
Die äußere Zellschicht erscheint hier innerhalb eines scheibenförmigen Bezirkes von kreisrunden
Umriß als ein typisches Zylinderepithel (Fig. 2), das in der Mitte am höchsten ist, nach den Seiten zu
flacher wird und dann in einer ganz flachen Bandzone endigt. Diese, aus Plattenepithelzellen
bestehend, grenzt den verdickten Bezirk ziemlich deutlich von den übrigen, fast unverändert gebliebenen
Teilen der äußeren Schicht ab, um so deutlicher, als die im allgemeinen kubischen Zellen
derselben gerade am Bande des Statoblasten, in der Schwimmringregion, etwas stärker gehäuft sind,
so daß also die Begrenzungszone hüben und drüben von einer Verdickung der Wandschicht eingedämmt
wird. Die innere Schicht (Fig. 2, m) hebt sich jetzt scharf und glatt von der äußeren ab, sie bildet
ein Plattenepithel, das nur am Bande der scheibenförmigen Verdickung streckenweise kompakter,
etwa kubisch, erscheint. Die Lücke, die früher im Zentrum der unteren Schale bestand, ist ausgefüllt.
Die scheibenförmige Verdickung ist die Anlage des ersten Polypides der künftigen Kolonie.
Ich habe sie früher als „Keimscheibe“ bezeichnet und werde den Ausdruck auch weiterhin brauchen,
da er mir ungefährlich zu sein scheint. Wer an dem Doppelsinn Anstoß nimmt, könnte etwa auch
,, Knospenscheibe“ oder , ,Polypidplatte“ sagen.
Die Scheibe tritt nun immer deutlicher als ein selbständiges Gebilde hervor, die Verdickung
nimmt zu, und der Band hebt sich schärfer von der Umgebung ab (Fig. 3, 4). -
Sodann beginnt von der Außenseite des Statoblasten her eine ringförmige Furche in das äußere
Blatt der Keimscheibe einzuschneiden, in der Weise, wie es in Fig. 5 sichtbar ist. Die Furche liegt
nahe dem Bande der Keimscheibe, und schon in Fig. 4 deutet die Lage der Kerne auf ihr Erscheinen
hin. Sie vertieft sich fla.rvn immer mehr, und zugleich rücken die Außenränder der Furche gegen
einander vor, wobei sie den mittleren Teil der Keimscheibe von der Statoblastenschale verdrängen
und sich selber an seine Stelle setzen. Sie vereinigen sich also schließlich über dem mittleren Teil,
der nun als flach gewölbter Kegel ganz in das Innere des Statoblasten verlegt ist (Fig. 6, 7). Die
Keimscheibe hat sich zu einer Art Sack umgeformt, und dieser Sack ist die Polypidknospe. Was
außen war, liegt nun innen und das Innere außen. Die äußere Schicht der Keimscheibe ist das innere
Knospenblatt, die innere Schicht das äußere Knospenblatt; der zusammengezogene Band der Scheibe
bildet den Knospenhals, die Bingfurche ist zum Knospenlumen geworden.
Allp. diese Veränderungen beruhen im Grunde auf einem einheitlichen Vorgang, auf der Zusammenziehung
der Keimscheibe. Schon die Vergleichung der frühesten Stadien lehrt, daß mit dem
schärferen Hervortreten der Scheibe ein Zusammenrücken der Zellen und eine Verkleinerung des
radialen Durchmessers der Scheibe verbunden ist, der sich von 0,4 mm in Fig. 2 auf etwas über 0,3 mm
in Fig. 3 verkürzt hat. Sehr wahrscheinlich hängt damit auch das Auftreten der dünnen Grenzzone
in der unmittelbaren Umgebung der Keimscheibe zusammen, indem diese Zone für die fortrückenden
Zellen der Scheibe Ersatz leisten muß. * Wenn dann ein weiteres Zusammenrücken der Zellen nicht
mehr möglich ist, so führt die Zusammenziehung zur Bildung der Bingfurche, deren endlicher Verschluß
nicht sowohl auf ein selbständiges Fortwachsen des äußeren Bandes, als vielmehr auf eine allmähliche
Umrollung der Scheibe auf Kosten ihres mittleren Teiles zurückzuführen sein wird.
