Zellenbreite von ihr entfernten ektodermalen Nachbarzellen d e r a n d e r e n S e i t e isotrope
Attraktion, so würde die eine Kolonne nach rechts, die andere nach links - gezogen, und
schließlich lägen sie beide unter gegenseitiger Durchdringung median. A ber daran ist gar
nicht zu denken. Erstens würde auf solche Weise die höchst exakte Einreihigkeit, die wir
beobachten, nicht erzielt, und zweitens verbietet die starke rhythmische Diskordanz, die auf
dieser vorgeschrittenen Stufe zwischen der Ventralfamilie und dem primären Ektoderm bereits
besteht, die Annahme irgend einer selbstordnerischen Wechselwirkung zwischen A ng e hörigen
der beiden Verwandtschaftskreise. O f f e n b a r b e s o r g e n d i e Z e l l e n d e r k a u d
a l e n D o p p e l r e ih e ih r e U m g r u p p i e r u n g g a n z u n t e r s i c h u n d o h n e f r e m d e
H i l f e , indem die linken an den rechten a k t i v v o r ü b e r g l e i t e n . Hierfür aber sind
anisotrop-chemotaktische Mechanismen erforderlich.
Ganz ähnlich beurteile ich jetzt die Vo rgänge der Z e l l v e r s e n k u n g , an denen die
Geschichte der Ventralfamilie so reich ist. Hier handelt es sich natürlich nicht etwa um
isotrope Anziehung der versinkenden Zelle durch eine andere, die in ihrer Bewegungsrichtung
liegt; denn in der Mehrzahl der F ä lle wird durch das Versinken überhaupt kein
neues Kontaktverhältnis herbeigeführt. Auch ist die a priori erlaubte Hypothese, daß die
aktive Einwanderung einer Zelle ins Innere der Furchungshöhle durch isotrop-chemotaktische
Anziehung von seiten der Blastocölflüssigkeit vermittelt werde, nicht anwendbar. Denn
zwischen dieser inneren Flüssigkeit und der äußeren, den Keim umspülenden, besteht, wie
wir gesehen haben, kein Unterschied, und bei den Embryonen mit offener Furchungshöhle
(Taf. V , Fig. 67) ist die Versenkung des Mesoderms ohne Schwierigkeit eingetreten. F o lg lich
können die Reize, mit deren Hilfe eine Darm- oder Mesodermzelle den W e g nach einwärts
findet, wohl nur von ihren Nachbarzellen geliefert sein: v e r s i n k e n d e B l a s t o m e r e
g l e i t e n e b e n f a l l s a k t i v a n Z e l l e n , d ie s i e b e r e i t s b e r ü h r e n , v o r b e i und bedürfen
deshalb' anisotroper Reizmechanismen.
Ein wichtiges Objekt in unserer Erörterung ist auch die Z e l l e EM S t , das Mittelglied
der vierzelligen T-Figur. W ir wissen, daß diese Zelle, obgleich sie ihren Ort im
ganzen nicht verändert, an der vielberufenen Schwenkung vollen Anteil nimmt, unter anderem
auch, wie der ganze T-Stamm, eine rechtwinklige H o r i z o n t a l v e r d r e h u n g erleidet.
A u f Grund der normalen Verhältnisse könnte man wohl glauben, diese Drehung
unserer Zelle geschehe passiv: sie würde, von ihrer Schwester P2, indem dieselbe nach ihrer
seitlichen Exkursion in die Medianebene zurückstrebt, einfach mit herumgezogen. A ber die
Geschichte der T-Riesen beweist das Gegenteil. In mehreren Fällen hat die Zelle EMSt
ihre horizontale Drehung begonnen (Taf. III, F ig. 2 1 ; p. 115) oder sogar völlig durchgeführt,
ohne daß P2 überhaupt in die L a ge gekommen wäre, ihr hierzu zu verhelfen. E M S t d r e h t
s i c h a l s o a k t i v , wenn es auch zutreffen mag, daß die selbstordnende Tätigkeit unserer
Zelle, besonders im letzten Te ile des normalen Vorganges, durch den in gleichem Sinne
wirkenden Zug ihrer Schwesterzelle P 2 befördert wird. Um aber sich aktiv gegen ihre
Nachbarzellen drehen zu können, muß EM St mit einem anisotropen Reizmechanismus ausgestattet
sein.
