C. Parätangentiale und der Primärachse gleichsinnige Teilung.
Nachdem das Vorhandensein einer der Zelle angeborenen median - symmetrischen
Differenzierung schon für eine Anzahl zur Primärachse quergerichteter Mitosen nachgewiesen
worden ist, bei denen wir auf Grund der normalen Verhältnisse mit einer rein axialen Struktur
auszukommen vermeint hatten, ist natürlich die von uns auf gestellte, nach der Komplikationshöhe
geordnete Stufenfolge der Reizmechanismen nicht mehr viel wert. W ir sahen uns
durch die normale Beobachtung genötigt, den Zellen mit g l e i c h s i n n i g - p a r a t a n g e n t i a l e r
Teilungsweise zum ersten Mal eine strukturell hervorgehobene E b e n e zuzuschreiben. A ber
unser damaliges, methodologisch sehr begründetes Widerstreben ist mittlerweile durch die
Ergebnisse des vorigen Abschnittes überholt. Für die wirkliche Existenz der erschlossenen
Struktur verlangen wir jetzt kaum noch Beweise und versprechen uns von der Analyse
dieser Kategorie von Teilungen weiter nichts, als immer neue Bestätigungen unserer allgemeinen
Hypothese der inneren Reizverhältnisse. — Vielleicht finden wir dennoch etwas mehr.
E und P3.
1.
Wenn wir uns vorstellen, die normale, „gleichsinnige“ Spindelstellung der Zellen E
und P3 ergebe sich physiologisch aus der Durchschnittslinie der Päratangentialebene mit der
im Zellleib differenzierten Medianebene, so hält diese Annahme auch bei den T-Riesen —
von unkontrollierbaren Fällen nach Art des auf T a f. II, Fig. 15 dargestellten natürlich wieder
abgesehen — immer stand. A u s n a h m e l o s l i e g e n d ie S p in d e ln d e r b e id e n Z e l l e n
in j e n e r E b e n e , d ie w e n i g s t e n s fü r d ie v e n t r a l e Z e l l f a m i l i e d e r R ie ise n -
k e im e d ie M e d i a n r i c h t u n g zum A u s d r u c k b r i n g t ; aber die s p e z i e l l e S p in d e l -
S t e l lu n g in n e r h a lb d e r E b e n e s c h w a n k t voraussetzungsgemäß je nach der Form der
Zelle, d. h. j e n a c h d e r L a g e d e r o r g a n i s c h e n A c h s e . •
Ein ausgezeichnetes Beispiel, das wir statt aller übrigen betrachten wollen, liefert die
Teilung von P3 beim Musterriesen des I. Typus (Taf. I, F ig. 4— 5? weiß). Die Form der
Zelle und die La g e ihrer organischen Achse sind infolge des atypischen Emporgleitens der
Schwanzzelle stark abnorm. Andererseits , ist nicht mit Bestimmtheit zu sagen, ob die
Primärachse von P3 der wandernden Schwanzzelle bis zuletzt gefolgt ist, so daß sie nach
wie vor senkrecht auf der schwesterlichen Kontaktfläche steht, oder ob etwa die beiden
Zellen sich gegeneinander atypisch verschoben haben. Allein diese Ungewißheit schadet
nichts. Da nämlich weder P 3 noch C zu irgend einer Zeit von der Mediänrichtung ab gewichen,
auch alle ihre Berührungsflächen immer genau senkrecht zu jener Richtung g e blieben
sind, so ist die Möglichkeit, daß P 3 sich seitlich verdreht haben könnte, mechanisch
auszuschließen. Wie also auch die Primärachse unserer Zelle zur Zeit der Teilung gerichtet
gewesen sein m ag: jedenfalls la g ihre primäre M e d ia n e b en e immer noch „median“ ; und
ihre organische Achse desgleichen. Die Spindel aber stand im Einklang mit unserer Hypothese
sehr genau median und paratangential.
2.
