g e h e n d e V e r d o p p e lu n g j e n e r M a n n i g f a l t i g k e i t e b e n n i c h t m ö g l i c h is t . Da^
mit aber wäre uns nicht gedient. Nur durch den Nachweis einer s e lb s t ä n d i g e n O r g
a n i s a t i o n s v e r d o p p e l u n g wäre neues Licht auf unsere F ra g e nach dem Sitz der
Differenzierungsgründe geworfen worden.
Nach alledem lautet unser Urteil über den analytischen W e rt der Einfachzwillinge für
das Lokalisationsproblem durchaus negativ. Ihr von B o v e r i entdeckter Ursprung aus vier-
polig verkoppelten Mitosen, der so ungemein wichtige Aufschlüsse zu versprechen, schien, ist
in Wirklichkeit ohne entscheidende Bedeutung. Und aus der A r t ihrer Fortentwickelung
über das zweimal-zweizellige Stadium hinaus lä ß t sich soweit die bisherige Kenntnis
reicht nichts greifbares entnehmen.
C. Die Riesenzwillinge.
1.
Unter diesen Umständen darf und muß ein Material in den Kreis der Betrachtung
hereingezogen werden, das diejenigen analytischen Eigenschaften, die wir an den Einfachzwillingen
so sehr vermissen, zwar vollauf besitzt, das aber seinerseits mit einem nicht unbedenklichen
Mangel behaftet ist. E s handelt sich um die früher (i 898 b) von mir beschriebenen,
aus doppelbefruchteten Rieseneiern hervorgehenden „Riesenzwillinge“ .
Beginnen wir — captatio benevolentiae B - mit den V o r z ü g e n unseres Materials,
so lassen die Riesenzwillinge nicht den geringsten Zweifel darüber, d a ß h i e r d ie g a n z e ,
d r e id im e n s io n a l d i f f e r e n z i e r t e P l a sm a o r g a n i s a t i o n n o c h v o r d em A b s c h lu ß
d e r D o p p e lm i t o s e in Z w e i z a h l u n d r ä u m l i c h e r S o n d e r u n g v o r h a n d e n is t.
Das folgt zunächst aus dem StellungsVerhältnisse der Zwillingsachsen. Gleichsinnig-
p a r a l l e l a c h s i g e Orientierung der neugeborenen Individuen, wie sie bei Einfachzwillingen
öfter, vielleicht sogar immer gefunden wird, kommt bei Riesenzwillirigen nicht oder doch nur
selten vor. In allen von mir gesehenen Fällen wenigstens bildeten die Dorsiventralachsen der
Riesenzwillinge entweder unter Wahrung
der Gleichsinnigkeit ihrer Aufstellung — starke
Winkel miteinander: so z. B. bei dem Dreifachzwilling,
der im Beschreibenden Teile dieses
Werkes geschildert ist; oder die Achsen der
Individuen lagen in einer Flucht, aber entgegengesetzt,
so daß die Brüder mittiihren
dorsalen Zellen A B oder den ventralen P x zusammenhingen
(Fig. V V V V ) — ein Zustand,
der sich offenbar als extreme Achsendivergenz
7 18 R RI o* o w t t vr • I gleichsinnig gerichteter Individuen Zweifachzwilling im Stadium 2x 11. Konserviert. . 0 0 verstehen
ließe .
Schon allein die Tatsache, daß derartig orientierte und dabei typisch geformte Zwillinge
aus der Mitose des Rieseneies u nm itte lb a r^ - denn von dem Einwande nachträglicher
Achsenverschiebung ist hier keine Rede - hervorgehen können, setzt eine vom Typus abweichende
Gruppierung gewisser Organisationsbestandteile im Riesenei voraus: unmöglich
kann doch die vorschriftsmäßige Differenz je zweier Zellen und die Ungleichheit ihres
Dottergehaltes u n t e r d e r H e r r s c h a f t d e r n o rm a le n E i o r g a n i s a t i o n , wie bei den
Einfachzwillingen, zu Stande gekommen sein. Unser Dreifachzwilling bewies das ad oculus.