Endlich läßt auch das Phänomen des a k t i v e n V e r h a r r e n s in einer bestimmten,
dem Plateauschen Prinzip zuwiderlaufenden Gruppierung die Annahme isotroper Mechanismen
nicht zu. Wir wissen, daß diejenigen Zellen der Ventralfamilie, die die Erscheinung zeigen,
nicht etwa durch Klebstoff oder sonstwie fest miteinander verbunden, sondern ebenso gleitfähig
sind, wie andere Zellen. T n der T a t v e r ä n d e r n sie sowohl in der normalen Ontogenese
als besonders bei T-Riesen vielfach ihre gegenseitige Anfangslage. Aber bei solchen
Verschiebungen wird eben ein typisch vorgeschriebenes Stellungsverhältnis zwischen Kontaktfläche
und innerem Gerichtetsein gewahrt; und es ist klar, daß isotrope Anziehung derartiges
nicht bewirken könnte. Ja, noch mehr. D a die typische Lokalisation der Kontaktweise
auf frühen Entwicklungsstufen der Ventralfamilie für alle ihre Zellen, also jedenfalls
auch fü r d ie c h em o t a k t i s c h z u s a m m e n w i r k e n d e n gilt, so liegen hier Fälle vor, in
denen wir sogar die höhere Stufe von anisotropen Mechanismen zugestehen müssen: s o w
o h l d ie r e i z l i e f e r n d e , ä|f§i-‘d ie m it am ö b o id e r B e w e g u n g r e a g i e r e n d e Zelle
sind hier in Bezug auf diese ihre Funktion von anisotroper Beschaffenheit.
Besonders verhängnisvoll aber für meine
frühere Ansicht über das Pläufigkeitsverhältnis
;.: isotrop- und anisotrop - chemotaktischer
Wechselwirkung in der aktiven Selbstordnung
von Ascaris ist dasjenige geworden, was sich
aus der Geschichte der T-Riesen über den
O r i e n t i e r u n g s p r o z e ß d e s v i e r z e l l i g e n
E k t o d e rm s (Fig.ZZZ) ergeben hat. Zunächst
wurde die- anscheinend natürlichste Annahme,
. . Normales Stadium VIII nach der Orientierung, vom Rücken,
daß das Rückwärtsgleiten der rechten Zellen,
die Trennung von b und ß, die schiefe Verdrehung der Paare einzig und allein durch isotrope
Attraktion zwischen den entfernten Zellen a und C — unter. Zuhilfenahme von etwas Massenkorrelation
— verursacht werde;: als falsch erkannt: das ektodermale Quartett besorgt die
Sache aus eigenen Kräften. A ber in dieser Berichtigung liegt noch kein Zwang, den beteiligten
Zellen anisotrope Mechanismen zuzuschreiben. Isotrope Anziehung zwischen den anfangs
diagonal gelegenen, darauf zu breiter Berührung sich nähernden Ektodermzellen a und ß
könnte wohl unter den Bedingungen der typischen Ontogenesis dasselbe leisten; nur würde
der Anteil der Massenkorrelation etwas reichlicher zu bemessen sein. — Sodann ergab sich,
daß möglicherweise die Trennung des Schwesternpaares b und ß überhaupt nicht rein passiv
nach dem Prinzipe der kleinsten Flächen, sondern wenigstens zum Teil durch aktive T ä tigkeit
der Blastomere geschieht. A uch hierin läge kein Grund, über die Forderung isotroper
Mechanismen hinauszugehen: der ganze V o rg an g würde nur durch das Hinzutreten n e g a t
i v e r , a b e r i s o t r o p e r . Chemotaxis zwischen b und ß kompliziert.
Allein die Geschichte unserer T-Riesen lehrte noch mehr. Allem Anscheine nach ist
auch die D r e h u n g s r i c h t u n g d e s r e c h t e n P a a r e s g e g e n d a s l in k e kein passives E r gebnis
der Massenkorrelation, etwa indem die schwanzwärts hinausgerückte Zelle b nach
dem Plateauschen Prinzip ventralwärts abschwenken und dadurch auch die andere rechte
Zelle „links herum“ drehen müßte. Vielmehr wird diese. Drehungsrichtung des Paares
a k t i v herbeigeführt, durch Vorgänge der Selbstordnung zwischen der Zelle a und ihren
:ektodermalen Nachbarinnen; das heißt, durch Selbstordnung s i c h b e r ü h r e n d e r Blastomere.
Dann muß der typisch gerichtete Drehungsvorgang durch anisotrope Mechanismen
vermittelt sein. — Hiermit aber ist die relative Einfachheit, die der Selbstordnung wenigstens