
Es o-elang mir nicht, ein e c h t e s R e c e p t a c u lu m s em in i s bei irgend einem Taran-
tuliden-Weibchen aufzufinden; es ist daher anzunehmen, daß dasselbe dieser Pedipalpengruppe
überhaupt fehlt, eine Eigentümlichkeit, der wir bei den Pa.lpigra.den ebenfalls „begegnen.
Die Palpigraden (Koenenia mirabilis [Grassi] und Prokoenenia wheeleri [Rucker]) zeigen
uns im wesentlichen dieselben Bauverhältnisse des weiblichen Geschlechtsapparates. Infolge
der sehr o-eringen Größe der Zellen des eigentlichen Ovarialschlauches, sowie der Ovidukte,
ist es bisher nicht gelungen, diese Teile , des weiblilffen Geschlechtsorganes richtig zu verstehen,
und zu beschreiben. W ed e r G r a s s i (26), noch M is s
R u c k e r (57) kannten die Ovarialhöhle und die Eileiter, und
das, was M i s s ; I l u c k e r für die letzteren gehalten hat, ist in
Wirklichkeit der Endabschnitt der in einem früheren Kapitel
beschriebenen Coxaldrüse.
Meine Untersuchungen, die ich an gut konserviertem Material
mit Hülfe lückenloser Schnittserien vornahm, führten mich zu
dem Resultate, daß das O v a r i u m von Koenenia (mirabilis)
k e in e s w e g s s t e t s u n p a a r ist, wie man bisher annahm, daß
die Unpaarigkeit vielmehr bisweilen nur durch die starke Entwicklung
der Eier an der Ventralseite des unpaaren oder .paarigen
Ovarialschlauches v o r g e t ä u s c h t wird. Das eigentliche
Ovarium dehnt sich meist vom 3.— 6 . oder 7. Hinterleibssegment
in der Höhlung, welche durch die seitlich das Ovar überhängenden
Darmdivertikel, die Bauch wand des Körpers und
idle 4 letzten Dorsoventralmuskelpaare begrenzt wird, aus (Text-
fig. 58, 98— 100, ov). Eier entwickeln sich wie bei den Ambly-
pygen und Thelyphoniden n u r an der Ventralseite des Ovariums,
das meist einen der ganzen oder den größten Teil seiner Länge
nach u n p a a r e n , dorsoyentral stark zusammen gepreßten
Schlauch darstellt (Taf. V, Fig. 70, 7 1 , ov). Zweimal hatte ich
jedoch Gelegenheit, 2 g e t r e n n t n e b e n e i n a n d e r v e r l a u f
e n d e O v a r i a l s c h l ä u c h e (Textfig. 98, 99) zu beobachten,
von denen nach vorne jeder in den zugehörigen, engröhrigen
und zartwandigen Eileiter überging. Es walten also bezüglich
der Paarig- oder Unpaarigkeit des Ovariums bei den Palpigraden
dieselben Verhältnisse ob wie bei den übrigen Pedipalpen, wenn
auch ein unpaarer Eierstock bei ihnen die Regel zu sein scheint.
ntst
Fig. 58.
Koenenia mirabilis (Gr.) $.
Schematisierte Darstellung des Hinterleibes
nach Wegnahme der Rückendecke,
mit eingezeichnetem Ovarium,
Dorsoventral- und Longitudinalmuskeln,
Endplatte des Entostemums (ntst)
und dem hinteren Abschnitt der linken
Coxaldrüse (cdr). Das Ovarium
trägt an der Unterseite Eier und ist
fast ganz unpaar, nur hinten läßt es
noch seine ursprüngliche Paarigkeit
erkennen. Rückenansicht.
