bunden, und vergleichen wir weiter die Längsmuskulatur, welche vom Hinterende des Ento-
sternums irPden Hinterleib übergeht, so möchten wir die beiden Längsstämme ohne weiteres
dem ventralen Hauptlängsmuskelpaar gleichsetzen, welches wir bei Koenenia ausschließlich,
aber wenigstens im vorderen Teil des Opisthosoma audk bei den anderen Pedipalpen kennen
gelernt haben.
Noch ein weiteres Faktum ist aber zu Gunsten dieser Theorie zu erwähnen. Bei den
Pedipalpen sind mir k e in e M u s k e ln bekannt geworden, welche v om E n t o s t e r n u m an
e in e c h t e s S t e r n a l g e b i l d e (d e s P r o s om a ) z ö g e n und vielleicht existieren solche auch
bei den anderen Arachniden nicht. V i e lm e h r z i e h e n d i e v e n t r a l e n e n t o s t e r n a l e n
M u s k e ln a l l e an d ie G r u n d g l i e d e r d e r E x t r e m i t ä t e n , und wir finden daher keine
Schwierigkeit, wenn wir die erwähnten Längsstämme des Entosternums von Trithyreus mit
den Hauptlängsmuskelbändern des; Hinterleibes homotyp setzen, wenn wir nur die Möglichkeit
und Ausführung einer Wanderung dieser Muskelbänder nach oben (unter den Darm-
traktus) zugestehen. B e i d em V e r l u s t ih r e r u r s p r ü n g l i c h e n M u s k e l f u n k t i o n u n d
ih r e r U m w a n d lu n g in z w e i s e h n i g e B ä n d e r i s t e s w e i t e r s e l b s t v e r s t ä n d l i c h ,
w e n n n u n a u c h d ie s t e r n o e o x a l e n u n d t e r g o s t e r n a l e n M u s k e ln v om S t e r n u m
an d a s s o g e b i l d e t e p a a r i g e E n t o s t e r n u m ü b e r g e t r e t e n s in d , was anscheinend
bei allen Cheliceraten eingetreten ist. (Nebenbei bemerkt halte ich die v e n t r a l e n e n t o s
t e r n a l e n A p o p h y s e n w e g e n ih r e r I n s e r t io n a n d e n C o x e n d e n ü b r i g e n E n to -
s t e r n a lm u s k e ln f ü r h o m o lo g u n d n i c h t fü r d ie v e n t r a l e n H ä l f t e n d e r p r o s o -
m a l e n D o r s o v e n t r a lm u s k e ln [d. h. d e r d o r s a l e n A p o p h y s e n ] ) . Hatte das Entosternum
erst einmal diese Wandlung durchgemacht und war es zu einem zunächst paarigen,
später aber unpaaren Stützpunkt mehrerer Muskelreihen geworden, so ist seine verschiedenartige
Formgestaltung in der verschiedenartigen Ausbildung der prosomalen Muskulatur und
des Prosomas überhaupt bei den einzelnen Vertretern der Cheliceraten ohne weiteres gegeben.
W ie ich aber die ventralen Apophysen des Entosternums nur als Entosterno-Coxal-
muskeln interpretieren kann, so ist es mir (mit B e r n a r d , 3) auch unmöglich anzunehmen,
daß außer dem ventralen Hauptlängsmuskelpaar auch das dorsale in unmittelbare Beziehung
zur Bildung des Entosternums getreten ist. Ich glaube vielmehr, daß dies Muskelpaar, von
dem Reste nur noch bei Koenenia, Trithyreus und den Galeodiden (auch Cryptostemma ?) erhalten,
resp. neu erworben worden sind, zu Gunsten tergocoxaler und anderer Muskeln rückgebildet
worden ist.
Zum Schluß endlich mag noch hervorgehoben werden, daß wir auf Grund der Zahl
und Lagerung der medianen Dorsoventralmuskelpaare des Opisthosoma imstande sind, von
den Segmenten des Hinterleibes der Palpigraden die ersten 6 mit denselben ersten 6 Segmenten
der Uropygi und Amblypygi zu identifizieren. Da nun in Kapitel I die 3 „postabdominalen“
Hinterleibsringe von Koenenia mit den gleichen der Uropygen homologisiert werden
konnten, so wird folglich die R e d u k t i o n s z o n e d e s e in e n b e i Koenenia f e h l e n d e n
P e d i p a l p e n - S e g m e n t e s a u f d a s 7. u n d 8. e in g e e n g t .
