der Analyse zwei Hauptmöglichkeiten dargeboten. Entweder, so lautet die logische Regel',
sind beide Erscheinungen E f f e k t e e i n e r g e m e i n s a m e n U r s a c h e — d .h . sie werden
jede für sich vom E i aus bestimmt oder aber: e i n e i s t d i e U r s a c h e d e r
a n d e r e n ; was sich durch eine richtende Reizwirkung zwischen ihnen vermittelt denken
ließe. E s ist ohne weiteres klar, welche von diesen Möglichkeiten die größere Ersparnis an
plasmatischer Komplikation in Aussicht stellt. Während im ersteren Falle mit der Verantwortung
für beide typisch gerichteten Ebenen auch die ganze dazu erforderliche Struktur der
ungeteilten Eizelle zugeschoben wird, erlaubt die zweite Möglichkeit die ökonomische Hypothese,
daß das Plasma der Eizelle isotrop sei, und daß eine in der oberen oder unteren Furchungskugel
zuerst auf tretende, beliebig gelagerte Vertikalebene die Richtung der ändern zugleich
mitbestimme. Danach ist uns folgendes weitere Verfahren vorgezeichnet. W ir untersuchen zunächst,
ob die Annahme einer typisch richtenden Wechselwirkung zwischen der oberen und
unteren Medianebene mit den Tatsachen in Übereinstmmung gebracht werden kann; wenn
nicht, so bleibt uns die andere Möglichkeit als ultima ratio.
A u f den ersten Blick erscheint die Lösung der Frage, ob das typisch-rechtwinklige
RichtungsVerhältnis der Ebenen durch eine Wechselwirkung zwischen ihnen zustande g e kommen
sei, nicht schwierig: die beiden Trägerinnen der zwei partiellen Medianebenen,
A B und Pt, werden mit Rücksicht auf diesen Punkt zu konfrontieren sein, und wenn sich
dabei ergeben sollte, daß eine von den Ebenen n a c h d e r a n d e r e n entsteht, so darf als
bewiesen gelten, daß die spätere von der früheren in ihrer Richtung beeinflußt worden ist.
A b e r so einfach dieses Verfahren scheint, so hoffnungslos war nach dem bisherigen Stande
unserer deskriptiven Kenntnisse seine Durchführung. Denn da uns die eine von den konkurrierenden
Ebenen, nämlich die ventrale, sicher erst längere Zeit nach ihrer Entstehung
und jedenfalls nach der kritischen Periode erkennbar wurde, so blieb urts natürlich das
wahre Altersverhältnis beider Medianebenen noch völlig unbekannt. Unter solchen Umständen
war ich genötigt, wenn möglich auf eine Erweiterung des Tatsachenmateriales auszugehen,
und fand dabei — an einem sehr g roßen Materiale — einige deskriptive Kleinigkeiten,
die an sich ohne Wert, für unsere spezielle F ra g e aber von geradezu entscheidender
Bedeutung sind.
Schon in der Einleitung dieses ganzen Kapitels wurde die seltsame Erscheinung mitgeteilt,
daß die typische Richtung eines bestimmten Geschehnisses hin und wieder durch
ein anderes, ihm zeitlich vorausgehendes, g l e i c h s a m f a k u l t a t i v v o r w e g zum A u s d r u c k
g e b r a c h t w i r d , z .B . die Spindelstellung durch die erste Bewegungsrichtung der zugehörigen
Tochtersphären. Fälle dieser A r t können unter Umständen von analytischem Interesse sein.
Denn sie beweisen, daß die richtenden Ursachen des betreffenden typischen Vorganges
s c h o n v o r dem Zeitpunkte ihrer eigentlichen, obligatorischen Wirksamkeit und mindestens
zur Zeit der „freiwilligen“ Antizipation vorhanden waren.
