Unterstützung aus den Mitteln der oben genannten Gesellschaft und des zoologischen Institutes
zu Marburg verschaffte. Ich hoffte auf dieser Reise das von meinem Studiengenossen Herrn
K. H e id e r i c h und mir im Lau fe des Sommers und Winters 1901 bei Collembolen mit E r folg
angewandte Z e n c k e r s c h e Konservierungsmittel auch bei Koenenia verwenden zu können,
und meine Hoffnung ist in vollem Umfange in Erfüllung gegangen. Der Wunsch aber, ich
könnte diesmal vielleicht m ä n n l i c h e Koenenien erbeuten, die G r a s s i , H a n s e n und mir
bisher entgangen waren, blieb nur ein Wunsch.
Hatte ich nun ursprünglich im Sinn, eine monographische Darstellung der Morphologie
und Anatomie von Koenenia unter eingehender Berücksichtigung der Pedipalpen auszuarbeiten,
so trat doch bei weiterem Fortschreiten meiner Untersuchungen gerade Koenenia mehr und
mehr aus dem Vordergrund des Interesses heraus, und als ich erst erkannt hatte, daß wir
in ihr nur einen sehr spezialisierten Typus der Pedipalpen besitzen, war es mir ein Erfordernis,
einer Beschreibung der Morphologie und Anatomie der g a n z e n G r u p p e d e r G e i ß e l s
p in n e n das alte engere Thema zu opfern.
Diese neue Aufgabe erschöpfend zu lösen, ist mir aber begreiflicherweise nicht annähernd
gelungen. Einmal setzte der beschränkte Umfang und bisweilen nur minderwertige
Erhaltungszustand meiner Untersuchungsobjekte einem solchen Ziel ein erhebliches Hindernis
in den W e g , dann gebrach es mir auch an der Zeit, alle Kapitel derselben in der gleichen
W e ise auszuführen, und es galt mir deshalb als erstes Prinzip, überall wenigstens die wichtigsten
Punkte, soweit ich sie klarzustellen vermochte, herauszugreifen und zur Darstellung zu bringen.
Wem es vergönnt sein wird, an lebenden und lebend frischen Pedipalpen Untersuchungen
anstellen zu können, der wird unsere Kenntnisse über die Anatomie und manche biologische
Fragen dieser höchst interessanten Tiere noch um vieles bereichern.
Es sei mir gestattet, die Hauptresultate meiner Untersuchungen hier bereits vorwegzunehmen;
dieselben sind in der Reihenfolge der behandelten Kapitel :
1) Der Nachweis der völlig gleichen Gliederung des Carapax bei Palpigraden und
Schizonotiden.
■ 2) Die Auffindung eines mutmaßlichen. Restes des einen, bei den lipoctenen Arachniden
bisher vermißten, der 13 opisthosomalen Segmente der Scorpione und Merostomen zwischen
dem 9. und 10. Leibessegment der Thelyphoniden (cf. pg. 40).
3) Die Begrenzung der Reduktionszone der Hinterleibsringe der Palpigraden von 12
zu 1 1 auf das 7. und 8. Segment von Koenenia.
4) Der Nachweis einer trotz zahlreicher Verschiedenheiten weitgehenden Übereinstimmung
in der Gliederung des 2.— 6. prosomalen Beinpaares aller PedipalpenKertreter im
Hinblick auf andere Arachniden.
5) Die Wahrscheinlichkeit einer Regenerationsfähigkeit des Flagellums bei Koenenien
und Thelyphoniden.
6) Der genetische Zusammenhang zwischen gewöhnlichen Hautporen (Porenkanälen) und
Spaltorganen (lyriform Organs) bei Pedipalpen und folglich allen Arachniden (und auch Ateloceraten).
7) Die Auffindung einer sehr ursprünglichen Form des prosomalen Entosternums bei
Trithyreus cambridgei (Thor.).
