangsschwächung bei hoher H202Konzen-
tration auftritt, ist von den unberechenbaren Adsorptionsverhältnissen der Lösung abhängig; es
kann daher auch Vorkommen, daß bei Parallelversuchen die höhere H20 2Konzentration einen viel
höheren Anfangs-K-Wert gibt, als die niedrigere (vgl. Tab. 20, Vers. 1).
E i n f l u ß de r T e m p e r a t u r .
Die Adsorptionstheorie ist ferner geeignet, eine Erklärung für die zunächst so auffallende
Erscheinung zu geben, daß bei höherer Temperatur der absteigende Gang geringer wird, manchmal
sogar ganz verschwindet. Denn das Adsorptionsvermögen einer kolloidalen Lösung nimmt mit steigender
Temperatur ab, es muß sich also die störende Wirkung des Sauerstoffs in diesem Falle weit
weniger bemerkbar machen. Stellt man Dauerversuche bei 20 0 an, so zeigt sich meist ein ganz allmählicher
gleichmäßiger Gang. Er wird einesteils von der Adsorption herrühren, zum Teil aber wohl
auf eine echte OxydationsWirkung des H20 2 zurückzuführen sein, da er durch Erhöhung der H20 2
Konzentration gesteigert werden kann (vgl. Tab. 21) und nicht zu einer Endeinstellung auf einen
konstanten Wert führt. Wie der letzte Versuch von Tab. 21 lehrt, kann bei 20 0 die Fermentlösung
durch hohe H20 2Konzentration völlig unwirksam gemacht werden.
B e s e i t i g u n g d e r Ad s o r p t i o n d u r c h S c h ü t t e l n d e r F e rme n t l ö s u n g .
Ein schlagender Beweis für die Richtigkeit der Adsorptionstheorie läßt sich dadurch gewinnen,
daß man eine Versuchsanordnung wählt, bei welcher die Adsorption nach Möglichkeit ausgeschaltet
wird. Als Mittel dazu lag am nächsten ein gründliches Durchschütteln des Reaktionsgemisches, wodurch
die Übersättigung der ruhenden Flüssigkeit mit Sauerstoff aufgehoben wird. Zunächst wurden
die Versuche einfach in der Weise angestellt, daß das Reaktionsgemisch während des Versuches
dauernd kräftig mit der Hand durchgeschüttelt wurde. Schon auf diese Weise ließ sich oft eine deutliche
Besserung der Konstanz erzielen. Besonders instruktiv waren Versuche, in denen mit dem
Schütteln erst begonnen wurde, nachdem die Reaktion längere Zeit in der ruhenden Flüssigkeit vor
sich gegangen war. Man konnte dann fast stets ein Steigen der K-Werte beobachten (vgl. Tab. 20,
Vers. 2 b), dem nach Einstellen des Schütteins wieder ein Sinken folgte. Viel eindrucksvoller lassen sich
jedoch die Versuche gestalten, wenn man das Schütteln im Vakuum vornimmt, da auf diese Weise
eine viel bessere Beseitigung des Sauerstoffs gelingt. Zu diesem Zwecke wurde das Reaktionsgemisch
in eine mit einem Gummistopfen versehene Saugflasche gebracht, die mit einer Wasserstrahlpumpe
in Verbindung stand. Ein Nachteil dieses Verfahrens besteht allerdings darin, daß zu jeder Entnähme
das Gefäß geöffnet und das Vakuum aufgehoben werden muß. Trotzdem sind die Resultate
sehr deutlich, wie Tab. 22 zeigt. In allen Fällen wird durch das Schütteln der absteigende Gang
verringert, meist aufgehoben und nicht selten sogar in einen aufsteigenden verwandelt. Tritt die
Schüttelwirkung erst in einer späteren Periode der Reaktion ein (Vers. la 0°, 2b 20°), so „erholt,-*
sich das Ferment, es tritt ein aufsteigender Gang ein (vgl. dazu auch Tab. 17, Vers. 2).