In der gleichen W e ise wie bei den Amblypygen verlaufen die O v i d u k t e in etwas
seitlicher Richtung nach vorne, um auch hier ventralwärts umzubiegen und in die geräumige
Höhle des u n p a a r e n U t e r u s i n t e r n u s f em in in u s zu münden. A n diesen schließt sich
wieder unmittelbar der U t e r u s e x t e r n u s , d e r sich hinter seinem Beginn zunächst etwas
verjüngt, sich dann aber stark verbreitert und -— wie bei allen Pedipalpen -— mit einer breiten
Querspalte nach außen öffnet (Textfig. 58, 59, 96, 97). Der U t e r u s e x t e r n u s wird in
derselben Weise gebildet wie bei den Amblypygen, nur ist seine Öffnung infolge des Fehlens der
Atmungsorgane einheitlich. Seitlich, nahe der Grenze zwischen dem 2. und 3. Segment,
finden wir an ihm ebenfalls Ijederseits ein winziges, dem 3. Dorsoventralmuskelpaar zur Insertion
dienendes Apodem, welches hier mehr den Anschein eines „muskulär stigma“ R a y
L a n k e s t e r s hat. Seine dorsale Wand zeigt uns eine unpaare, mediane, sich breit in das
Lumen des Uterus externus öffnende, kurze Einstülpung, die vielleicht
als die letzte Andeutung eines R e c e p t a c u lu m s e m i n i s
aufzufassen wäre (Taf. V, F ig. 69, ut. ext. f). M is s R u c k e r gibt für
Prokoenenia wheeleri sogar das Vorhandensein eines echten, sackartigen
Receptaculums an dieser Stelle an, doch trifft dies Ve r halten
für Koenenia mirabilis keinesfalls z u , da man die eben
beschriebene Einstülpung, die eher einer F a lte entspricht, nicht
mehr als Receptaculum seminis determinieren kann. Zudem fand
ich bei einer großen Zahl der von mir auf Schnitten untersuchten
Tiere die S p e r m a t o z o e n b a 11 e n, die bei Thelyphonen und
Trithyreus in den Receptaculis beobachtet werden konnten, stets
im Uterus externus (Taf. V, Fig. 69, Textfig. 96, spm).
A c c e s s o r i s c h e D r ü s e n , welche M i s s R u c k e r
\ . acc.ßrcts.
Fig. 59.
Koenenia mirabilis (Gr.) 9-
Außere Geschlechtsöffnung, die
nickt pubeszierten Gonopoden
(a i. :r== 1. Paar derselben) und
die Porenöffnungen der accessorischen
Drüsen des Uterus externus
(acc. drüs.) zeigend.
Seitenansicht.
beschreibt, ließen sich bei unserer europäischen Koenenia auch
finden. Sie stellen 2 Zellkomplexe dar, welche sich zu beiden
Seiten und dorsal vom Uterus externus ausdehnen und bis ins 3. mesosomale Segment hineinreichen.
Das F ettgeweb e grenzt unmittelbar an sie an, und oft macht es den Eindruck, als
gehörten die beiden Zellkomplexe zum F ettgeweb e selbst (cf. Taf. V, Fig. 69, 72, 73). Dies
ist aber einmal deshalb unwahrscheinlich, weil man schon an Totalpräparaten die fraglichen
accessorischen Drüsen als selbständige Bildungen erkennen kann, deren feiner histologischer
Bau doch nicht ganz mit dem des Fett-Zwischengewebes übereinstimmt, dann aber auch deshalb,
weil w e n i g e k u r z e c h i t i n i s i e r t e K a n ä l c h e n in diese Zellkomplexe hineinragen,
welche zu beiden Seiten nahe der Außenöffnung des Uterus externus, zur Hälfte auf seiner
ventralen, zur Hälfte auf seiner dorsalen Wand in jenen münden, resp. von ihm ausgehen
(Taf. V, Fig. 72). A u f Kalilaugepräparaten kann man sie, und vor allem ihre Öffnungen sehr
leicht erkennen (Textfig. 59). Da nun, wie wir noch sehen werden, nicht unähnliche Drüsen-
Öffnungen, allerdings in großer Zahl und über den größten Teil des Uterus externus verstreut,
auch bei den größeren Pedipalpen verkommen, so möchte ich die beschriebenen Kanälchen
und die zu ihnen gehörenden Zellelemente von Koenenia als die Äquivalente jener ansehen,
folglich die so eigenartig aussehenden Drüsenzellen vorläufig als umgewandelte Hypodermis-
zellen auffassen.
A n der gleichen Ste lle , an der sich bei den meisten Amblypygen der Coconhalter be^
findet, besitzt Koenenia ein Paar kleiner, glatter, z ä p f c h e n f ö rm i g e r A n h ä n g e , denen ein
ähnliches Paar am folgenden (3.) Segment entspricht (Textfig. 59, 68). Diese beiden Anhangspaare
sind anscheinend für sämtliche bis heute bekannt gewordenen weiblichen Palpigraden
typisch (cf. H. J. H a n s e n , 30).
Bei den Schizonotiden begegnen wir im Prinzip wieder den gleichen Verhältnissen. W ie
es meist bei Koenenia zutrifft, so fand ich bei dem einzigen von mir untersuchten weiblichen
Exemplar von Trithyreus cambridgei (Thor.) einen u n p a a r e n O v a r i a l s c h l a u c h , der vom
4. bis an das Ende des 8. Segmentes des Opisthosoma reichte. Die M e h r z a h l d e r E i e r
Zoologlca. Heft 42. 1 5