
stimme umgekehrt die Form des Protoplasmaleibes L ä ge und Abstand der Furchungskerne,
so darf die auffallende Formdifferenz dispermer Einzel- und Rieseneier durchweg als Fo lge
der (durch eigene Ursachen bedingten) Gruppenbildung ihrer Kerne betrachtet werden.
Erfreulicherweise besteht nun aber die Möglichkeit, auf dieses gleiche Problem der Kerngruppierung
auch noch das dritte Moment, worin die Einzeleier sich v o n , den Riesen unterscheiden:
die g e g e n s e i t i g e L a g e d e r Z w i l l i n g s a c h s e n , zwanglos zurückzuführen.
E s hat nämlich ganz den Anschein, als ändere sich die Divergenz der Zwillingsachsen p r o p
o r t i o n a l d em A b s t a n d e d e r F u r c h u n g s k e r n e . Liegen die Kerne und Zentren bis
zum Schluß in einer geschlossenen Gruppe beisammen, so divergieren später die A chsen der
Individuen wenig oder gar nicht; bei weitestem Abstande der Kerne tritt diametrale A chsenstellung
ein; und möglicherweise verbindet eine kontinuierliche Reihe von Mittelstufen die
beiden Extreme. Eine derartige Beziehung würde natürlich den Gedanken nahelegen, daß der
Neigungswinkel der Zwillingsachsen von dem wechselnden Abstande der Furchungskerne
a u c h k a u s a l abhängig sei. Und in der T a t wäre es nicht schwer, einen Kausalzusammenhang
auszudenken, d e r , o h n e r e g u 1 a t o r i s c h zu s e i n , die Proportionalität zwischen
Kerngruppierung und Achsendivergenz vermitteln könnte. Nehmen wir an, die Furchungskerne,
durch deren Einfluß die doppelte Organisation hervorgerufen wird, seien mit einer
ihrem Abstande umgekehrt proportionalen Energie bestrebt, sich gleichsinnig und parallel-
ächsig nebeneinander aufzustellen, so würde hiermit nichts unbedingt neues, d. h. regulatorisches
in die Entwickelung eingeführt; denn es ist glaubhaft, daß auch unter normalen
Verhältnissen eine gleichsinnig ordnende Wechselwirkung zwischen Kernen oder Chromosomen
vorhanden sei. Und andererseits nehmen wir an, daß jene cytotaktischen Mechanismen,
die wir uns schon im E i für künftige Funktion bereitstehend denken dürfen, die beiden
Organisationen in statu nascendi derartig gegeneinander zu drehen strebten, daß die Dorsi-
venträlachse der einen genau mit der der ändern zusammenfiele. Dann wirkten zwei widerstrebende
Drehungstendenzen auf die Zwillingsachsen ein : die dem Grade nach wechselnde
der Furchungskerne und die konstante der Organisationen. Und es ist klar, daß je nach
der Größe des ersten Faktors das zu erwartende Resultat der zweifachen Beeinflussung verschieden
wäre. Liegen die Furchungskerne — wie bei den Einfachzwillingen — zu einer
geschlossenen Gruppe zusammengedrängt, so überwöge ihre gegenseitige Drehungstendenz;
sie selbst und die Achsen der von ihnen hervorgerufenen Organisationen ständen parallel.
In dem Maße aber, wie die Kerne sich voneinander entfernten, minderte sich ihr Einfluß,
die abweichende Drehungstendenz der plasmatischen Organisationen käme zur Geltung und
erzwänge endlich bei hinreichend weitem Abstand der Kerne das diametrale Zusammenfallen
der Zwillingsachsen.
So hätte sich denn das dreifache Problem der Widersprüche zwischen den Zwillingskeimen
auf ein einfaches reduziert E s gälte noch einen nicht-regulatorischen Zusammenhang
aufzufinden, der uns erklären würde, warum die Kerne und Sphären dispermer Rieseneier
stets zwei getrennte Gruppen bilden, eventuell zur Zeit der Organisationsentstehung
eigens auseinandergehen, — bei dispermen Einzeleiern aber alles Kern- und Sphärenmaterial
in einer geschlossenen Gruppe beisammen bleibt. D a wir nach früheren Ergebnissen außer
Stande sind, im Protoplasma der Einzel- und Rieseneier primäre Unterschiede von einer so
weittragenden Bedeutung zuzugeben, so kommt als Ursache der zu erklärenden Differenz
eigentlich nur noch dasjenige Moment in Frage, worin die beiderlei Keime sich auf den
ersten Blick unterscheiden: ih r u n g l e i c h e r G e h a l t a n w e i b l i c h e n P r o n u c l e i s .