Vor seiner ersten Teilung hatte die Dotterwolke sich nicht, wie beim normalen Ei, an einem
Pole, sondern genau in der Mitte des Plasmaleibes zusammengezogen (Taf. IV, Fig. 48):
entsprechend war natürlich auch die plasmatische U r s a c h e der Dotterverschiebung und
ebenso die der ungleichen Zellengröße lokalisiert. — Nun lehrt die Geschichte solcher
Riesenzwillinge des weiteren, daß ihre beiden ventralen Blastomere sich vorschriftsmäßig in
der Richtung der individuellen Längsachse teilen und überhaupt durch mehrere Stadien zur
typischen Fortentwickelung befähigt sind. D a n n m u ß im R i e s e n e i d i e h ie r z u n ö t ig e
P l a sm a o r g a n i s a t i o n , d .h . d ie s t r u k t u r e l l e H e r v o r h e b u n g d e r L ä n g s a c h s e
u n d e in e A n z a h l d o r s i v e n t r a l e r D i f f e r e n z i e r u n g e n d o p p e l t , n äm l i c h b e id e r s
e i t s d e r k ü n f t i g e n Z w i l l i n g s s c h e id e w a n d in d i v e r g e n t e r o d e r d i a m e t r a l e r
L a g e v o r h a n d e n g e w e s e n s e in .
Um aber behaupten zu können, daß wirklich der gesamte am typischen Determinationsprozeß
beteiligte Plasmabau auf beide Zwillingsbrüder übergehe, bedarf es höherer Stadien.
W ir müssen zum mindesten erfahren, ob a u c h d a s p r im ä r e E k t o d e rm eines jeden Individuums
durch völlig typischen Verlauf seiner Entwickelung das beiderseitige Vorhandensein
der, dazu erforderlichen circumaxialen Organisation dokumentiert. Und auch zu dieser entscheidenden
Auskunft verhelfen uns die Riesenzwillinge. Zwar macht sieh bei ihnen der
Übelstand gestörter Konfiguration, den eine innige und dauernde Verlötung zur Fo lge haben
muß, nicht minder geltend, als bei den Einfachzwillingen: liegt das Ektoderm im Bereich
der Kontaktstelle, so schiebt es seine Zellen ebenso regellos wie dort durcheinander; liegt
es frei, so erschwert und vereitelt die T-riesenärtige Entwickelung das Kontrollieren der
Genealogie. A ber die doppelbefruchteten Riesenkeime haben ein anderes, recht elegantes
Mittel, uns zu überzeugen, daß jedes ihrer Zwillingskinder die ganze Eiorganisation ohne
Abzug mitbekommt. W ie schon aus früheren Andeutungen zu entnehmen ist, liegen der
simultanen Aufteilung eines doppelbefruchteten Rieseneies regelmäßig zwei völlig getrennte
Spindelfiguren zugrunde, zwischen denen das Plasma —• meist vor der Vollendung der
beiderseitigen Mitosen — durchschnitten wird, ohne daß Chromosome daran beteiligt wären.
Dieser rein plasmatische Trennungsvorgang führt nun gelegentlich aus irgend welchen, nicht
sicher bekannten Gründen, vielleicht weil die Riesenschale besonders stark eingeschnürt, oder
der Abstand zwischen den Chromosomengruppen von Anfang an ein ungewöhnlich großer
war, zur vollkommenen Loslösung der beiderseitigen Plasmabezirke (Fig. W W W W , p. 286).
D i e s o e n t s t a n d e n e n i s o l i e r t e n , d em s t ö r e n d e n E i n f l ü s s e e i n e s K o n t a k t v
e r h ä l t n i s s e s e n t z o g e n e n E i n z e l k e im e s in d , w i e s i c h b e h a u p t e n l ä ß t ,
k o m p l e t e n tw i c k e lu n g s f ä h i g . Zwar wurde in den vier Fällen, die ich lebend fand und
längere Zeit beobachten konnte, meine Hoffnung, zuguterletzt zwei fertige Zwillingswürmchen
in der gemeinsamen Riesenschale umherkriechen zu sehen, allemal durch den vorzeitigen
Tod der Keime vereitelt: es scheint, daß die primäre Zerreißung des Plasmakörpers doch
einen dauernden Nachteil, vielleicht eine Wunde der Oberflächenschicht zur Fo lge hat (vgl.
F ig. W W W W 2), woran die Embryonen früher oder später sterben. Aber das schadet nichts.