Eies, die wir in früheren Kapiteln auf Grund gewisser Spindelstellungen, Dotterverschiebungen
und inäqualer Mitosen erschlossen haben, einfach identisch sein.
Allein so verlockend die hier skizzierte Hypothese ist, - so stehen ihr doch auf anderem
Gebiete schwere Bedenken gegenüber. Wir haben die Teilungsrichtung einer Reihe
von Stufen mit bestem Er folg auf das Vorhandensein einer relativ geringen Summe innerer
Strukturen zurückgeführt, die schon im E i gegeben sind und durch den Klüftungsprozeß
schrittweis auf die folgenden Stadien übergehen; hierdurch gewannen wir zugleich fü r die
auffallende Tatsache, daß viele Spindeln eine geometrisch einfache Beziehung zu Nachbarzellen
erkennen lassen, eine leichte Erklärung. Diese ganze, durchaus befriedigende Lehre
von der Teilungsrichtung geriete nun aber gefährlich ins Wanken, sobald der Epithelbildung
zuliebe behauptet wird, daß jede von den beteiligten Zellen zwischen Geburt und Mitose ihre
primäre Stellung zu den Nachbarinnen durch eine b i s h e r n i c h t b e r ü c k s i c h t i g t e totale
Drehung verändert habe. Zum Beispiel hatte;sich der Umstand, daß die Spindeln der E k to dermzellen
a und a immer genau parallel zu den rückwärtigen Kontaktflächen ,:-a|b>und a\ß
liegen (p. 101), unter der Voraussetzung, die Zellenpaare a und b, a und ß hätten ihre primäre
gegenseitige Stellung beibehalten, sehr einfach aufgeklärt. Vom Standpunkte der hier
geprüften Epithelbildungshypothese aber müßte jetzt angenommen werden, daß a und a, um
ihre ererbten Attraktionszonen in paratangentiale La g e zu bringen, sich nach der Geburt
g e g e n b u n d ß v e r d r e h e n ! Dann wäre das einfache, geometrisch-genaue Richtungsver-
hältnis, das gleichwohl später zwischen den Spindeln von a und a und der La g e jener
Nachbarzellen zum Ausdruck kommt, nicht nur höchst anspruchsvoll in physiologischer Hinsicht,
sondern auch gänzlich unmotiviert: irgend ein morphologischer Zweck dieser kostspieligen
Genauigkeit ist nicht einzusehen. — Und gleiches gälte für andere Spindelstellungen.
Wenn auch natürlich die experimentell erwiesene Lehre von den inneren Richtungsursachen
der Spindelstellung nicht erschüttert würde, so fiele" doch von ihrer Einfachheit
und Klarheit ein großer T e il hinweg. Die Sparsamkeit in der Erklärung der Epithelbildung
schüfe uns an anderer Stelle eine Masse neuer Komplikation; und so wäre denn
die verführerische Hypothese vom Standpunkte der Gesamtformbildung dennoch keine
eigentlich ökonomische'.
