Bei den Tarantuliden fand sich ein gleichliegender, schmaler Spalt am innersten Zipfel der
C o x a des 3. Beines, doch bin ich hier nicht ganz sicher, ob derselbe tatsächlich die Co xa ldrüsenöffnung
darstellt, da er mir geschlossen zu sein schien; immerhin muß sich in seiner
Nähe die wirkliche Öffnung befinden, da innen der Drüsenausführungsgang auf ihn hindeutet.
Die starke Entwicklung der Coxaldrüsen der Pedipalpen, für welche in 3 Fällen sicher
die richtige Außenöffnung festgestellt werden konnte, spricht entschieden dafür, daß dieses
Organ während des postembryonalen Leb ens als Exkretionsorgan n o rm a l t ä t i g ist. W i e
d ie M a lp ig h i s c h e n G e f ä ß e d ie E x k r e t i o n fü r M e s o - u n d M e t a s om a v e rm i t t e ln ,
so b e s o r g t d i e s fü r d a s P r o s o m a d a s C o x a l d r ü s e n p a a r , welches innerhalb der
Ordnung der Pedipalpen ein einheitliches Sehlauchsystem darstellt, das morphologisch dem
Segment des 3. Extremitätenpaares angehört.
X . D ie A tm u n g s o rg a n e .
Schon seit langer Zeit ist es allgemein bekannt, daß die Pedipalpen, speziell die Thely
phoniden und Tarantuliden zwei „Lungenpaare“ besitzen, zu denen durch breite Spaltöffnungen,
welche am Hinterrande des 2. und 3. mesosomalen Segmentes liegen, die L u ft Zutritt hat.
Bei Trithyreus ist nur das dem Genitalsegment angehörige Lungenpaar vorhanden, und „internal
organs“ , welche P o c o c k (50) für Homologa der 3 hinteren Lungenpaare der Scorpione
halten zu können glaubte, sind bei Trithyreus cambridgei n i c h t ausgebildet, und sollten sie
bei anderen A rten dieser Gruppe wirklich Vorkommen und, wie P o c o c k angibt, dem 4. bis
6. Segment angehören, so dürfen wir in ihnen vorläufig vielleicht nur die H o m o lo g a d e r
b e i e in i g e n Koenenien e b e n f a l l s im 4.— 6. S e g m e n t b e o b a c h t e t e n V e n t r a l s ä c k c h e n
erblicken. Atmungsorgane, welche denen der anderen Pedipalpen gleich zu setzen sind, fehlen
endlich den Palpigradi (Koenenia), wie es ihr Entdecker , B. G r a s s i , schon angab;, und da
wir den Mangel derselben nicht als etwas primäres, sondern nur als eine sekundär durch
Reduktion erworbene Eigenschaft ansehen können, so würde es sich fragen, ob Koenenia ehemals
Lungen oder Tracheen besessen hat, eine F ra g e , welche vorläufig nicht sicher zu beantworten
ist. A u f Grund der vielseitigen verwandtschaftlichen Beziehungen, welche Koenenia
zu den echten Pedipalpen, speziell den Schizopeltidia aufweist, möchte ich annehmen, daß die
Vorläufer der heutigen Koenenien im Besitze vöh Lungen gewesen sind. Trithyreus, der ja
nur noch eins der beiden Lungenpaare der größeren Pedipalpen hat, führt uns gewissermaßen
schon die angenommene Reduktion vor Augen.
Das B a u p r in z ip der Pedipalpen-Lunge ist dasselbe wie das der Lungen anderer Arachniden,
auch ihre Entwicklung zeigt nach den Untersuchungen L a u r i e ’ s (41), P e r e y a s la w -
z e w a ’ s (47) und G o u g h ’ s (24) die gleichen Verhältnisse wie sie von den übrigen lungenatmenden
Arachniden bekannt sind.
