züglich ihres Dottergehaltes schwankt in weiten Grenzen, und es gibt, wenn auch selten,
Eier, bei denen ein Helligkeitsunterschied zwischen Pi und A B kaum oder gar nicht zu bemerken
ist. Immer aber verhält sich darin die ganze Nachkommenschaft eines Ascarisweibchens
völlig gleich.
Eine ähnliche Variabilität, nur mit umgekehrtem Häufigkeitsverhältnisse, gilt für die
zwei noch folgenden Fälle anisotroper Dotterverteilung. E s ist die R e g e l, daß bei allen
späteren Furchungen das Dotterquantum der Mutterzelle, soweit man das beurteilen kann,
gleichmäßig auf ihre Sprößlinge übergeht. Gelegentlich aber findet man eine Ascaris,
deren sämtliche Eier b e i d e r M i t o s e d e r u n t e r e n F u r c h u n g s z e l l e Pi d ie D i f f e r
e n z i e r u n g d e r D o t t e r m e n g e n o c h m a l s w i e d e r h o l e n . Diesmal sammelt sich die
Wolke im o b e r e n Bereich der Zelle; also wird EM S t die dunklere von den beiden
Töchtern, P i bleibt hell, so daß das rhombische Vierzellenstadium von drei gleichmäßig
hellen und einer dunklen Zelle gebildet wird (Fig. A A A i, 2).
EMSt
AISc
1 und 2 Stadium IV einer A. m. univalens, von links, nach dem Leben. 3 Stadium VI—VIII desselben Eies.
Zum dritten Male kann der Prozeß der Dotterdifferenzierung bei der M i t o s e v o n
E M S t , und zwar in solcher Weise vor sich gehen, daß nun die kopfwärts liegende Tochterzelle
MSt sehr wenig, die hintere, E , fast allen Dotter mitbekommt (Fig. A A A 3). E ist die
Urzelle des Darmes; und so dient denn offenbar die stufenweise Differenzierung der
Helligkeit zu nichts anderem, als rasch und gründlich den größeren T e il des Dottergehaltes
auf die Darmanlage zu konzentrieren, — ein Zustand, der in späteren Stadien auch von den
übrigen Eiern, wenn auch mit anderen Mitteln und weniger vollkommen erreicht wird.
Fragen wir jetzt nach den U r s a c h e n der anisotropen Dotterverteilung, so ist von vornherein
klar, daß hier eine grob m e c h a n i s c h e B e w i r k u n g d u r c h d ie S c h w e r e k e in e
R o l l e s p i e l t . Das was die Dottertröpfchen bestimmter Ascariszellen nach einer vorgeschriebenen,
bald „vertikalen“ , bald „horizontalen“ Richtung treibt, müssen kompliziertere
V o rg än g e oder Zustände in der plasmatischen Umgebung der Tröpfchen sein.
Nun können und brauchen wir nicht zu untersuchen, ob hierbei ein Teilchen der
„Dottersubstanz“ sich wie ein toter Flüssigkeitstropfen verhält, der passiv, etwa durch lokalisierte
Änderung seiner Oberflächenspannung dahingezogen wird, oder ob etwa das Teilchen
in feinerer Weise auf einen Richtungsreiz mit Bewegung reagiert. Sicher ist jedenfalls, daß
die typisch gerichtete Dislokation des Dotters ohne eine entsprechende A n i s o t r o p i e d e r
U m g e b u n g nicht geschehen könnte: irgend etwas im Inneren der Zelle selbst oder in
ihrer Nachbarschaft, das schon vorher typisch geordnet war, muß das Dottertröpfchen nach
der betreffenden Richtung hin — sei es mechanisch, sei es durch Reizvermittelung -
drängen oder ziehen.
Ständen wir jetzt noch ganz am Beginn der Analyse und wüßten von inneren Strukturen
der Blastomere weiter nichts als das, was man mit dem A uge sieht, so wäre nach dem
Gesetze der Sparsamkeit der folgende Erklärungsversuch, der mit ohnehin vorhandenen
Anisotropien rechnet, der einzig erlaubte. Sowohl bei Pi als bei EM St liegt in derselben
Richtung, in der die Verschiebung des Dotters vor sich geht, eine Nachbarzelle, nämlich
A B (oder deren Töchterpaar) im einen, P2 im anderen Falle. Dann ließe sich denken, daß
allemal die betreffende Nachbarzelle — z. B. durch eine chemische Emanation — den A n trieb
oder Richtungsreiz zur Bewegung der Dotterkörnchen lieferte; daß also der Dotter
von P x durch die obere Furchungszelle A B nach oben, der von EMSt durch die hinter ihr
gelegene Zelle P2 horizontal nach rückwärts „gezogen“ würde. Experimentelle Gegenbeweise,
die etwa das Fortbestehen der typischen Dotterdifferenzierung im Zustande der Isolation
demonstrierten, liegen zur Zeit nicht vor. Und so würde denn selbst die offenbare Sonderstellung
des Eies, das seinen Dotter ungleich verteilt, o h n e d a ß eine Nachbarzelle ihm
zu Hilfe käme, das also doch zweifellos eine dazu bestimmte innere Anisotropie besitzen
muß, — die Annahme der sparsamen Hypothese für P t und EM St kaum verhindern können.
Seitdem wir aber wissen, daß das Innere aller Blastomere — zunächst für die B e dürfnisse
der Teilungsrichtung — anisotrope Strukturen enthält, ist die Vorstellung, die ungleiche
Dotterverteilung möchte in allen drei Fällen übereinstimmend durch in n e r e Anisotropie
bewerkstelligt werden, recht wohl konkurrenzfähig, ja sogar von vornherein die wahrscheinlichere.
Und wir wollen uns rasch überzeugen, wie überaus gering die Ansprüche auf
Einführung neuer Komplikationen sind, zu denen uns der veränderte Standpunkt zwingen
würde.
Die drei Geschehnisse, die in der Art ihres deskriptiven Ablaufes sich kaum voneinander
unterscheiden, und die, wie wir sahen, dem gleichen morphogenetischen Endzwecke
dienstbar sind, stehen auch in g e o m e t r i s c h e r Hinsicht in einem bemerkenswert innigen
Zusammenhänge. Natürlich erfolgt in allen drei Fällen die Dislokation der Dottertröpfchen,
die ja doch zu einer Verteilung auf die künftigen Tochterzellen führen soll, parallel zur
Spindelachse der betreffenden Zelle. Da zeigt sich nun, daß P x und EM St jener kleinen
Blastomerengruppe ängehören, bei denen die fertige Spindel genau in d e r R i c h t u n g d e r
P r im ä r a c h s e liegt. Und wir erinnern uns ferner, daß die „horizontale“ Achsenrichtung
der kurz vorher um 90° gedrehten Zelle EM S t genetisch mit der „vertikalen“ von Px, und
diese wieder mit der Teilungsachse des Eies zusammenfällt. Was folgt daraus? Die Dottertröpfchen
verschieben sich, auf das primäre Gerichtetsein bezogen, in a l l e n d r e i ü b e r h
a u p t b e k a n n t e n F ä l l e n p a r a l l e l zu e in e r e in z i g e n G r a d e n , der Achse des Eies.
Dann ist, um die typische Orientierung sämtlicher Verschiebungsbahnen sicher zu stellen,
nur eine einzige Art von Anisotropie erforderlich; und zwar b r a u c h t e d i e j e n i g e A n i s o t
r o p i e , d ie o h n e j e d e n Z w e i f e l im E i d a s W a n d e r n d e s D o t t e r s r e g u l i e r t ,
Zoologloa. lieft 40. 20