Wie die Versuche mit Puppenextrakten zeigen, gelingt es bei 0 0 in vielen Fällen nicht, den
absteigenden Gang völlig zu beseitigen. Man könnte daraus schließen, daß außer der Adsorption
des Sauerstoffes noch eine andere Ursache für den Gang der K-Werte vorhanden sei. Wahrscheinlich
liegt aber die Erklärung darin, daß es auch im Vakuum nicht gelingt, die Adsorption
völlig zu verhindern, resp. aufzuheben. Da der Sauerstoff sich bei der Reaktion unmittelbar an der
Oberfläche der Fermentteilchen entwickelt, sind die Bedingungen für seine Adsorption denkbar günstig.
Die Adsorptionskräfte sind aber an den kleinen Partikelchen derartig große, daß es ausgeschlossen
erscheint, sie durch Evakuieren aufzuwiegen, zumal es ja unmöglich ist, im Reaktionsgefäß den Dampfdruck
des Wassers zu unterschreiten. Es spricht also auch diese Erscheinung nicht gegen die Richtigkeit
der Adsorptionstheorie. Besonders interessant ist in diesem Zusammenhänge die Tatsache daß es,
wenigstens bei 0 °, nicht gelingt, eine einmal eingetretene Adsorption in so weitem Maße rückgängig
zu machen, als wenn man sie von vornherein zu verhindern sucht. Daher „erholt“ sich ein Ferment
bei späterem Schütteln niemals vollständig, sondern bleibt stets auf einem' niedrigeren Werte stehen
wie ein Parallelversuch, bei dem von vornherein geschüttelt war.
Auf Rechnung der SchüttelWirkung ist auch eine Erscheinung zu setzen, welche sehr häufig
bei Dauerversuchen mit ruhender Flüssigkeit zu beobachten war. Es liegt nämlich dann bei neuem
H20 2Zusat’z der erste K-Wert höher als der Schlußwert der vorhergehenden Etappen. Beim
Zufügen der frischen H20,Lösung muß ja kräftig umgeschüttelt werden und dies genügt in vielen
Fällen, um die Konstante etwas in die Höhe zu treiben.
A u f s t e i g e n d e r Gang bei S c h ü t t e l v e r s u c h e n .
Wie aus den Tab. 17 und 22 hervorgeht, wird bei den Schüttelversuchen sehr oft nicht nur
eine Konstanz der K-Werte erreicht, sondern es tritt sogar ein auf steigender Gang auf. Auch
diese Erscheinung, die in gleicher Weise bei der Platinkatalyse zu beobachten ist, läßt sich als Adsorptionswirkung
verstehen. Nur handelt es sich hierbei nicht um die Adsorption des Sauerstoffs,
sondern des H20 2. Wie schon oben erwähnt, hat man allen Grund, anzunehmen, daß ebenso wie der
Sauerstoff auch das H20 2 von den Fermentteilchen adsorbiert wird. Durch die Intensität der Adsorption
wird nun die Konzentration des H,02 an der Fermentoberfläche und damit die Geschwindigkeit
der Reaktion beeinflußt. Beseitigt man durch Evakuieren und Schütteln die störende Einwirkung
des gebildeten Sauerstoffs, so hängt die Reaktionsgeschwindigkeit direkt von der Konzentration
des H20 2 an der Oberfläche der Fermentteilchen ab. Diese ist nun nicht einfach proportional der
Konzentration des H20 2 in der gesamten Lösung, sondern es nimmt, wie wir durch anderweitige
Untersuchungen wissen, die Adsorption in verdünnten Lösungen zu. D. h. also es sinkt während
der Reaktion die Konzentration des H,02 an der Oberfläche der Fermentteilchen weniger schnell
als in der Lösung. Dementsprechend müssen die Konstanten im Laufe der Reaktion steigen. E s
i s t also, we nn man di e H20 ,Z e r s e t z u n g d u r c h di e K a t a l a s e al s e i ne
Ad s o r p t i o n s k a t a l y s e auf faßt , g a r n i c h t zu erwar t en, daß die Re a k t i o n
dem S c h ema I. O r d n u n g f o l g t . Eine Konstanz der K-Werte, welche eine solche vor