Einer solchen freiwilligen Vorwegnahme seiner Richtung unterliegt nun nicht gar
so selten auch dasjenige Ereignis, das uns im Stadium IV die La g e und das strukturelle
Vorhandensein der ventralen Medianebene zum ersten Male typisch vor Augen führt: die
Schwenkung des unteren Zellenpaares. W ir erinnern uns aus der deskriptiven Einleitung
(p. 71), daß die Spindel der Zelle P x durchaus nicht immer sogleich in der genauen V e r tikalrichtung
liegt, sondern häufig und bei manchen Ascarisweibchen sogar fast konstant zunächst
einen mehr oder minder ausgesprochenen Winkel mit der Achse bildet. Hierbei hat
die vertikale Ebene, die von der schräg gestellten Spindel markiert wird, in vielen, vielleicht
den meisten Fällen keinen besonderen typischen Sinn. E s gibt aber Ascarisweibchen, bei
deren Eiern die Mehrzahl der schrägen Spindeln von Px nicht in einer beliebigen, variabeln
Ebene liegt, sondern — die s p ä t e r e B e w e g u n g s r i c h t u n g d e s v e n t r a l e n T o c h t e r z
e l l e n p a a r e s g e n a u a n t i z ip i e r t ! Bei einigen Ascaris, die ich untersuchte, war dieses
Verhalten sogar geradezu das typische: m it w e n i g e n A u s n a h m e n l a g e n h i e r a l l e
s c h r ä g e n S p in d e ln v o n Pj in d e r v e n t r a l e n M e d ia n e b e n e . Woran man das erkennen
konnte? Nun, zur selben Zeit war ja natürlich die Spindel der oberen Zelle A B
fast immer ebenfalls ausgebildet und endgültig eingestellt; da la g denn die obere Spindel
mit fast überraschender Genauigkeit senkrecht
zu der von der schräggestellten unteren
Spindel bezeichneten Vertikalebene (Fig. PP
1 u. 2); Blickte man den Keim von vorne oder
hinten an, so daß die mitotische Figur der
oberen Zelle in axialer Verkürzung sichtbar
wurde, so la g die Spindel der unteren schräg;
bei seitlicher Ansicht schien sie genau ver- -
tikal zu stehen. Und wenn man das E i so
'drehte, daß eine Zelle über der anderen lag, so Stadlum „ in Te^ nach kons^erten Präparate,
offenbarte sich beim Fokussieren die kreuz- 1. von vorn, 2. von der Seite,
weise Stellung der beiden Spindeln mit besonderer
Deutlichkeit. (Vgl. auch M. N u ß b a u m 1902 p. 662. Ferner B o v e r i 1888 T a f. IV,
F ig. 78, 1899 T a f. X L , Fig. 1.).
Der Wert dieser ersten Beobachtung für den Fortschritt unserer Analyse ist jedoch
geringer, als man zuerst denken möchte. Sie demonstriert ganz hübsch ad oculos, was wir
mit Sicherheit bereits erschlossen hatten: daß eine strukturelle Hervorhebung der ventralen
Medianebene schon in der Zelle P j, und zwar mindestens zur Zeit ihrer Teilung, vorhanden
war. Aber für unsere eigentliche Frage, das A l t e r s v e r h ä l t n i s der beiden partiellen
Medianebenen, erfahren wir immer noch nichts. Natürlich, um die typische Richtung der
einen nachweisen zu können, mußte ja allemal die andere gleichfalls schon erkennbar sein.
Und so wissen wir denn jetzt, wie früher, daß in der Zeit der neuen Klüftungen die
Schwesterzellen A B und Px ihre Medianebenen im typischen gegenseitigen Stellungsverhältnisse
bereits enthalten; aber noch immer nicht: s e i t w a n n .
Weiter ausgedehnte Untersuchung der zweizeiligen Stadien lehrte nun, daß es möglich
ist, den Zeitpunkt der frühesten E rkennbark eit. beider Medianebenen um noch einen
guten Schritt rückwärts hinauszuschieben. In der deskriptiven Einleitung wurde unter den
Abarten freiwilliger Richtungsbeziehung (p. 74) auch folgende erwähnt: die r u h e n d e n , ab -
g e f l a c h t e n K e r n e v om K e im b a h n t y p u s , besonders diejenigen der Ektodermzellen
A und B, zeigen fakultativ, aber ziemlich oft in der Gruppierung ihrer zipfelförmigen, die
Enden der Chromosome enthaltenden Fortsätze e in g e o m e t r i s c h e in f a c h e s V e r h ä l t n
is zu r M i t t e l e b e n e d e s E m b r y o . A u f Grund der inzwischen gewonnenen Einsicht
dürfen wir jetzt sagen: die Keimbahnkerne reagieren gelegentlich auf den Reiz der disym