für den Bereich des primären Ektoderms noch zu -verbleiben schien, gleich im ersten, analysierbaren
Falle zerstört. Und so gewinnt de r Gedanke Raum, daß auch auf späteren
Stufen die DislokationsVorgänge ektodermaler Zellen, die durchaus ähnlich verlaufen, einer
experimentellen Analyse jedoch bisher nicht zugänglich gewesen sind, auf anisotroper Reiztätigkeit
beruhen könnten.
Nach alledem ergibt eine Übersicht über die selbstordnenden Mechanismen des
Ascariskeimes jetzt folgendes Bild. Isotrop-chemotaktische Wechselwirkung zwischen entfernten
Zellen spielt — im Gegensatz zu meiner früheren, noch allzu einfachen Vorstellung —
höchstens eine bescheidene, vielleicht ga r keine Rolle; F ü r w e i t a u s d ie m e i s t e n , s i c h e r
fü r a l l e g e n ü g e n d s c h a r f a n a l y s i e r t e n F ä l l e s in d a n i s o t r o p - c h e m o t a k t i s c h e
M e c h a n i sm e n , u n d zw a r f a s t im m e r s o l c h e , d i e z w i s c h e n N a c h b a r z e l l e n
w i r k e n , e r f o r d e r l i c h . Eine Notwendigkeit, rein interne Mechanismen der Selbstordnung
anzunehmen, ist, wie sich erwarten ließ, nirgends hervorgetreten.
Und jetzt betrachten wir den Versuch, in die speziellere Beschaffenheit der anisotropchemotaktischen
Vorgänge und der von ihnen benötigten Strukturen einen Einblick zu g e winnen,
als unsere nächste Aufgabe.
£. Spezielles über die sebstordnenden Mechanismen.
E s wurde vorhin (Fig. Y Y Y p.209) in rein schematischerWeise, nur um ein Muster für das
Wesen anisotroper Reizvorgänge zu geben, die Möglichkeit angedeutet, daß die wandernde
Zelle P2 deshalb in ihre typische median-kaudale Situation gelangen könnte, weil sie nicht von
der ganzen Zelle B, sondern eben nur von einem b e s c h r ä n k t e n , in G r ö ß e u n d L a g e d e r
s p ä t e r e n K o n t a k t f l ä c h e e n t s p r e c h e n d e n A r e a l derselben angezogen wird. Diese
Schema der Ineinanderschiebung zweier Zellenreihen.
1 vor, 2 nach der Verschiebung.
Vorstellung ließe sich a priori auf alle Fälle von spezialisierter Selbstordnung, auch solche
mit beiderseitiger Anisotropie, übertrag en: wenn allemal die beteiligten Blastomere mit denjenigen
Stellen ihrer Leiber, d i e n a c h d em t y p i s c h e n P l a n e zu B e r ü h r u n g s f
l ä c h e n b e s t im m t s in d , und n u r mit diesen attraktiv aufeinander wirken, so ist das
Zustandekommen der typischen Konfiguration natürlich garantiert. Denken wir zum Beispiel
an die in F ig. A A A A schematisch dargestellte Ineinanderschiebung zweier Zellenreihen:
hier brauchte nur zwischen den horizontalen, durch breite Striche hervorgehobenen Flächen
der linken Kolonne (Fig. A A A A 1) und den punktierten Bezirken der rechten Attraktion zu
bestehen, so führte das Streben der beiderseitigen Areale nach vollständigem Kontakt zur
Einreihigkeit.
Das klingt für den einzelnen Fall vielleicht sparsam genug. Bedenken wir aber den
nötig werdenden Gesamtaufwand, und setzen wir vor allem auch die Frage nach der onto-
genetischen H e r k u n f t derartig präformierter Kontaktstellen in die Berechnung ein, so verliert
die Hypothese sehr an ökonomischem Werte. E s müßten da auf den verschiedenen
Entwickelungsstufen eine Masse separater, ad hoc geschaffener Einzelmechanismen vorhanden
sein. Und diese Mechanismen wären — mindestens soweit die betreffenden Ereignisse
durch ihre Wiederkehr bei T-Riesen ihre genetische Unabhängigkeit von der Konfiguration
des Keimes erwiesen haben — ,' schon im E i auf irgend eine Weise gesondert
vorbereitet. In allen Fällen aber wäre das richtige Auftreten der Attraktionsareale an
den planmäßigen Stellen schwierig und kompliziert. — Versuchen wir darum, ob nicht auf
anderem W eg e eine gewisse Vereinheitlichung und Vereinfachung der selbstordnenden
Mechanismen, womöglich unter Zuhilfenahme b e r e i t # n a c h g e w i e s e n e r S t r u k t u r e n
sich erreichen läßt.
a. Selbstordnungsmechanismen der Ventralfamilie.
1.
Wir wählen die Vorgänge des aktiven V e r h a r r e n s in m e d i a n - b i l a t e r a l e r
G r u p p i e r u n g als zweckmäßigen Ausgangspunkt für unsere Analyse. Die Zellen, die hieran
beteiligt sind, unterscheiden sich von allen übrigen dadurch, daß der chemotaktisch wirksame
Bezirk ihrer Oberfläche nicht, wie bei jenen, die Form einer rund begrenzten „Kalotte“ besitzen
könnte, die nach La ge und Umfang der wirklich gebildeten Kontaktfläche unmittelbar entspricht.
Vielmehr müßte das kontaktfähige Areal, da unsere Zellen in der Richtung der
Medianebene aneinander zu g l e i t e n vermögen, vor allen Dingen in dieser selben Richtung
a u s g e d e h n t e r , z: B. bandförmig sein. Aber das allein genügte noch nicht. Denken wir uns
eine Zelle mit einer solchen attraktiv wirksamen Zone ausgestattet, die den Zellleib in der Richtung
seiner primären Medianebene ganz umgreift, so könnte diese Zelle an einer ändern, mit
der sie auf Grund ihrer Attraktionszone zusammenhängt, sich gleitend oder rotierend dahinbewegen,
ohne daß das geometrische — nämlich senkrechte Verhältnis zwischen der
B B B B .
Schema zweier Zellen, von denen die eine durch ein
medianes Attralctionsband von der Breite der Kontaktfläche
an der anderen haftet.
Kontaktfläche und der primären Medianebene unserer Zelle sich änderte (Fig. BBBB). Und
wenn die zweite Zelle denselben Mechanismus besitzt, so gilt für sie das g le ich e : die kreisförmige
Kontaktfläche. gehörte dann b e i d e r s e i t s einer Attraktiönszohe an und stände
hüben wie drüben dauernd senkrecht zur primären Medianebene. Aber es ist klar, daß ein
solcher Mechanismus die beiden Zellen nicht hindern würde, sich auf der gemeinsamen B e rührungsfläche
g e g e n e i n a n d e r zu d r e h e n : e in e K o i n z i d e n z b e i d e r M e d i a n