den seit lange einige Forscher für alle ungleichen Teilungen verantwortlich machen möchten:
das ist der Dottergehalt. Durch eine a n i s o t r o p e V e r t e i l u n g d e s D o t t e rm a t e r i a l s ,
so sagt man, wird der Kern, der immer die Mitte des lebendigen Plasma einzunehmen
sucht, in eine exzentrische Stellung gedrängt. Hieraus folgt die inäquale Mitose iti solcher
Art, daß eine kleinere dotterärme und eine größere dotterreiche Zelle zu Stande kommt.
Allein auch mit dieser mechanischen Erklärung ist bei Ascaris nichts > anzufangen.
V o r allen Dingen trifft ja doch die Voraussetzung, daß in der betreffenden Zelle zur Zeit
ihrer Mitose u n g l e i c h verteilter Dotter vorhanden sei, für den Ascariskeim nur in Ausnahmefällen
zu. Die Blastomere c l und yl, bei denen die Differenz der Produkte am stärksten ist,
die sonderbare Zelle yl2, die hierhergehörigen ektodermalen Elemente zeigen keine nur
irgend merkliche Anhäufung des Dotters an der einen Spindelseite; die Tröpfchen sind vielmehr
von der Geburt der Zellen bis zu ihrer Teilung wahllos in das Plasma eingestreut
und überhaupt zu spärlich, als daß sie den Kern auf mechanischem W eg e aus der Mitte
verdrängen könnten. Trotz dieser negativen Erfahrung beansprucht wohl das Verhalten derjenigen
drei Fälle, in denen die Mehrzahl der Dottertröpfchen sich vor dem Beginn der
Mitose einseitig züsammenzieht, entscheidendes Interesse. A b e r es zeigt sich, daß aüch diese
Fälle der mechanischen Hypothese nicht günstig sind. Bei der Zelle Px geht mit der fakultativen
Inäqualität der Mitose eine ungleiche Dotterverteilung häufig Hand in Hand; und
in der T a t wird hier die dotterreichere Zelle EM S t die größere. A b e r schon der zweite Fall
sieht ganz anders aus: wenn die Zelle EM S t sich unter Dotterdifferenzierung teilt (Fig.
A A A 3, p. 152), so sind nichtsdestoweniger ihre beiden Sprößlinge, wie stets, von gleicher
Größe, die Spindel hat sich also durch die einseitig angehäufte • Dottersubstanz durchaus
nicht aus ihrer zentralen La g e vertreiben lassen.. Und endlich liefert der dritte Fall, das Ei,
sogar den allerschlagendsten Beweis für die Wertlosigkeit der rein mechanischen Erklärung
bei Ascaris. Denn wie ich schon früher (1898 a p. 145) hervorgehoben habe, entspricht bei
der ersten Furchung die d o t t e r r e i c h e r e Partie der k l e in e r e n Tochterzelle, d. h. die
Spindel des Eies rückt in die ventrale Dotterversammlung hinein, statt umgekehrt, wie doch
allein mechanisch begreifbar wäre.
D a also auch der „innere“ mechanische Faktor bei Ascaris durchaus versagt, so kann
d ie z u r in ä q u a l e n T e i l u n g f ü h r e n d e K e r n v e r s c h i e b u n g h i e r ü b e r h a u p t k e in
p a s s i v e r , s o n d e r n s ie m u ß e in a k t i v e r , p h y s i o l o g i s c h e r V o r g a n g s e in .
4.
Die aktive, in typischer Richtung geschehende Fortbewegung eines Kernes setzt das
Vorhandensein t y p i s c h g e o r d n e t e r A n i s o t r o p i e in s e in e r U m g e b u n g voraus; die
auf den Kern als Ganzes oder auf einzelne seiner Konstituenten (Chromosomen, Sphäre)
richtend einwirkt. L i e g t d i e s e r i c h t e n d e A n i s o t r o p i e a u ß e r h a lb o d e r in n e r h a lb
der zu inäqualer Mitose berufenen Zelle ?
