D a s ich die K n o sp en äh ren b e i d e r K onse rvie rung b e trä c h tlic h k o n trah ie ren , lie g t ü b e rh a u p t die G e fahr s eh r nah e , d a ß
d e r, dem d a s P h än om en d e r E rs a tzk n o sp en b ild u n g n ic h t v e r tr a u t is t, die le ic h t irre fü h ren d en S ch n ittb ild e r ü p p ig e n tf a lte te r
Kn o sp en äh ren in dem S in n d eu te t, wie es Maas g e ta n h a t.
Hiernach kann der Gedanke wenigstens nicht ohne weiteres von der Hand gewiesen werden,
daß die von Maas und mir beobachteten Knospenähren (II) ein und dieselbe Cuninengeneration
repräsentieren, d. h. daß für die Knospen meiner Cuninen-Knospenähren vom Typus II die systematische
Diagnose gilt, die Maas für die weiter entwickelten Medusenknospen seiner Cuninenstöcke
aufstcllen konnte.
Ma a s gelangte also zu dem Ergebnis, daß den Medusen s e i n e r Knospenähren auf Grund
entwicklungsgeschichtlicher Merkmale — mit der amerikanischen Form (Cunoctantha octonaria
Mc. Crady) zusammen — eine neue Gattung
zuzuerkennen sei.
Diese Feststellung gewinnt nun ein
gewisses Interesse, wenn wir sie mit meiner
Entdeckung einer dem cunina (peregrina)
stolon Big. nahe verwandten Knospenähre
vom Typus III und mit dem Befunde
Bigelows Zusammenhalten, nach
dem junge Exemplare der mütterlichen
ersten Generation der Cunina peregrina
(Glocke: flach, scheibenförmig; Gallertschicht
noch sehr dünn) in der allgemeinen
• Erscheinung und in der Zahl der Tentakel
(8) ungemein den frühen Entwicklungsstadien
von Cunoctantha octonaria
Mc. Crady ähneln (cf. Brooks, 1. c. 1886,
pl. 44, Fig. 3).
Auf der Basis der hier zitierten
Feststellungen erhebt sich nun die un-
Textfigur 31. Schnitt durch eine Knospenähre vom Typus n, die dem Gerj'onia-Mund- ore m e i n V e r f ü h r e r i s c h e V e r m u t u n g : d i e
kogel aufsitzt; die wellenförmige Fa ltu n g des proximalen Abschnittes d eu tet darauf hin, & o
daß die Knospenähre auf der Oberfläche des Geryonia-Mundkegels herumknecht. yon Maas gesuchte neue Mittelr Gattung
möchte in der von Bigelow aufgestellten Spezies Cunina peregrina Big. zu suchen sein und die
Cuninen-Knospenähren vom Typus II möchten ihre 3. Generation repräsentieren.
H ie r v e rd ie n t endlich no ch eine B eo ba chtung, die ich b e re its 1911 1. c ., &. 234/235 m itte ilte , a n g e fü h rt zu we rden:
„ I n d e r E in s ich t, d aß die B e s tim m u n g d e r fü r me in e E x em p la re v o n Cu n in a p a r a s ític a ty p is ch en Chromosomenzahl fü r
die K la rs te llu n g d e r Spezies von,.ausschlaggebender B ed eu tu n g sei, h a b e ich o f t L a rv en k e rn e u n te rsu c h t, die sich z u r in d ire k te n
T e ilung a n s c h ic k te n ; zweimal fa n d ich a u c h a n g e s ch n itten e Ä q u a to ria lp la tte n . L e ide r w a ren sie n ic h t so g ü n s tig g e s ch n itten ,
um die Chromosomenzahl m i t v o lle r S ich e rh e it fe stste llen zu k ö n n en . Je d o c h d ü rfte sich die v o n m ir gefu n d en e Z ahl 14 s eh r de r
W irk lich k e it n äh e rn . E s e rschien m ir r e c h t auffällig, d aß dies g e rad e d ie H ä lfte d e r (na ch Stsche lkanowz ew 1. c. 1906) fü r Cun.
p ro b o sc id e a ty p is c h e n Chromosomenzahl i s t.“ — . • •
D a n ic h t o h n e we ite re s a n z u n ehm en is t, d a ß s ic h die 3. Gen e ra tio n de s C. pro b o sc id e a (C. p a r a s ític a I) p a rth en o g en e tis ch
e n tw ick e lt, fe rn e r die Kno sp en äh re vom T y p u s I I I a priori aussche ide t, d a ih re E n tw ick lu n g n ic h t a n d a s Gewebe de s W irts tie re s
g eb u n d en is t, so d ü r f te n u r d ie 2. Spezies Kno sp en äh ren d u rc h d ie Chromosomenzahl 14 c h a r a k te r is ie r t sein. — E in we ite re r F in g e rzeig
fü r d e n Fo rsch e r, d e r d e n E n tw ick lu n g szy k lu s, dem die Knosp en äh ren v om T y p u s I I an gehören, a u f G ru n d eines größeren
V e rgle ichsm a te ria ls, a ls ic h es be sitz e , u n te rsu c h e n kan n .
Ich weiß natürlich selbst sehr wohl, daß der hier in großen Zügen skizzierte Versuch eines
Indizienbeweises für Herkunft und Stellung der Cuninenknospenähren vom Typus II sehr gewagt
ist; tröste mich aber in der Zuversicht, daß die Richtigkeit einer Hypothese nicht ausschließlich
ihren Wert bestimmt, in unserem Fall vielmehr nur vielseitigste Fragestellung zur Klärung der
ungemein komplizierten Geneseverhältnisse der raumparasitischen Cuninen beitragen kann und wird.