V I I. D a s Nervensystem.
W ie ähnlich das Muskelsystem, so hat auch das Nervensystem der Pedipalpen seit
Em ile B la n c h a rd keine monographische Darstellung erfahren. Allerdings, finden sich außer
bei ihm wiederholt Angaben über dasselbe, zumal über die erst in den letzten Dezennien bekannt
gewordenen Palpigraden, während von dem Nervensystem der Sclvizopeltidia bisher nichts
bekannt war. In dieser Beziehung sind namentlich die Arbeiten von J. v an d e r H o e v e n (31),
M. L a u r ie (41), B. G r a s s i (26), A . R u c k e r (57) und R. J. P o c o c k (53) zu nennen.
R u c k e r beschreibt das Nervensystem der Palpigraden (Koenenia) im wesentlichen
richtig. F ü r die Uro- und Amblypygen ist trotz ihres Alters die Darstellung B l a n c h a r d s
bisher die b e s te ; einige Fehler derselben hat letzthin P o c o c k für die Thelyphoniden berichtigt,
wenn auch im übrigen seine Schilderung an Genauigkeit weit hinter derjenigen von
B l a n c h a r d zurücksteht. L a u r i e ’s Angaben über das; Nervensystem der Thelyphoniden sind
ganz oberflächlich und mangelhaft. Ebenso steht v a n d e r H o e v e n s Darstellung des Nervensystems
der Tarantuliden weit hinter derjenigen des so oft genannten französischen Forschers.
Ohne auf eine genauere Erörterung 'd e r bisher bekannt gewordenen Verhältnisse einzugehen,
wende ich mich gleich zu der Beschreibung des Nervensystems der 4 Hauptformen
der Pedipalpen, die auf meinen eigenen Untersuchungen basiert. Genauer vermag ich freilich
nur die bei den Thelyphonen und Tarantuliden obwaltenden Verhältnisse zu besprechen, da
für eine speziellere Untersuchung des Nervensystems der Sckizopeltidia (Trithyreus cambridgei
[Thor.]) mein Material leider nicht ausreichte und bei den Palpigraden mir die Kleinheit des
Objektes erhebliche Schranken in dieser Beziehung in den W e g setzte.
i. Allgemeine Anatomie des Nervensystems der Pedipalpen.
E s ist allgemein bekannt, daß das Nervensystem der Thelyphoniden in gewissem Sinne
eine A r t Mittelstellung zwischen dem der Scorpione einer- und dem der Araneen andererseits
einnimmt. Es bezieht sich diese Annahme auf die bei den Scorpionen schon eingeleitete, bei
den Araneen aber am weitesten- gediehene Konzentration, d. h. die Verschmelzung der meso-
und metasomalen Ganglien mit dem „unteren Schlundganglion“ , von dem die Nerven des
2.— 6 . Extremitätenpaares abgehen. Während bei den Scorpionen noch 7 Mittel- und Hinterleibsganglien
vorhanden sind, finden wir bei Thelyphonus nur noch 1 metasomales, welches im
8.— 9. opisthosomalen Segment gelegen und wahrscheinlich aus der Verschmelzung der letzten
5 embryonalen Ganglienpaare (8.— 12.) hervorgegangen ist.1 Das bei Trithyreus (cambridgei)
ebenfalls nur in der Einzahl vorhandene Hinterleibsganglion liegt bei dieser Form im Genitalsegment
; und während es hier noch durch eine doppelte Kommissur mit dem Unterschlund-
ganglion verbunden ist, finden wir es bei den Palpigraden (Koenenia) bereits mit letzterem verschmolzen,
und bei den Tarantuliden und den Araneen endlich können wir an ausgebildeten
Tieren keine Spur eines Ganglions mehr im Hinterleibe nachweisen.
W ir können dementsprechend 3 Hauptabschnitte2 im Zentralnervensystem der ursprünglichen
Pedipalpen unterscheiden: Das Gehirn oder obere Schlundganglion, das untere Schlundganglion
und 1 Hinterleibsganglion.
1 Dies nimmt neuerdings auch W. S c h im k e w i t s c h (76) an.
2 d. h> natürlich rein äußerlich topographisch.