Kernteilungen habe ich während dieser Vorgänge nur in dem inneren, mesodermalen Blatte
der Knospenscheibe beobachtet, doch leugne ich sie auch für das äußere nicht. Ich glaube aber, daß
die Zellvermehrung anfangs keine erhebliche Bolle spielt, und daß die Knospe sich im wesentlichen
direkt aus den Zellen aufbaut, die schon im ungekeimten Statoblasten vorhanden waren. Mit Beginn
der Entwickelung wachsen die Zellen des äußeren Blattes der Keimscheibe zu bedeutender Größe
heran, indem sie von dem schmelzenden Dotter ernährt werden, aber eine Vermehrung ihrer Zahl
läßt sich bis zum Stadium Fig. 4 kaum nachweisen. In Fig. 5 ist sie ohne Zweifel vorhanden, in Fig. 6
aber wieder nur in geringem Maße, falls überhaupt. Die Zusammenziehung des Keimscheibenrandes
nach dem Auftreten der Bingfurche muß tiefgreifende Umlagerungen der Zellen zur Folge haben,
Ansprüche an die Vermehrung der Zellen stellt sie indessen nicht. Dazu stimmt auch der rasche
Verlauf dieses Vorgangs, der nach ungefährer Schätzung in kaum zwei Stunden vollendet ist. Später,
wo es sich um die Ausmodellierung der Knospe handelt und an bestimmten Stellen Bruchsäcke und
Einstülpungen gebildet werden, sind auch die Teilungen häufiger zu beobachten.
Offenbar ist das eigentlich aktive Gewebe bei der Ausgestaltung der Keimscheibe die äußere
Schicht resp. das innere Knospenblatt, wie es auch bei der Knospung im Stocke der Fall ist. Die
innere Schicht oder das äußere Knospenblatt beteiligt sich an den morphologischen Vorgängen mehr
passiv, hat aber die wichtige Aufgabe, die Knospe durch Zuführung der Dotterflüssigkeit zu ernähren.
Sie ist die Grenzschicht sowohl der Knospe selbst als des Dotters, und nur durch ihre Vermittelung
kann der Dotter den inneren Geweben der Knospe zufließen. Merkwürdig ist, daß diese Schicht
bei den jungen Knospen fast nur flüssige Substanz auf nimmt, während sie später, wenn die Zellen
ihren embryonalen Charakter verloren haben, etwa von der Zeit an, wo sich die Muskeln zu bilden
beginnen, so mit geformten Dotterkörnern beladen ist, daß ihre Begrenzung nach außen dadurch
undeutlich wird.
Im Dotter sind überall noch die Kerne bemerkbar, die auch, solange sich Begte der Dottermasse
erhalten, d. h. bis lange nach dem Ausschlüpfen des jungen Stöckchens, in diesen Besten zu
finden sind. Niemals aber habe ich Teilungen bei den Dotterkernen beobachtet, und wenn solche
stattfinden, worauf die gruppenweise Anordnung der Kerne allerdings hindeutet, so muß es vor der
Fertigstellung des Statoblasten, im letzten Stadium seiner Ausbildung, der Fall sein. K r a e p e l i n
(1. e., II, S. 57) spricht von einer „lebhaften Teilung“ dieser Kerne im Anfang der Keimung, aber
er sagt darüber nichts Näheres, büdet auch keine Teilungen ab; ich nehme an, daß es sich nicht um
Beobachtung, sondern um eine Vermutung handelt.
Ohne Zweifel sind die Dotterkerne für die Dotterschmelzung notwendig. Ich stelle sie mir als
die Organe vor, von denen aus die Verflüssigung der Körnchen unmittelbar reguliert wird. Außerdem
aber sieht man, daß diese Kerne sich überall eng an die mesodermale Grenzschicht, der Knospe sowohl
als der Statoblastenwand, anlehnen, und zahlreiche Bilder sprechen dafür, daß sie sich zu Zellen
vervollständigen und so dem Verbände des Mesoderms einfügen. Dadurch erkläre ich mir das rasche
Verschwinden der Lücken, die sich ursprünglich in der Mesodermschicht befanden, namentlich das
jener größeren im Zentrum der unteren Schale, wo dann die Keimscheibe auf trat. Ich habe für
diese Art der Zellbildung auf S. 98/99 meiner „Untersuchungen“ Belege angeführt und verweise auf
das dort Gesagte. Auch Kr a e p e l i n (1. c., II, S. 58) vertritt eine ähnliche Auffassung, wenn
er mir aber nachsagt, ich glaubte „daneben noch eine direkte Kernbildung aus den Elementen des
Dotters selbst beobachtet zu haben“, so ist er im Irrtum. Ich habe derartiges nie behauptet.
Bilateraler Bau der Knospe.
Taf. III, Fig. 7 — Taf. IV, Fig. 10.
Beim ersten Auftreten der Bingfurche ist diese selbst und die Keimscheibe noch nahezu kreisrund.
Aber schon bevor die Furche sich ganz geschlossen hat, ändert sich das, indem die Außenränder
der Furche von einer Seite her etwas rascher Vordringen als von der entgegengesetzten. Die Bänder