8) Die Vorwärts Verschiebung der ventralen Insertionspunkte des 1. (Koenenia) oder der
ersten beiden (übrige Pedipalpen) Dorsoventralmuskelpaare des Opisthosoma um je 1 Segment,
resp. vom 1. Urosternit auf die Hinterfläche des prosomalen Entosternums und die Unhaltbarkeit
einiger theoretischer Anschauungen P o c o c k s über die dorsalen Apophysen des
Entosternums der Thelyphoniden.
9) Die Auffindung eines Hinterleibsganglions von gleicher L a g e wie bei Koenenia auch
bei Trithyreus; zweier Paare von Coxaldrüsennerven, die vom Unterschlundganglion abgehen,
bei Thelyphoniden und Tarantuliden] einer Variation in der Innervierung der vorderen Hinterleibsringe,
bei gleichzeitig vorhandener Asymmetrie, b e i den Thelyphoniden und der Nachweis
der Unhaltbarkeit der Anschauungen P o c o c k s über die opisthosomale Nervenkette der
megoperculaten Arachniden.
10) Der Nachweis je eines einfachen prosomalen Mitteldarmdivertikelpaares bei Koenenia
und Trithyreus und die Ableitung der prosomalen Mitteldarmdivertikel der anderen Pedipalpen
aus jener F o rm, ferner die Deutung dieser Divertikel zufolge des Vorhandenseins starker
Muskularisschichten als ein die Schlundpumpen unterstützender Saugmagen.
11) Die Durchführung einer Homologisierung der opisthosomalen Darmdivertikel bei
den 4 Typ en der Pedipalpen und die Annahme von ursprünglich 8 Divertikelpaaren bei den
lipoctenen Arachniden.
1.2) Die Auffassung der Stinkdrüsen der Thelyphoniden als Analdrüsen.
13) Die Annahme eines Zusammenhanges zwischen den prosomalen Coxaldrüsen und
den opisthosomalen Malpighischen Gefäßen in ihrer relativen Ausdehnung; beim Fehlen der
letzteren wachsen jene bis in den Hinterleib hinein (Koenenia).
14) Die Auffindung von 3 hinter einander gelegenen Abschnitten in der Coxaldrüse
von Koenenia.
15) Der Nachweis der Coxaldrüsenöffnungen an der Innenseite der Basis der Coxen
der 3. Extremität bei allen Pedipalpen.
16) Der Nachweis einer (sekundären) Verlagerung der ursprünglich horizontal gelagerten
Lungenblätter bei den Pedipalpen (und den meisten anderen Arachniden) und die Erklärung
der zahlreichen Haarbildungen der äußeren und inneren Luftkammern der Arachnidenlungen
(und Tracheen) als ein Luftverdichtungsapparat (im Anschluß an die von G. E n d e r l e in bei
GastridenXaxven gewonnenen Resultate [1899]).
17) Die Auffindung eines Paares ausstülpbarer Ventralsäckchen im 2. Lungensegment
bei einigen Tarantuliden, ihre Gleichwertigkeit mit den „ lu n g b o o k s “ der Koenenia wheelen
Ruclcer und K . ch ilen sisH. J. H., und der Nachweis, daß sie genetisch nichts mit den echten
Lungen zu tun haben (ob sie Coxalorgane sind, wie jene der Ateloceraten, blieb unentschieden).
18) Die Auffindung eines Herzens bei Koenenia.
19) Die Zurückführung des Baues der Geschlechtsorgane der 4 Pedipalpen-Typen auf
ein sehr einfaches Schema und die Anwendung desselben auf beide Geschlechter mit nur
nebensächlichen Modifikationen (Receptacula seminis nur bei den Uropygi [auch Koenenia
wheeleri}\ Samenblasen nur bei den Thelyphoniden \Koenenia und Trithyreus ?]).
20) Der Nachweis von 2 Paaren ursprünglich selbständiger Dorsalschläuche des Samen-
reservoires der Thelyphoniden, die erst sekundär mit einander anastomosieren.
21) Der Nachweis von normalerweise 1 Paar von G o n o p o d e n bei gj
(exclusive Thelyphoniden 9 ), die dem Uterus externus angehören, zu denen sich bekanntlich
nur bei Koenenia ein 2. Paar am Postgenitalsegment gesellt; die Gonopoden wirken bei den