Wenn nun auch die embryologischen Untersuchungen des letzten Jahrzehntes endlich
die Homologie der Limulus-Kiemen und der Arachniden-L.ungen unzweifelhaft erwiesen haben,
so erleidet doch die in beiden Fällen ursprünglich gleiche Lagerung der einzelnen Kiemen-,
respektive Lungenlamellen bei den ausgebildeten Tieren der Scorpione, Pedipalpen (exklusive
Trithyreus?), Tetrapneumonen und einigen (allen?) Dipneumonen eine Abänderung, die man bisher
noch nicht gewürdigt zu haben scheint. Zwar hat B l a n c h a r d die Lagerung der Lungenlamellen
bei Scorpionen, Pedipalpen und Theraphosa (.Mygale)l bereits vollkommen richtig erkannt
und abgebildet, und L a u r i e ( 4 1 ) beschreibt im Anschluß an diesen Forscher dieselbe
Anordnung der Lamellen bei Mastigoproctus Poe. Trotzdem finden sich in den meisten Lehrbüchern
die Lungenschemata von M a c L e o d (44), welche mithin für die meisten lungenatmenden
Arachniden nicht zutreffend sind, und auch unter manchen Dipneumonen nicht, wenn
überhaupt, verwirklicht sind, da M a c L e o d die Lagerung der Lamellen als vollkommen mit
derjenigen der Limulus-Kiemen übereinstimmend angenommen hat.
A us diesem Grunde dürfte eine genauere Beschreibung der Verhältnisse, welche uns im
Bau der ausgebildeten Lungen der Thelyphoniden und Tarantuliden entgegentreten, nicht
überflüssig sein; zum Verständnis derselben sind einige Schemata beigefügt, die zwar jenen
der klassischen A rb eit M a c L e o d ’ s ähnlich sind, in denen aber der oben berührte Fehler
vermieden worden ist. Endlich hat man einen für das Verständnis der Respiration wichtigen
Faktor, wenigstens bei den Pedipalpen nicht berücksichtigt, nämlich das Vorhandensein von
Muskeln, welche an den Lungenlamellen inserieren und offenbar für die Zirkulation des Blutes
innerhalb der Lamellen von Bedeutung sind.
An den Lungen der Pedipalpen (und auch der übrigen Arachniden [Scorpiones, Araneae])
müssen wir zunächst zwei Abschnitte unterscheiden: einmal die ä u ß e r e L u f t k a m m e r (vesti-
bule pulmonaire M a c L e o d ’ s), welche sich durch ein breites, spaltförmiges „Stigma“ oder
„ P n e u m o s t o m “ (B l a n c h a r d ) nach außen öffnet, und zweitens die L a m e l l e n , zwischen
denen sich die eigentlich respirierenden in n e r e n L u f t k a m m e r n , wenn man so sagen
will, befinden. Die äußere Luftkammer erscheint nach Abtrennung der Lamellen, welche von
ihr ausgehen, als ein hohles, verschieden gestaltetes Apodem. Bei den Thelyphoniden verlängert
sie sich außenseitlich in einen blinden, geraden oder geschweiften Zipfel, der auf Querschnitten,
die unterhalb seiner vorderen Spitze geführt sind, wie eine platte Trachee mit verdickten
Wänden aussieht (Textfig. 5 1 , 61, 78 a, 107). Dieser außenseitliche Zipfel der äußeren
Lungenhöhle findet sich auch bei Trithyreus und weniger deutlich ausgeprägt, und meist kürzer,
bei den Tarantuliden; nach B l a n c h a r d scheint er bei Theraphosa gleichfalls nur kurz zu
sein. Die äußere Luftkammer ist stets stärker chitinisiert wie die Lamellen und namentlich
bei den Thelyphoniden mehr oder weniger stark pigmentiert, so daß sie bei der Präparation
sehr leicht auffällt (cf. Ta f. V , VI, Fig. 57— 60, 76, 80). Im Bereiche des Pneumostoms
geht die hintere Wand der äußeren Luftkammer in das dritte, resp. vierte Sternit des
Hinterleibes, die vordere Wand in den stark 'chitinisierten Umschlag des sogenannten
Genitaloperculums und somit auch in dieses, oder in das 3. Sternit über (cf. Schema T e x tfig.
50 und 52), je nachdem wir das 1. oder 2. Lungenpaar vor uns haben.
Die vordere Wand ist nun gewissermaßen gitter- oder rostartig durchbrochen und die
durchbrochenen Stellen sind die spaltförmigen Öffnungen der zwischen den hier ansitzenden
Lungenlamellen sich ausdehnenden inneren Luftkammern (Taf. V , VI, Fig. 58, 60, 76, alfk).
Diese Spalten sind, wie es aus den verschiedenen Figuren zu ersehen ist, annähernd senk1
Von einer anderen Aranee bildet auch B e r t k a u (7) die Lungenblätter in derselben Lagerung ab, und diesem
Forscher würde es sicher nicht entgangen sein, wenn die Lamellen in der von M a c L e o d angegebenen Weise
gelagert wären.