freien Außenflächen, Solange an den inneren Berührungsflächen überhaupt eine positive
Spannung besteht, würde diese lediglich eine Abrundung jeder einzelnen, Zelle und eine
Trennung des Komplexes bewirken können. Will man also Oberflächenspannung nach Art
des Seifenschaumes als Ursache der dem Plateauschen Prinzip entsprechenden Zellen-
zusammenfügung gelten lassen, so setzt dies unbedingt voraus, d a ß e in e d i e Z e l l e n u m h
ü l l e n d e u n d m i t e i n a n d e r v e r b i n d e n d e , in s i c h z u s a m m e n h ä n g e n d e u n d
h o m o g e n e „ Z w i s c h e n s c h i c h t “ v o r h a n d e n i s t , deren Oberflächenspannung die des
eigentlichen Zellprotoplasma ü b e r t r i f f t . Eine solche Flüssigkeitsschicht würde sich dann
verhalten, wie das Seifenwasser im Seifenschaum, und der Züsammenschluß der Zellen, wie
die Übereinstimmung ihrer Gestalten mit dem Plateauschen Prinzipe wären leicht erklärt
(Fig. H H H i).
Nun kann ja eine flüssige Hüll- und Zwischenschicht von der geforderten Beschaffenheit
bei irgendwelchen Zellkomplexen in der T a t vorhanden sein, ist wohl auch wirklich
hie und da gefunden worden. E s i s t a b e r g e w i ß , d a ß s ie b e i A s c a r i s f e h l t . '
Bei flüchtiger Betrachtung geeignet konservierter Ascariskeime, etwa des zwei- oder
vierzelligen Stadiums, könnte man allerdings zunächst der gegenteiligen Ansicht sein. Man
1 H H H . 2
1 und 2 Schemata von hypothetischen Zell- Stadiums I I ; Alkohol-Essigsäure-Konservierung.
membranen im Stadium II. F eingesprengter Flüssigkeitstropfen.
sieht sehr deutlich — und es ist längst bekannt — , daß nicht nur allé Zellen an ihrer freien
Oberfläche von einer dünnen, doppelkonturierten Hüllschicht umgeben sind, sondern daß
Schichten von ganz der gleichen Lichtbrechung, Struktur und Färbbarkeit zwischen die
Blastomere hereindringen, und sie überall voneinander scheiden. Für unsere F ra g e aber
kommt es darauf an, ob eine solche Zwischenplatte eine in s i c h z u s a m m e n h ä n g e n d e
Lamelle von flüssigem Protoplasma ist, wie die schematische Figur HHH i zur Anschauung
bringt, oder aber nach der A r t der F ig. 2 eine D o p p e l s c h e i b e , in der die beiderseitigen Zellmembranen
sich nur berühren, aber nicht vereinigen. Die schärfere Untersuchung zeigt, daß
das letztere der Fall ist. Schon v a n B e n e d e n u n d N e y t (1887, T a f. I, Fig. 12), B o v e r i
(1888 p. 131), H e r l a (1894 p. 476) haben die Zwischenplatte des zweizeiligen Stadiums als
d o p p e l t e beschrieben und dargestellt. Ich selbst habe mich an mannigfach variierten
Totalpräparaten der Stadien II und IV , sowie an feinen Schnitten von der unbedingten
Richtigkeit dieser Auffassung überzeugen können.
Nun macht man gelegentlich, auch an lebendigen Eiern, die verdächtige Beobachtung,
daß die „Grenzflächen“ der Blastomere, die in der Profilansicht als feine Linieti erscheinen
sollten, auffallend schaff markiert und glänzend sind, — als läge dennoch zwischen den
beiderseitigen Zellmembranen eine besondere, überaus dünne Zwischenschicht, die dann
natürlich durch ihre Oberflächenspannung die Rolle des Seifenwassers im Seifenschaum
übernehmen könnte. Um hierüber Klarheit zu gewinnen, untersucht man zweckmäßig
solches Eiermaterial, bei welchem zwischen den beiden ersten Furchungszellen sich allemal
ein eingesprengter Tropfen derselben Flüssigkeit befindet, die auch den Raum zwischen
Schale und Embryo erfüllt (H e r la 1894; v. E r l a n g e r 1897 p. 43ö) — eine Varietät, die
nicht eben selten ist. Gäbe es nun eine zusammenhängende Zwischenschicht von besonderer
Substanz, so müßte dieselbe an dem linsenförmigen Tröpfchen sichtbar werden, sei es nun,
daß sie frei den kleinen Raum durchspannte, oder einseitig an ihm vorüberzöge. Aber
keins von beidem ist je der F a ll (Fig. JJJ). Sondern der Tropfen erscheint von nichts anderem
ringsum begrenzt, als von der nackten Alveolarschicht, genau so, wie sie überall die
freien Oberflächen bildet. Vermutlich entsteht die glänzende Zwischenzone dadurch, daß
außer dem großen Tropfen noch eine Menge winziger Tröpfchen der den Embryo umspülenden
Flüssigkeit zwischen die Blastomere eingedrungen sind; Fälle, wie sie H e r l a
(1894 p. 479) beschreibt, und ich ebenfalls häufig gesehen habe, wobei eine Schichte
kleinerer, linsenförmiger Einschlüsse, die sich berühren, fast die ganze Breite der Kontaktfläche
erfüllt, bilden zwischen beiden Extremen einen Übergang.
W ir haben damit festgestellt, daß die Furchungszellen von Ascaris keinesfalls durch
zähflüssige, in sich und untereinander zusammenhängende Zwischenschichten verbunden
sind. U n t e r s o l c h e n U m s t ä n d e n a b e r f ä l l t d ie k a u s a l e V e r g l e i c h b a r k e i t m it
e in em S e i f e n s c h a u m h in w e g .
D a nun außer den zweierlei a priori möglichen Faktoren, die wir auf ihre Leistungsfähigkeit
geprüft und als unverwendbar erwiesen haben, andere rein mechanische U r sachen,
der Komplexbildung nicht zu Gebote stehen, s o k a n n d a s - V e r e i n i g t b l e i b e n
d e r A s c a r i s z e l l e n u n d ih r e d i c h t e , p o l y e d r i s c h e Z u s a m m e n f ü g u n g ü b e r h
a u p t k e i n r e i n m e c h a n i s c h e r V o r g a n g s e in : es müssen mindestens zum Teil
physiologische Leistungen der Blastomere dabei eine Rolle spielen.
B. P h y s io lo g is ch e F ak to ren .
1.
Wenn wir sehen, daß eine Gesellschaft anatomisch unabhängiger Blastomere sich
dicht zusammendrängt, ohne durch rein mechanische Gründe hierzu gezwungen zu sein, so
bleibt von vornherein kaum eine andere Deutung übrig, als die, daß zwischen den Zellen
e in e g e g e n s e i t i g e , d u r c h c h em i s c h e R e i z e v e rm i t t e l t e A n z i e h u n g besteht. Die
Annahme einer solchen Geschehensart für Ascaris ist um so weniger gewagt, als R o u x
(1894). bekanntlich im Stande war, an künstlich isolierten Froschblastomeren attraktive
Wechselwirkungen (Cytotropismus) einwandfrei nachzuweisen; eine schöne Entdeckung, die
später R h u m b l e r (1899 p. 77) für Zellen von Triton bestätigt hat. — Nun wäre ja m
dieser für unser gegenwärtiges Problem, wie auch für spätere Fragen überaus wichtigen
Angelegenheit sehr erwünscht, wenn man mit Ascariszellen die R o u x sehen Experimente