beider Unterfamilien. A b e r auch die Tarantulinen zeigen Beziehungen zu den Phrynichinen,
doch fehlt zwischen beiden ein Bindeglied, wie es Charon zwischen den Charontinen und
Phrynichinen darstellt. Aus diesem Grunde erscheint es mir b e s se r , die alte Anordnung
S im o n s mit alleiniger Umstellung der letztgenannten Unterfamilien wieder in Anwendung zu
bringen, wie es in der obigen Übersicht geschehen ist.
* *
Die Beziehungen der Pedipalpen zu den übrigen Arachnidenordnungen erscheinen nach den
bereits mehrmals erwähnten neuen Entdeckungen P o c o c k ’ s (54), die. sich auf die Ableitung
der Opilionen aus amblypygendxtigen Vorfahren beziehen, und nach der Einreihung der Palpi-
graden in ihren Formenkreis etwas anders, als ich sie früher (12) durch ein Schema auszudrücken
versucht hatte, bei dessen Aufstellung mich vor allem anatomische Merkmale geleitet
hatten. Zwar gibt mein Schema die verwandtschaftliche Stellung der einzelnen Pedipalpen-
Typ en so wieder, wie ich sie auch heute noch annehmen möchte, aber die Errichtung einer
besonderen Reihe ,,holotracheater(t Formen ist unter Voraussetzung der Richtigkeit der . Entdeckungen
P o c o c k ’ s unhaltbar geworden, wie andrerseits auch seine „Caulogastra“ keine
systematisch-phylogenetische Einheit mehr darstellen. Die Ordnung der Pedipalpen nimmt
vielmehr, wie es bereits früher von anderen Forschern angedeutet worden ist, eine weit mehr
c e n t r a l e L a g e im S y s t em d e r Lipoctenen ein, als ich es damals annahm.
Es ergibt sich damit aber auch gleichzeitig die Annahme, daß die A h n e n d e r P e d i p
a lp e n (in praecarboner Zeit) noch s e h r v i e l p o l y m o r p h e r waren, als es die heutigen
Reste derselben sind, und ihre Vielgestaltigkeit muß sich sowohl au f die Gliederung der
prosomalen Extremitäten, wie auf die Mundbildung, L a g e und Form der Respirationsorgane,
den Besitz des Telsons und andere, weniger wichtige Merkmale und solche der inneren Anatomie
erstreckt haben. Unter den heutigen Arachniden sind es nur die M i lb e n , die in
ähnlicher W e ise überaus polymorph sind, doch bezieht sich bei ihnen dieser Charakter nicht
auch auf die gleichen Merkmale. Die hypothetischen Ahnen der Pedipalpen müssen unter
den Arachniden eine ähnliche Kollektivgruppe dargestellt haben, wie es für die Säugetiere
die Formen des Alttertiärs gewesen sind.
Die den Pedipalpen nächst verwandte Gruppe, die Araneen, sind ja noch so eng mit
ihnen verbunden, daß beide als Megoperculata zusammengefaßt werden konnten, und wie die
Araneeny so verdanken auch die Opilionen1 ihren Ursprung höchstwahrscheinlich amplypygen-
1 In einer wertvollen Arbeit über die Systematik der Opilionen (55) glaubt P o c o c k eine Richtigstellung meiner
Angabe (12) über die prosomalen Stemalgebilde einiger Formen dieser Arachnidenordnung bringen zu müssen. Er sagt
pag. 508: „It appears to me in all Opiliones, including the Anepignathi (.Leptopsalis etc.), the sternal sclerite that lies beliind
the labium represents the sternal elements of the posterior four somites of the prosoma, and is strictly homologous through-
out the Order.“ Veranlassung fand P o c o c k dazu in meiner Vergleichstabelle der prosomalen Stern algebilde der Cheli-
ceraten, in der an Stelle der S t e r n a des letzten (Leptopsalis, Pachylus■), der 2 (Trogulus) oder 3 (Nemastoma) letzten prosomalen
Segmente der Genitaldeckel verzeichnet worden war, der das 3. Urosternit morphologisch darstellt.
