Übersichtshalber sei hier noch eine Tabelle zum Vergleich der Körpergliederung der
Pedipalpen gegeben, wie sie ähnlich bereits in meinen „Arachnologischen Studien III“ veröffentlicht
worden i s t :
Palpigradi Schizopeltidia Holopeltidia Amblypygi
Cli3 | Cfe* ~~ Ch* I- €li-
1. Pes 1. Gnp. 1. Gnp. I. Gnp.
bj 2. Pes I 1. Pes , 1. Pes 1. Pes
3. Pes I 2. Pes - 2. Pes 2. Pes
P* 4. Pes - 3. Pes ' 3. Pes I 3. Pes
5. Pes 4. Pes 4. Pes 4. Pes
6. Pes 5. Pes 5. Pes 5. Pes
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*11 ’ . ' *11 Lgp. *11 1. Lgp, *11 1. Lgp.
I l i IH I III 2. Lgp. n i 2. Lgp,
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° VIII VIII VIII
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IX Pst. X Pst. X Pst. . , X
X Pst. XI Pst. XI Pst. XI
, I ■ OXI Pst. I OXII Pst. I cXII Pst. oXII
Telson | Figl. | Figl. I Figl. I fehlt.
II. D ie p ro som a len Extremitäten.
Die prosomalen Extremitäten lassen sich bekanntlich bei allen Cheliceraten in zwei
Gruppen sondern, die. nicht nur durch ihre L a g e zur Mundöffnung, resp. der Oberlippe, sondern
vor allem auch durch ihre Gliederung unterschieden sind; die eine Gruppe umfaßt das
erste Extremitätenpaar, die C h e l i c e r e n (auch wohl Antennen oder Mandibeln genannt), die
andere die ü b r i g e n p r o s o m a l e n B e in p a a r e .
i . Die Cheliceren.
Die ursprünglichste Zahl der Glieder finden wir innerhalb der Ordnung der Pedipalpen
an den Cheliceren der Palpigraden. Die D r e i z a h l derselben ist sehr auffällig, da wir
doch bei den Uro- und Amblypygen, wie auch den Avancen, stets nur z w e i Chelicerenglieder
antreffen. Sie gewinnt aber ganz besonders an Interesse, wenn wir bedenken, daß auch die
stammesgeschichtlich sich wahrscheinlich von Amblypygen-Ahnen ableitenden Opilionen dreigliedrige
Cheliceren besitzen, ein Moment, welches zur Beurteilung der systematischen Stellung
der Koenenien sehr wichtig ist, wie ich im Schlußkapitel darzulegen mich bemüht habe.
Die d r e i Glieder der Cheliceren sind von mir bereits vor einiger Zeit ziemlich wahrscheinlich
als T r o c h a n t e r o f em u r , - T i b i o t a r s a l e und T e l o t a r s u s (d. h. Trochanter und
Femur; Patella, Tibia ■ und Metatarsus; Tarsus (II) und Praetarsus. zusammen je 1 Glied
bildend) interpretiert worden. Das 2. Glied bildet mit dem 1. ein deutliches Kniegelenk und
wird gegen dieses durch je einen starken F lex o r und Extensor (tibae) bewegt. Das 3. Glied
bildet mit dem 2. die bekannte Schere, bei der übrigens zu beachten ist, daß der bewegliche
Finger außen gelegen ist, was seine Verschiebung um etwa 90° aus der dorsalen in die
außenseitliche L a g e der Beinaxe zur notwendigen Annahme macht, eine Lageveränderung,
welche auch an dem Cheliceren-Endgliede anderer Arachniden (z. B. Scorpiones, Cryptostemma,
Chelonethi, Opiliones') in gleicher Weise beobachtet wird.
Die z w e i Glieder der Cheliceren der Uro- und Amblypygen werden wohl allgemein
als die Homologa der beiden Scherenglieder der Koenenia-Qh&XycQxe. angesehen, sie würden
also einem Tibiotarsale und Telotarsus entsprechen. Beide Glieder sind durch ein Kniegelenk
(bicondylisches Scharniergelenk), dessen Condyli normal auf der Vorder- (Innen-) und Hinter-
(Außen-)seite der Chelicerenaxe gelegen sind, miteinander verbunden, und das Endglied wird
gegen das Grundglied, wie bei Koenenia, durch einen starken F lex o r und einen schwächeren
Ex tensor (tarsi II), und zwar in der Vertikalrichtung von oben nach unten bewegt. Während
bei Koenenia das vermutliche Trochanterofemur mit dem Vorderleibe artikuliert, trifft dies
bèi den a n d e r e n Pedipalpen natürlich für das Tibiotarsale zu, da uns andere Arachniden
die Entstehung der zweigliedrigen Cheliceren aus den dreigliedrigen durch Rückbildung des
Grundgliedes der letzteren wahrscheinlich machen. Kann bei Koenenia (genau wie bei den
Opiliones) das Grundglied nur wenig, und hauptsächlich- mit dem oberen Rande seiner Basis
eingezogen werden, so ist dies bei den Uro- und Amblypygi in ausgedehntem Maße der Fall.
Besonders beachtenswert ist die Scherenbildung der beiden Endglieder der Cheliceren, da
wir an den vier Haupttypen der Pedipalpen gewissermaßen verfolgen können, wie die von den
Merostomen bereits ererbte Schere rückgebildet und in eine Klappklaue verwandelt worden ist.
Koenenia besitzt noch eine normale typische S ch e re , deren beiden Arme etwa von
gleicher Länge und Stärke und mit ziemlich gleichartigen Zähnen bewaffnet sind (Taf. III,
Fig. 1 5 ) .1 — Bei Trithyreus ist der unbewegliche Scherenfinger schon bedeutend verkürzt,
aber doch noch unzweifelhaft als solcher zu erkennen ; seine Bezahnung ist .bereits eine ganz
andere als die des beweglichen Fingers, und eine Reihe feiner, auf einem besonderen schmalen
Felde stehender Zähne, die auffallend an die Scherenzähne von Koenenia erinnern, finden sich
nur auf dem letztem (Taf. III, Fig. 16— 18). Ist die Schere von Trithyreus zugekneipt, dann
legt sich der bewegliche Finger mit seiner Spitze außenseitlich an den unbeweglichen an.
Von der Trithyreus - Chelicere zu der der Thelyphoniden und Tarantuliden ist nur noch ein
1 H a n s e n (30) hat sich ziemlich weitläufig über meine älter,e (11), leider mißglückte Zeichnung dieser Chelicerenglieder
von Koenetiia äuslassen zu müssen geglaubt. Ich darf aber wohl dazu bemerken, daß ich nie behauptet habe, die
Scherenzähne derselben seien „beweglich“ inseriert. Die verführerische Stelle in meinem Aufsatze spricht nur von „inserieren“,
womit ich soviel als „stehen“ sagen wollte. Leider war meine Zeichentechnik damals noch nicht so weit gediehen,
daß ich mit einer Zinkätzung die Tatsache auszudrücken vermochte, daß die Scheerenzahnreihe auf einem Felde (Areal)
steht,- welches durch flachere Wölbung vom übrigen Scheerenteile abgesetzt ist.