Daß es mir gelungen ist, die systematische Stellung der geknospten Medusen der Knospenähren
vom Typus I an der charakteristischen Gestalt der Otoporpen zu erkennen, habe ich bereits
erwähnt. Die Knospenähren vom Typus I repräsentieren uns demnach die dritte Generation der
Cunina proboscidea Metschnikoff.
Die Phorocyte.
Die Forscher, welche sich mit der Entwicklung der Cunina parasitica Metsch. beschäftigt haben,
sind zu sehr verschiedenen Ansichten über die morphologische Bedeutung der Phorocyte gelangt,
jener enorm großen, amöboid beweglichen Zelle, die, wie wir gesehen haben, für die Cuninen-Knospenähren
vom Typus I und II charakteristisch ist und im Verlauf der Entwicklung der genannten Knospenähren
einem dreifachen Funktionswechsel unterworfen ist.
Die theoretischen Vorstellungen meiner Vorgänger über den morphologischen Charakter
unserer Phorocyte habe ich in meiner früheren Arbeit (1. c. S. 227—229) zusammengestellt und habe
dabei selbst den Standpunkt von Metschnikoffs Theorie von 1886, nach der die Phorocyte ein dem
Organismus der Cunina fremdes Element repräsentiert, gestellt.
Ich ging sogar noch weiter, indem ich unter Berücksichtigung der Hypothese Stschelkanowzews
über die Infektion der Geryoniden mit den Cunina parasitica-Keimen glaubhaft zu machen versuchte,
daß die Phorocyten hypertrophierte, vielleicht unreife Eizellen1) der mütterlichen (zweiten) Generation
unserer Cunina parasitica repräsentieren, die infolge einseitiger Anpassung an bestimmte physiologische
Funktionen (Ernährung des Keimes der dritten Generation der Cunina parasitica? Ausscheidung
eines Antikörpers, der die schädlichen Nebenwirkungen der Ernährungssäfte des Wirtstiers
paralysiert ?) schließlich zugrunde gehen.
Natürlich ist dies eine Hypothese, die sich direkt schwerlich nachprüfen läßt. Indessen zeigt
die anfängliche Entwicklung der jüngsten, mir zur Verfügung stehenden Phorocyten so viel Anklänge
an die der Ovocyten (erster Ordnung) der Cunina proboscidea Metsch. (cf. die Darstellung der Oogenese
bei Stschelkanowzew 1. c. 1906;, daß ich geneigt bin, darin eine nicht unwesentliche Stütze meiner
hypothetischen Vorstellungen über die morphologische Bedeutung der Phorocyte zu sehen.
S tre n g g enominen — d ü r f te n a lle rd in g s die P h o ro c y te n n u r m i t d e n O v o c y t e n a u s d e n G e n i t a l i e n d e r
I I . G e n e r a t i o n d e r C u n i n a p r o b o s c i d e a v e rglichen w e rd e n , wie den n liie r ü b e rh a u p t e ine eingehende U n te r su
c h u n g d e r Oogenese d e n s ic h e rs te n M aß stab fü r die B e u rte ilu n g de s gen e tisch en W e rte s d e r P h o ro c y te g eben w ürde ;
D a jed o ch fü r die Eizellen v o n C u n in a pro b o sc id e a I I . G e n e r a tio n 2) vollkommene Ü b e re in stim m u n g n a c h Größe u n d S tru k tu r
m it d en en d e r I. Gen e ra tio n k o n s ta tie r t worden is t, lä ß t sich schließlich d e r Vergleich d e r P h o ro c y te n m it d e n Geschlechts-
J ) H ie r d a r f a lle rdings n ic h t ve rge ssen we rden, d aß eine g an z e R e ih e von F o rsch e rn in d en Näh rz e llen d e r Ge schle chtse
lemente Zellen e rb lick t, die ih re E n ts te h u n g n ic h t a u f frühe re Keimzellen z u rü ck fü h ren , so n d e rn u n ab h än g ig v o n solchen aus
som a tisch en Zellen e n ts ta n d e n sin d (vergl. A d e r s Z. wiss. Zool. Bd. 74. G r ü n b e r g ibidem. G ö r i c h , Zool. Anz. B d . 27.
S. 64 ff. S. 172 ff.).
2) C h a ra k te ris ie rt d u rc h e inen großen Ke rn (0,024 m m im Durchme sse r), d e r n eben einem Nucleoliis ein grobkörniges
C h rom a tin n e tz au fw e is t u n d von d o tte ra rm em P la sm a um g eb en ist.
Stsche lkanowz ew g ib t zwar an, d aß le tz te re s flockig is t u n d m e is t e in N e tz b ild e t, w äh ren d Metschnikoff v on einem d u rc h s
ichtigen Z e llin h a lt sp ric h t, in dem n u r d e r „blä schenförmige , nuc leoluslia ltige K e rn “ d e u tlic h h e rv o r tr itt. Ic h m ö ch te v e rm u ten ,
d a ß die Ve rsch ied en h e it d e r A n gaben d a r a u f b e ru h t, d a ß Metschnikoff die E ie r am lebenden O b je k t u n te rsu c h te , während
S tschelkanowzew sein U n te rsu c h u n g sm a te ria l zu v o r m it w a s se rentz iehenden A g entien (Konse rvie rung!) b e h a n d e lte , welche auf
die ob en angegebene Weise die S t ru k tu r u n d die Fo rm de s E ip la sm a s b e e influßten (Plasmolyse).
Zoologloa. Heft 67. 50