treffen daher nicht genau in der Mitte der Keimscheibe zusammen, sondern der Vereinigungspunkt
rückt ein wenig zur Seite. Gleichzeitig neigt sich die Scheibe, die nun die Form einer flachen Glocke
hat, nach dieser Seite etwas tiefer herab und die kreisrunde Form wird in die oblonge ubergeführt,
indem sich der Durchmesser des Kreises in der Richtung der seitlichen Verschiebung verkürzt. Diese
Verhältnisse werden durch die beiden Schnitte in Fig. 8 illustriert, die einer Serie von Horizontal-
schnitten durch den Statoblasten entnommen sind. Die Ringfurche hat sich noch nicht ganz
geschlossen. Schnitt I geht durch den oberen Teil der Knospenglocke (vgl. Fig. 7); man sieht die
oblonge Ringfurche rf, die an der linken Seite der Figur deutlicher ist als an der rechten und die den
nur in seinem ektodermalen Teile getroffenen mittleren Kegel der Keimscheibe umschließt. Schnitt II
liegt erheblich tiefer; links ist noch die Furche sichtbar, da sich die Knospenglocke nach dieser Seite
tiefer herabneigt, rechts erscheint nur noch die mesodermale; Schicht des. Glockenraüdes, in der Mitte
bereits die Dottermasse, welche die Höhlung der Glocke resp. des Zentralkegels ausfüllt,;; :
Der bilaterale Bau der Knospe ist also jetzt bereits durchgeführt. Wir können em Rechts
und Links, ein Vorn und Hinten unterscheiden, und zwar bezeichnen wir im Hinblick auf den weiteren
Verlauf der Entwickelung die tiefer herabhängende, in Fig. 8 nach links gerichtete Seite als die vordere
oder orale, die entgegengesetzte als die hintere oder anale. Ein in der Richtung des kürzesten Durchmessers
der Knospenscheibe, also oral-anal geführter Schnitt würde als Medianschnitt in der Symmetrie
Ebene der Knospe verlaufen und zugleich ihren stärksten Neigungswinkel zur Anschauung
bringen. . .
Ein solcher Medianschnitt durch ein Stadium, das nur wenig älter ist als das von big. 8, liegt
in Fig. 7 vor. Die ungefähre Richtung der beiden Schnitte von Fig. 8 ist durch die geraden Linien
angedeutet. t .
Die Bilateralität beschränkt sich nun aber nicht auf die Gestaltung der Keimscheibe selbst,
sondern sie kommt auch darin zum Ausdruck, daß eine bestimmte Stelle des äußersten Statoblasten-
randes sich durch eine Verdickung der beiden Keimschichten als Bildungsstätte der jüngeren Knospen
kundgibt. Die Stelle liegt in der Symmetrie-Ebene und oral vor deT Hauptknospe (Taf. IV, Fig.
10, KZ). Sie ist schon auf sehr frühen Stadien erkennbar, jedenfalls bald nachdem der bilaterale
Bau der Keimscheibe zu Tage getreten, ist.
Die Frage, woher es kommt, daß in dem radiär gebauten Statoblasten ein bestimmter Radius
im Sinne der Bilateralität bevorzugt wird, muß ich jetzt noch entschiedener als früher (Untersuch.,
S. 100) dahin beantworten, daß es sich um eine ursprüngliche Veranlagung handelt. In den entwickelungsgeschichtlichen
Fähigkeiten der Zellen der Wandschicht ist die Bilateralität von vornherein
vorgezeichnet. Auch der ungekeimte Statoblast ist also nur scheinbar, bei rein morphologischer
Betrachtung, radiär gebaut, in Wirklichkeit, d. h. nach der Qualität und dem Bildungsvermögen
Zellbezirke, ist er bilateral. Ich nehme an, daß dieses Verhältnis schon bei der Anlage des Statoblasten,
durch seine Orientierung am Fumculus bezw. am Keimstock, fixiert wird.
Weitere Ausgestaltung der Knospe.
. Taf. III, Fig. 7 — Taf. V, Fig. 15.
Wenn sich die Außenränder der Ringfurche zum Knospenhalse zusammengezogen haben,
so hat die Knospe ungefähr das Aussehen einer schief gestellten, flachen und seitlich verbreiterten
Glocke (vgl. Fig. 7 und 8). Diese wird durch die Knospenhöhle gewissermaßen in zwei Glocken
gespalten, von denen die größere über die kleinere gestülpt ist. Die größere wird von der äußeren
Wand der ehemaligen Ringfurche gebildet und entspricht der Tentakelscheide des Polypides. Die
kleinere, innere Glocke umfaßt den mittleren Teil der Keimscheibe, die jetzt in Gestalt eines flachen
Kegels in die Knospenhöhle hineinragt und in der Hauptsache den Lophophor darstellt, aber auch
das Material für das Nervensystem und den Darm enthält.