Während das disperme Einzelei immer nur einen einzigen weiblichen Vorkern besitzt, enthält
ein Riesenei deren mindestens zwei, hat also im Falle der Doppelbefruchtung für jedes
eingedrungene Spermium einen weiblichen Partner bereit. Ist es so ungereimt, hierin den
Gegensatz erblicken zu wollen, der die betreffenden Keime auf ungleiche Bahnen führt?
Ich denke nein. Nehmen wir an, in der normalen Entwickelung bestehe zwischen männlichem
und weiblichem Vorkern wenigstens zeitweilig Attraktion, und zwar eine solche, die
auf irgendwelcher feinen, chemischen Verschiedenheit der beiden Gebilde beruhte, so bliebe
diese Annahme durchaus im Rahmen der Wahrscheinlichkeit: die Vorgeschichte der. beiden
Kerne, wie ihr Verhalten im E i deuten wirklich auf eine derartige Beziehung hin. Aus
dieser einfachen und nichts weniger als gewagten Hypothese aber ergäben sich für den Fall
der Dpppelbefruchtung Konsequenzen, in denen das, was wir brauchen, sogleich enthalten
wäre. Da gemäß unserer Annahme: die Attraktion nur zwischen Vorkernen ungleichen Geschlechtes
wirken soll, so verständen wir, daß die vier Kerne eines disperm befruchteten
Doppeleies sich zu zwei Päärchen zusammenfinden, von denen jedes innig verbunden ist,
aber vom ändern nichts wissen will; wenn dann in der kritischen Zeit die beiden Organisationen,
von je einem Zentrenpaar oder männlichen Pronueleus geweckt, zur Ausbildung
kämen, so trieben sie in der früher dargelegten Weise ihre Organisationsmittelpunkte als
isolierte Fürcbungskerne auseinander. Nicht so im dispermen Einzelei. Auch hier beständen
zwei, Organisationsmittelpunkte, die sich im Moment der Betätigung voneinander zu entfernen
strebten. Allein der einzig vorhandene weibliche Pronueleus hielte beide männlichen
Bewerber und damit zugleich die Zentrenpaare dauernd in einer Gruppe zusammen.
Wenn also später einmal der Nachweis gelingt, daß doppelbefruchtete Einzeleier in
der T a t — wie ich vermute'— echte Zwillinge zu liefern befähigt, also mit doppelter Plasmaorganisation
versehen sind, dann würde der charakteristische Unterschied ihres speziellen
Verhaltens gegenüber dem' dispermer Riesen ohne besondere Mühe und jedenfalls ohne Inanspruchnahme
außernormaler, d. h. regulatorischer Wirkungen erklärbar sein. Und sollte
das deskriptive Problem zugunsten .der anderen Möglichkeit entschieden werden, wonach
ein dispermes Einzelei nur eine einzige Organisation zu Stande brächte, so gälte doch für
ihre nicht-regulatorische Erklärbarkeit genau das gleiche. Von den „Einfachzwillingen“
droht unserem mechanistischen Erklärungsbestreben also in keinem Falle Gefahr.
3.
Endlich darf an dieser Stelle ein Vo rgang aus der Geschichte der doppelbefruchteten
Ascariskeime nicht verschwiegen werden, der mir wirklich rätselhaft geblieben is t : die
ebenso komplizierte als ausgiebige U m o r d n u n g d e r V o r k e r n e b e i u n s e r em D r e i f
a c h z w i l l i n g e , — ein Geschehnis, dessen äußeren Hergang ich im Beschreibenden Teile
(p. 27, T a f. IV, F ig. 44— 48) genau, doch ohne Kommentar, geschildert habe.
Leider gelang es nicht einmal, das deskriptive Wesen dieser Kernverschiebungen mit
einiger Zuverlässigkeit festzustellen. Daß zu den drei weiblichen Vorkernen des Dreifacheies
zwei Spermaelemente getreten waren, und daß die hiernach vorhandenen doppelten
Zentrenpaare gelegentlich der Mitose in den beiden weit getrennten „Furchungskernen“ zur