W ir haben gesehen, daß die exzentrische Verschiebung der Kerne in allen Fällen auf
derjenigen Geraden vor sich geht, die für die endgültige Spindelstellung der zugehörigen
Zelle typisch ist. Hierdurch gewinnt von vornherein der Gedanke, die Kernverschiebung
stelle nur eine einzelne Szene eines größeren, kausal iri sich zusammenhängenden Prozesses
dar, der alle typischen Details der betreffenden Mitose reguliert, und werde darum gleich
der Spindelstellung äusschließlich von inneren Mechanismen geleitet, die größte Wahrscheinlichkeit.
Wenn aber dièses Indizium nicht genügen sollte, sö bringt die Geschichte abnormer
Keime die Entscheidung. E s wurde schon vorhin mitgeteilt, daß die Zellen c l und yl auch
bei völlig gestörter Konfiguration und durchweg abnormen Nachbarschaftsverhältnissen ihre
stark inäquale Teilung genau nach Vorschrift zur Ausführung bringen (Taf. II, Fig. 17, 18);
also können diese Zellen, wie sie von der normalen Umgebung nicht mechanisch zur
Mikromerenbildung gezwungen sind, auch keine richtenden Reize von ihr zu erwarten haben.
Und ferner ist auf T a f. V, Fig. 65 ein krankhaft entwickeltes Einfachei dargestellt, bei dem
am Hinterrande des primären Ektoderms die „Groß- und Kleinzellen“ IArlßay und IArlßax ,
IBllß b x und IB llß b y etc. vorschriftsmäßig entstanden sind, obgleich ein T e il der normalerweise
benachbarten Zellen fehlt. Nimmt man noch die offenbare Tatsache hinzu, daß d a s
E i auf Grund rein innerer Anisotropie die exzentrische Stellung seiner Spindel zuwege bringt,'
so darf die Annahme i r g e n d e in e r ä u ß e r e n M i tw i r k u n g b e i in ä q u a l e n M i t o s e n
d e s A s c a r i s k e im e s a l s w i d e r l e g t bezeichnet werden.
E s ergibt sich hieraus für alle in Betracht kommenden Blastomere das Vorhandensein
einer in d e r T e i l u n g s r i c h t u n g u n g l e i c h p o l i g e n in n e r e n A n i s o t r o p i e , , und
zwar werden wir uns dieselbe, wie bei der Dotter Verteilung, am einfachsten als eine stoffliche
oder strukturelle Verschiedenheit quer zur Achse aufeinander folgender Zonen vorzustellen
haben. — Sehen wir jetzt zu, wie die Gesamtkomplikation des Keimes durch diese neue
und unabweisbare Forderung erweitert wird.
Schema des Eibaues zur Erklärung inäqualer Mitosen Die
römischen Ziffern markieren die aufeinander folgenden
Teilungsschritte, die Pfeile deuten die Lage der k le in e r e n
Zelle für die betreffende Mitose an.
Für das E i und die Zelle P x, denen ja auf Grund ihrer Dotterdifferenzierung eine
ungleichpolige Schichtung quer zur Achse bereits zugestanden war, macht die Veränderung
nicht viel aus. Auch haben wir wenig Mühe, uns die dort nachgewiesene, quere Schichtung
auf die Zelle P2, die als Schwester von EM S t an der die Dotterverteilung bewirkenden
Anisotropie von Haus aus Anteil hat, und deren Spindel ebenfalls genau in der Achsenrichtung
liegt, übertragen zu denken. Die Inäqualität der genannten drei Mitosen ist anscheinend
in ähnlicher Weise-. einem gemeinsamen morphogenetischen Zwecke unterstellt, wie
die drei Fälle von Dotterverschiebung: dort kommt es darauf an, den Dotter auf die Ur-
darmzelle zu konzentrieren; hier bewirken drei aufeinanderfolgende inäquale Mitosen schrittweis
eine relative Verkleinerung der zur Keimbahn gehörigen Zellenreihe. Dann ist, wie
früher, die Annahme nicht unsympathisch, daß den drei verbündeten Geschehnissen auch
ein und dieselbe physiologische Spezialursaehe zu Grunde liegt. Denken wir uns im Plasma
des Eies (Fig. F F F ) eine der Zelle Ps entsprechende Zoiie präformiert und stofflich oder
strukturell von solcher Beschaffenheit, daß allemal die zur Mitose schreitenden Kerne zu ihr