Die nächste Veränderung, die an der Knospe auftritt, ist die Gastrulation, die Anlage der
resorbierenden Darmteile. Sie besteht in einer blindsackartigen Ausstülpung der Knospenwand
am hinteren Ende der Knospe, an der Stelle, die in Fig. 7 und 81 mit a bezeichnet ist. Hier dringt
das Knospenlumen nach unten vor, und es bildet sich ein kurzer, medianer Sack, der „Analschlauch“,
der frei in den Statoblasten hineinragt (Fig. 9 ,11: an). Er repräsentiert den Enddarm und den Magen,
und da, wo sein Hohlraum aus dem Knospenlumen entspringt, liegt der After (a). Der letztere markiert
sich auf Medianschnitten der Knospe deutlicher als auf Querschnitten (d. i. Flächenschnitten des
Statoblasten), wo das spaltförmige Lumen der Knospe sich ganz allmählich in das Lumen des End-
darms verengt (Fig. I I 1, a, l l n- m, an).
Bald nachdem der Analschlauch zu Tage getreten ist, beginnt auch der mittlere Kegel, die
Lophophorregion, sich zu verändern. Bisher hatte diese die Form eines einfachen Hügels bewahrt,
dessen größte Ausdehnung in die Breitendimension der Knospe fiel. Jetzt beginnt sich der Hügel
zu teilen, indem eine in der Medianebene der Knospe verlaufende Furche vom After her in seinen
Gipfel einschneidet. Sie zerlegt ihn in einen linken und einen rechten Teil und grenzt so die Gebiete
der beiden Lophophorarme voneinander ab.
Ein sehr frühes Stadium dieses Vorgangs ist in Fig. 11 auf Grund einer Serie von Querschnitten
durch die Knospe dargestellt. Fig. 11 ist der konstruierte Medianschnitt, an dem die Reihenfolge
der wirklichen Schnitte markiert ist. Nach dem zehnten derselben ist Fig. I I 1 entworfen, so jedoch,
daß der mittlere Hügel körperlich dargestellt ist, d. h. mit seinem ganzen, oberhalb von Schnitt 10
gelegenen Aufbau (Schnitt 6—9). Man erkennt die vom After her in oraler Richtung (links in der
Figur) sich erstreckende Furche, welche den Hügel teilt und welche in Fig. 11 dadurch sichtbar
gemacht ist, daß die beiden seitlichen Wölbungen auf die Medianebene projiziert sind (Linie l).
Die Furche vertieft sich nun immer mehr, wobei sie das Gewebe des Hügels zu einer Falte
einbiegt und vor sich herdrängt.. Am stärksten wird die Vertiefung ungefähr in der Mitte der Strecke
zwischen dem After und dem vordersten Ende des Knospenlumens (Fig. 10 bei or), hier bohrt sich die
Falte gleichsam in das innere Knospenblatt ein und schiebt es dem geschlossenen Ende des Anal-
schlauchs entgegen. Diese orale Vertiefung ist in Fig. 10 eben erst angedeutet, in Fig. 12 ist sie bereits
zu einer umfangreichen Einbuchtung geworden, und ähnlich tritt sie uns auch in den Figuren Taf. V,
14 und 15, entgegen. Sie ist die Anlage des vorderen Abschnittes des Darmes, der erst auf späteren
Stadien zu einem einheitlichen Rohr wird, indem dann an der Spitze der beiden gegeneinander gerichteten
Einsenkungen, der oralen und der analen, ein Durchbruch erfolgt, wie es auch bei der Knospung
im Stocke der Fall ist.
Nach meiner früheren Darstellung (1890) konnte es scheinen, und ich habe es auch geglaubt,
daß der Oralschlauch als eine von b e i d e n Blättern der Knospe gebildete Ausstülpung dem Analschlauch
entgegen wüchse. Das ist, wie die genauere Verfolgung der Vorgänge lehrt, nicht zutreffend.
Der Oralschlauch schiebt sich u n t e r h a l b des äußeren Knospenblattes dem Analschlauch
entgegen, verdrängt also das Blatt gewissermaßen aus dem einspringenden Winkel, den es zuvor
zwischen dem oralen und analen Teil der Knospe behauptete (vgl. Fig. 9 gegen 10 und 12).