herbeigeführt. Und damit wären wir der unsympathischen Verpflichtung leidig, schon für
das E i eine kreuzweise Verwerfung der Hauptachsen änzunehmen.
Allein dieser kleine Nachtrag zur Theorie der frühesten Verschiebungen offenbart erst
dadurch seinen ganzen ökonomischen Wert, daß er uns zugleich fü r die noch immer rätselhafte
harmonische Stellungsvariabilität der asymmetrischen und der dorsiventrälen Differenzierungen
des T-Stammes eine zwanglose Erklärung liefert. W ir sagten uns zuletzt, die
Seltsamkeit dieser Harmonie verschwände, sobald wir glaubhaft machen könnten, daß der
T-Stamm sich bei der Hälfte aller Fälle um i8ö° in töto um seine Achse dreht. Nun wohl,
unsere jetzige Ansicht vom Gang der Dinge schließt zwar die geförderte halbe Umdrehung
als solche nicht ein, führt aber fast notwendig zu der Folgerung, daß ein im E f f e k t mit
jener identisches Geschehnis wirklich vorhanden ist.
D a es sich bei der ersten, vorbereitenden Kreuzung der Medianebene lediglich darum
handelt, die hintere (morphologisch gesprochen dorsale) Fläche der unteren Keimeshälfte
„nach der Flanke“ zu drehen, die R i c h t u n g aber, in der diese rechtwinklige Dislokation
geschieht, vollkommen gleichgültig ist, so wird die Entscheidung darüber schon aus Gründen
der Sparsamkeit dem Zufall, d. h. winzigen und ganz und g a r atypischen Differenzen von
E i zu Ei, überlassen sein. D i e e r s t e h o r i z o n t a l e D r e h u n g e r f o l g t a l s o t e i l s n a c h
l in k s , t e i l s n a c h r e c h t s ; e s w i r d T - f ö rm i g e V i e r z e l l e n s t a d i e n g e b e n , b e i
d e n e n d ie D o r s a l s t r u k t u r an d e r l i n k e n F l a n k e , d i e L i n k s s t r u k t u r k o p f -
w ä r t s g e l e g e n i s t , u n d . s o l c h e m it d i a m e t r a l , e n t g e g e n g e s e t z t e r L a g e b e id e r
D i f f e r e n z i e r u n g e n . Das numerische Verhältnis dieser beiden Varianten aber gestaltet
sich nach den Gesetzen der Wahrscheinlichkeit wie i : i . Quod erat demonstrandum.
Jetzt erst überblicken wir ganz die kleine Szene, die sich an der Schwelle der Ascaris-
entwickelung wie ein Probestück der kommenden Erstaunlichkeiten so auffällig präsentiert.
Wohl hat sich die Dislokation der unteren Keimeshälfte gegen die obere d e s k r ip t i v als
etwas komplizierter herausgestellt, als äußerlich zu erkennen ist; in teleologischer Hinsicht
aber wie auch in kausaler erscheint uns der. Hergang, seit wir ihn gut begreifen, so einfach
und natürlich, daß ich mich hinterdrein fast wundere, ziemlich viele Zeit und Mühe
zu seiner erschöpfenden Darstellung gebraucht zu haben.
Die untere Keimeshälfte hat zunächst den Spezialauftrag, im T-förmigen Vierzellen-
städium seitwärts aus der Medianebene auszubrechen, damit Raum für die bevorstehende
Überführung! des T-Stammes in Horizoütalläge geschaffen wird. Zu diesem Zwecke sind
zweierlei Mittel vorgesehen: erstens axiale Verlängerung der ventralen Zellen, was in der
engen Kugelschale fast notwendig zu einem Ausgleiten aus der T Ebene führen muß;
zweitens hakenförmige Biegung der Zelle EM S t nach der Seite. Ungünstigerweise liegt aber
die strukturell begründete Biegungsfähigkeit der Familie just in der Richtung der Mittel-
ebene, äus der sie doch hinausführen sollte. Was geschieht ? D ie untere Keimeshälfte rötieft
einige Zeit vor dem gestellten Termin als Ganzes nach irgend einer Flanke hin, führt daselbst
programmgemäß ih r Kunststück aus und dreht sich wieder zurück. Ungefähr, wie' ein
Mensch sich in Positur setzt, um eine Arbeit unter zweckmäßigster Verwendung seiner
Kräfte vorzunehmen. Inzwischen wird dann — bald etwas früher, bald später beginnend -
die möglich gewordene horizontale Umlegung des T-Stammes aüsgeführt.
Die Mechanismen aber, die solche Bewegungen vermitteln können, sind folgende.
Die zweimalige entgegengesetzte Rotation wird dadurch ermöglicht, daß die Ventralfamilie
zwei aufrechtstehende, miteinander gekreuzte Schichtsysteme enthalt, die successive mit der
Medianschichtung des Ektoderms in chemotaktische Wechselwirkung treten. Nachdem von
Haus aus im ganzen Keim Gleichsinnigkeit der medianen und bilateralen Strukturen bestanden
hatte, wird auf einer früheren Stufe das untere quergelagerte System plötzlich
aktiv iert: horizontale Drehung der ventralen Keimeshälfte um 90°, und zwar beliebig links-
oder rechtsherum, ist die Folge. Nach einer von anderen Vorgängen ausgefüllten Pause
wechselt dann die chemotaktische Stimmung dieser Schichten zum zweiten Male. Das transversale
Schichtsystem der Ventralfamilie, das sich die La ge in der Mittelebene erzwungen
und damit eine Verwirrung der Längs- und Querachsen angerichtet hatte, wird indifferent;
das untere mediane System aber strebt jetzt seinerseits nach Ausgleich mit dem oberen, und
die rückläufige Rotation, die alles wieder in Ordnung bringt, wird eingeleitet. — Für die
aktive Längsstreckung seiner Zellen bedient sich der T-Stamm der Axialstruktur. Die seitliche
Krümmung von EM St beruht auf der „dorsiventrälen“ , zur kritischen Zeit allerdings
quer gelagerten Plasmadifferenzierung. Endlich bewirkt ein transversales, von vorn nach
hinten differenziertes Schichtsystem der oberen Hälfte in Wechselwirkung mit einem entsprechenden,
aber anfangs horizontal gelagerten System des T-Stammes die schwanzwärts
gerichtete pendelnde Überführung des letzteren in die Horizontalebene.