Unter solchen Umständen wird folgende andere Erklärungsart konkurrenzfähig. Indem
die Attraktionszonen einer epithelbildenden Zelle — gleichviel von welcher A nfangsstellung
aus — durch einen Drehungsvorgang paratangential eingerichtet werden, gelangt
diejenige Achse,Kzu der das Zonensystem der Zelle symmetrisch ist, in eine zur Epithelfläche
senkrechte, zum Keimganzen radiäre Situation. Diese selbe radiäre L a ge ist aber, wie man
sich wohl erinnert (p. 89), zugleich das Endziel einer anderen A ch se ,1 die sich im Inneren
der Zelle bewegt, nämlich derjenigen als „organische Ach se “ bezeichneten Linie, auf der
die Mittelpunkte des Kernes und der Sphäre gelegen sind. Nach der früheren Hypothese-
über die Herkunft der Zonen hätten beide Drehungsprozesse — außer der Gemeinsamkeit
des Ziels für die bewegten Achsen -^ nichts miteinander zu tun: denn die organische Achse
liegt ja bei der Geburt der Zelle, der Richtung der vorausgegangenen Mitose entsprechend,
paratangential, also s e n k r e c h t zu der als radiär angenommenen Ausgangsstellung der
Zonenachse. Und so müßten die zweierlei Drehungen in jedem F alle nach Richtung wie
Ausmaß völlig verschieden s e in ^ f# eine Vorstellung, die in Anbetracht der schließlichen
Koinzidenz der A chsen als etwas schwerfällig empfunden wird. Um so willkommener ist,
daß unsere neue Hypothese über die Iieirkunft der Attraktionszonen zugleich den Luxus
der doppelten Achsendrehung vermeidet. W ir nehmen an, die Zonen jeder neugebildeten
Epithelzelle se ien .nicht paratangential, sondern s e n k r e c h t zu r E p i t h e l f l ä c h e , und zwar
s y m m e t r i s c h z u r S p in d e l r i e h t u n g d e r v o r a u s g e g a n g e n e n M i t o s e orientiert:
dann fällt die Symmetrieachse der Zonen schon von Geburt an mit der organischen Achse
zusammen; die darauf eintretende Drehung beider Achsen in die Radiärlage könnte, wie
sie äußerlich jetzt gemeinsam von .‘statten geht, auch physiologisch ein und derselbe Vorg
ang sein.
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Schema der Epithelbildung auf Grund von Attraktionszonen, die bei jeder Mitöse symmetrisch zur
Spindelachse neu gebildet werden, p—a Primäre (= Spindel-) Achse. Die Pfeile deuten die
Drehung der Primärachsen an.
D er Nachteil dieser Hypothese gegenüber der früheren liegt offenbar darin, daß die
Z o n a l nicht mehr von: jeder; Mutterzelle a i j j i ih ä j ö c h t e r einfach übergehen, sondern neu
an jeder jungen Zelle entstehen müssen. Aber hi^j^RlS immerhin zu Gunsten unserer A n nahme
ins Gewicht, daß ja die neugeborene Z ^ ^ ^ r fzn o ffe n s lfh tlich e in^ zu r organischen
Achse symmetrisAefälmgleichpeäige Anisotropie besitzt., die durch Vermittelung der die
Strahlenfigur bewirkenden Kräfte leicht auf die: Zelloberfiäche übergreifen und dort ein
» s t e m von Attraktionszonen, wie wir iB f e i rauchen. hervorrufen konnte. Warum sohle nicht
z. B . adie eytotaktische Anziehungskraft an der Oberfläche unmittelbar von der größeren
oder geringeren Entfernung der. stark exzentrisch gelegenen Sphäre abhängig sein?::
Dann aber H f j ln d djts is tp f jfw ic h t ig s t e — ^ 'jS r s p a r tM ld i f neue Hypothese die
Notwendigkeit, unsere wohlbegründete Auffassung von der Kausalität vieler Spindelstellungen
preiszugeben. Denn wenn die Attraktionpionen der Zell Oberfläche mit der im Inneren ver-
schiebbaren „organischen Achse“ ursächlich verbunden sind, so wird vielleicht das ganze
System f l Achse, und Zonen — sich drehen können, o h n e d a ß d i e H a u p tm a s s e d e r
Z e l l e d a s p r im ä r e G e i i c h to t s e in i h r e r i n n e r e n ' » r u k t u r u n d d e r e n B e z
i e h u n g e n zu N ä c h b a r z e l l e n v e r l i e r e n m ü ß t | f | W ir hätten den Mechanismus,
dessen die E p ithe lb ild u n g jg d a r f ; ab eif'-'er''störte die von iMÄ ngenommenen Apparate der
typischen Teilungsrichtung nicht in ihrer Wirksamkeit.
W ie dem auch sei; es hat g e h jedenfalls in diesem Kapitel gezeigt, daß diejenigen
Blastomere, die in der normalen Ontogenesij? das Epithel erbauen h e l f e g a u f G r u n d
e in e r a n g e b o r e n em / D i f f e r e n z i e r u n g , d ie d e n ü b r i g e n Z e l l e n f e h l t , zu ih r e r
b e s o n d e r e n T ä t i g k e i t b e f ä h i g t u n d g e z w u n g e n s in d . p ie | |Jm g e b u n g der ein