Wenn wir somit die Frage, ob der für diese Kategorie von Teilungen von uns erdachte
einfachste Reizmechanismus unter allen Umständen genügt, mit bestem Gewissen
bejahen dürfen, so gilt dies nicht zugleich für unsere früheren Vermutungen ü b e r d i e
H e r k u n f t der geforderten medianen Struktur. Die normalen Verhältnisse gestatteten die
besonders sparsame Hypothese, daß im Plasma von E , P3 und anderen Zellen die Differenzierung
einer besonderen E b e n e erst durch die postmitotische, in der betreffenden Ebene
vollzogene Wanderung der organischen Achse geschaffen worden sei. Diese Spezialannahme,
die sich auf die strukturelle Median-Symmetrie der Zellen A , B und C freilich schon nicht
anwenden ließ, stößt nun auch für E und P3 der T-Riesen auf unüberwindliche Schwierigkeit.
Und zwar aus doppeltem Grunde.
Zunächst ist die ä u ß e r e S ym m e t r i e d e r Z e l l g e s t a l t bei T-Riesen oft eine andere
oder eine weniger ausgeprägte, als in der normalen Entwickelung, und dementsprechend die
Garantie, daß Kern und Sphäre auf ihrem W e g e nach der „Formachse“ auch wirklich die primärmediane
Ebene auffinden und innehalten, gering. Bei unserem Musterriesen Taf. I, Fig. 4
erfüllte ja freilich die Form der Zelle P3 in dieser Hinsicht alle Bedingungen: ihre organische
Achse konnte sich trotz der abnormen Zellgestalt nur auf der Medianebene verschoben
haben. W o aber la g die Formachse der (hellblauen) Urdarmzelle E ? Streng genommen
immer ¡noch in der primären Achsenrichtung, so d aß zu einer Wanderung von Kern und
Sphäre eigentlich ga r kein Grund vorhanden war; hätte aber die Drehung der organischen
Achse in eine quere Stellung dennoch stattgefunden, i o würden doch zwei zueinander senkrechte
Richtungen zu dem Ansprüche, die Formachse der Zelle darzustellen, gleichberechtigt
gewesen sein. Vollends unklar aber wird das Verhältnis der Zellgestalt zur
medianen Ebene bei denjenigen T-Riesen, deren emporsteigende Schwanzzelle den Kontakt
mit der 'Urdarmzelle nicht erreicht, so daß E und P3 ihre ursprünglich cylindrische, oben
und unten von parallelen Flächen begrenzte Gestalt ziemlich unverändert beibehalten.
Kurzum, die Form der Zellen E und P 3 wäre für die wandernde organische Achse bei
T-Riesen ein schlechter Wegweiser: es müßten Schwankungen und Mißgriffe in der Bewegungsrichtung
der organischen Achsen wenigstens gelegentlich zu verzeichnen sein, und
jeder derartige Fehler würde nach unserer Annahme eine abnorme Stellung der im Plasma
differenzierten Ebene nach sich ziehen. Damit aber verträgt sich die Tatsache nicht, daß
die Spindeln von E und P3 bei T-Riesen mit ungestörter Ventralgruppe ausnahmelos mit
absoluter Genauigkeit in der gleichen Ebene, def „Medianebene“ , gelegen sind.
Unser zweites Argument ist fast noch überzeugender. Wir haben vor kurzem mit
aller nur wünschenswerten Sicherheit bewiesen, daß die Schwanzzelle C ihre median-bilaterale
Struktur von ihrer Mutterzelle geerbt haben muß. Die Mutterzelle der Schwanzzelle aber
ist •-& auch die Mutter von P3 ! Das heißt, wir wissen aus einer zwar etwas entfernten aber
durchaus zuverlässigen Quelle, daß d ie M u t t e r der uns interessierenden Zelle P3 zur Zeit
ihrer Teilung e in e D i f f e r e n z i e r u n g d e r s e lb e n E b e n e besaß, in der etwas später ihre
Töchter P 3 notwendig wiederum differenziert sein muß, üm ihre Spindel vorschriftsmäßig
orientieren zu können. Dann aber wäre es keine Sparsamkeit, sondern im Gegenteil Ve r schwendung
an Komplikation, wenn wir annehmen wollten, die mediane Struktur der Mutter