Daß ich aber bereits damals eine ähnliche Ansicht vertrat, wie die oben zitierte von P o c o c k , beweist die Anmerkung
16 auf Seite 445 (12), in der es heißt: „Der Genitaldeckel bedeckt ventral die Sternalpartie der 2 letzten Beinpaare
(bei Trogulus), welch letztere so gleichzeitig die Decke der Geschlechtsöffnung darstellt; durch die Lage des Genitaldeckels
artigen Vorfahren und gelangten zu ihrer heutigen Gestaltung durch die Rückbildung des
Genital- und Praegenitalsegmentes — die sich bereits bei ihren Ahnen, den Anthracomarti
Kärsch, (im Hinblick auf die Amblypygen) deutlich geltend gemacht hat — und durch die
Neuerwerbung eines zweiten Gnathocoxitpaares (der 3. Extremität), die Vergrößerung der
Hüften des letzten Beinpaares und die meist m ächtige Entwicklung der Gonopoden. Die Cheliceren
behielten ihre ursprüngliche Gliederung be i, von Atmungsorganen blieb nur 1 Paar (des
4. mesosomalen Segmentes) erhalten, und wie bei den Araneen, Cryptostemma, Chelonethen
und vielen Acari, finden wir bei ihnen 4 Gangbeinpaare. — Cryptostemma stellt wahrscheinlich
auch einen Abkömmling der alten Pedipalpen dar; in die Verwandtschaftsgruppe
der Megoperculaten und Opilionen gehört es zweifellos durch den Besitz einer Patella an der
3.— 6 . Extremität, und an die Uropygen speziell erinnert es unter anderem durch die Gestaltung
des Labrums und der Hüften der 2. Extremität, deren Verwachsung aber noch
weiter gediehen ist; ferner deutet die lateroventrale Insertion des 3. Beinpaares auf Pedipalpen
hin. A u f die Opilionen weist' aber wiederum hin die Rückbildung des praegenitalen
Segmentes und die L a g e der Geschlechtsöffnung hinter den Coxen der letzten Beine, und
auf dio Chelonethen die zweigliedrigen Cheliceren, deren beweglicher Finger wie bei diesen
außenseitlich inseriert.
Entgegen meiner früheren, mit der P o c o c k ’ s im Einklang stehenden Anschauung glaube
ich jetzt,- daß die T a i l l e n e i n s c h n ü r u n g d e r Caulogastra P o c o c k ’ s, dife ihren höchsten
Grad bei den Amblypygen und Araneen erreicht hat, dagegen bei den Uropygen, Koenenia
und Cryptostemma unbedeutend ist, nur von untergeordnetem phylogenetisch-systematischem
W e r t ist. W e it wichtiger scheint mir vielmehr der B e s i t z e in e r P a t e l l a zu sein, der die
Pedipalpen, Araneen, Opilionen und Mefidogastra eng mit einander verbindet, wie es schon
früher von M. L a u r i e (41) angedeutet wurde.
Nichts .desto weniger entstehen bei einer derartigen Gruppierung der fraglichen Ordnungen
neue Schwierigkeiten in der Ableitung der Acari, Chelonethi und Solifuga. Die Acarinen
mit den Opilionen in phylogenetische Beziehung zu bringen, ist auch heute noch die e in z ig
h a l t b a r e Möglichkeit, zumal in Anbetracht der erst jüngst bekannt gewordenen Notostigmata
Wight (cf. 79). Da diese Milben wie die Opilionen und Araneen an allen Beinen eine t y p i s c h e
P a t e l l a besitzen, die bei den übrigen Gruppen dieser Ordnung (soweit bis je tz t mit Sicherheit
bekannt ist) nicht mehr in ihrer echten Gestaltung' auftritt und daher noch nicht unzweideutig
hat nachgewiesen werden können, so dürften die Acari zweifellos in die Gruppe
der p a t e l l a t e n Arachniden gehören. Die Mundbildung zeigt bei vielen ihrer ursprüngerklärt
sich wahrscheinlich auch der Schwund eines eigentlichen, besonders chitinisierten Sternums, das gemäß der Lage
der Coxae der betreffenden Beinpaare bei Troguliden und anderen Palpatores sehr wohl hätte entwickelt sein können.“
Bei den von mir damals untersuchten Typen, mit Ausnahme von Pachylus, ist der fragliche Körperteil tatsächlich nicht mit
einem „Sklerit“ bedeckt, man kann also von einem eigentlichen Sternum gar nicht sprechen.
Da nun weiter das Labium der Opilionen dort, wo es in typischer Gestaltung auftritt (Phalangiden, Gonyleptiden etc.)
als Sternit des 3. prosomalen Segmentes erscheint (daher von mir als „labiales Tritostern.im“ aufgefaßt worden, ist), so
kann die weiche Sternalpartie hinter ihm bei Phalangiden, Troguliden etc. zunächst nur die verschmolzenen und rück-
gebildeten Sterna der 3 letzten prosomalen Segmente darstellen. Es erstreckt sieh aber bei Trogulus (tricarinatus) und
Nemastoma (bimaculata) a. e. diese. Sternalpartie nach vorn bis zwischen die Coxen des 3. Extremitätenpaares, sodaß die
Annahme gerechtfertigt erscheint, daß hier das ursprüngliche Tritosternum zum Teil (Nemastoma) oder ganz (Trogulus)
mit in ihr enthalten ist.
Das Sternum der 3 hinteren prosomalen Segmente bei Pachylus und Verwandten -war leider s. Z. von mir infolge
seiner Schmalheit übersehen worden.
Zoologlca. Heft 42. 20