Begnügen wir uns vorderhand mit diesem Ergebnisse, Später, wenn wir eine gewisse
Summe weiterer Hilfsmittel gesammelt haben, wird die Analyse- nochmals aufzunehmen und
fortzuführen sein.
D. Primär-vertikale Teilung.
1.
Die Spindeln d^r b e id e n v o r d e r e n E k t o d e rm z e l l e n im S t a d iu m V I I I , a u n d a,
sind am normalen Keim in eine Richtung eingestellt, die wir, auf die primäre Situation der
Blastomere bezogen, als „vertikale“ bezeichnen konnten: sie liegen in der Schnittlinie der
primären Transversal- und Paramedianebene, d. h. der als senkrecht angenommenen Achsenrichtung
des Eies parallel.
Zur physiologischen Beurteilung dieser beiden Mitosen liefert die Geschichte der
T-Riesen folgende Grundlagen. In sämtlichen Fällen, die eine sichere Identifizierung der
Zellen a und a überhaupt gestatteten, und die zur Zeit der Mitose selber beobachtet wurden,
lagen die Spindeln der beiden Blastomere, wie in der typischen Ontogenesis, parallel zu derjenigen
Kontaktfläche, in der die betreffende Zelle mit der zugehörigen hinteren Ektodermzelle
zusammenstieß. D a wir von früher wissen, daß diese ursprünglich transversalen
Kontaktflächen ihr primäres Stellungsverhältnis an unseren beiden Zellen normalerweise nie
Der auf Tafel III dargestellte T-Riese im Stadium VIII.
Das Ektoderm von rechts gesehen. Schema.
verlieren, und da durchaus kein Grund einzusehen ist, warum bei T-Riesen hiervon ab gewichen
werden sollte, so ergibt sich zunächst, daß b e i a l l e n T -R i e s e n d ie S p i n d e ln
v o n a u n d a in d ie p r im ä r e T r a n s v e r s a l e b e n e e i n g e s t e l l t w e r d e n . In einem
Falle, nämlich bei dem Musterriesen des zweiten Typus (Taf. III, Fig. 31) wurde dies besonders
klar. Hier war die typisch vorgeschriebene Schiefstellung des rechten und linken
Zellenpaares durch die abnormen Bewegungen der ventralen Familie behindert, später sogar
völlig ausgeglichen worden, so daß die ektodermale Zellengruppe zur Zeit der neuen
Klüftungen einen ebenen Rhombus bildete. Unter solchen Umständen lagen die rückwärtigen
Kontaktflächen von a und a — auf das Ektoderm allein bezogen wiederum
deskriptiv-transversal (Fig. T T ) ; und ihre Spindeln desgleichen.
Nicht ganz so geschwinde erhalten wir Aufschluß über die e n d g ü l t i g e La ge der
beiden Spindeln, d. h. über ihr Verhältnis z u r p r im ä r e n M i t t e l e b e n e . Bei T-Riesen ist
die Verschiebung des linken und rechten Zellenpaares zumeist noch stärker, als in der normalen
Ontogenesis, überdies aber variabel und in ihren Einzelheiten kaum berechenbar;
und da die La ge der Ventralgruppe dem Ektoderm gegenüber ebenfalls atypisch ist, so
weiß man im entscheidenden Moment fast nie, wo die primäre Paramedianrichtung der
beiden Zellen liegt. Nur in einem Falle bestand hierüber Sicherheit: wiederum bei unserem
Musterriesen (Fig. TT). Hier ließ das regelmäßig-horizontale Stellungsverhältnis der vier
Ektodermzellen über die La g e der Mittelebene gar keinen Zweifel, und siehe d a : die Spindeln
von a und a waren nicht nur primär-transversal, sondern zugleich in d ie P a r a m e d i a n e
b e n e ih r e r Z e l l e n , d. h. in p r im ä r - v e r t i k a l e Richtung eingestellt. Allein das V e r halten
des Musterriesen war doch in unserer Angelegenheit insofern noch nicht unbedingt
beweisend, als gerade hier die endgültig vertikale Orientierung der beiden Spindeln auch
auf das Konto paratangentialer Teilungsweise hätte gesetzt werden können; denn die organischen
Achsen von a und a lagen nicht schräg, wie sonst, sondern auf Grund der freier
gewölbten Zellgestalt horizontal. Dieser Einwand wird zum Glück durch die Beobachtung
anderer T-Riesen durchaus beseitigt. Es zeigte sich, daß die Spindeln von a und a unter
abnormen Bedingungen e b e n s o w e n i g a n d ie P a r a t a n g e n t i a l e b e n e g e b u n d e n sind,
als in der normalen Entwickelung.
Demnach beweist die Geschichte der T-Riesen, d a ß a u c h b e i a u n d a d a s
d e s k r ip t i v e V e r h ä l t n i s d e r S p in d e l zu e in e m i n n e r e n M e r k m a l , in d i e s em
F a l l e d e r p r im ä r e n V e r t i k a l r i c h t u n g , b e s t ä n d i g is t ; — ein Resultat, das freilich
in Anbetracht des greifbar primären Charakters gerade dieser deskriptiven Richtungsbeziehung
kaum zweifelhaft sein konnte.
2.
Leider enthält die Geschichte der T-Riesen nichts, was geeignet wäre, über die
s p e z i e l l e B e s c h a f f e n h e i t d e s z u r V e r w e n d u n g k om m e n d e n R e i zm e c h a n i sm u s
u n d ü b e r d ie H e r k u n f t d e r b e t r e f f e n d e n S t r u k t u r e n neuen Aufschluß zu geben.
Und doch bedarf diese Angelegenheit, nachdem die Grundlagen der genetischen Beurteilung
sich inzwischen bedeutend geändert haben, dringend einer Revision.
W ir hatten früher die Hypothese aufgestellt, daß die vertikale Teilungsrichtung von
a und a durch gleichzeitiges Vorhandensein einer primär-paramedianen und primär-transversalen
Flächendifferenzierung im Plasma der Zellen ermöglicht werde; und zwar sollten diese
Strukturen bei der Geburt der Zellen a und a einerseits und ihrer gemeinsamen Mutterzelle
andrerseits als Nebenprodukte der mitotischen Plasmadifferenzierung neu entstanden sein.
Diese Annahme stellte d am a ls gegenüber der Vorstellung, die Differenzierung der beiden
Ebenen sei schon im E i vorhanden gewesen und sei durch mehrere Klüftungen hindurch
auf a und a übergegangen, unbedingt eine Komplikationsersparnis dar. Jetzt aber ist
äußerst fraglich geworden, ob jene Hypothese sich nicht durch eine ökonomischere ersetzen
läßt. Mit unseren gutgemeinten Versuchen, mitotische und postmitotische Vorgänge innerhalb
der Zelle als Erzeuger der benötigten Strukturen heranzuziehen, hatten wir bisher wenig
Glück. Andrerseits ist das Bestehen bestimmt gerichteter Strukturen im Plasma des Eies
und deren stufenweiser Übergang auf Furchungszellen mittlerweile ein erwiesenes Faktum
geworden, so daß wir diese Annahme, falls sie nur sonst ökonomisch ist, nirgends mehr zu
scheuen brauchen.
Zoologica. Heft 40. 18