Keimbahntypus drehen sich bisweilen so um ihre Achse, daß zwischen der La g e ihrer
zipfelförmig vorragenden Chromosomenden und der bevorstehenden Teilungsrichtung ein
bestimmtes, einfaches Verhältnis resultiert.
In jedem Falle aber haben wir d i e r e i f e , d ie Ä q u a t o r i a l p l a t t e t r a g e n d e
S p in d e l als dasjenige Gebilde erkannt, a n d em a l l e in d ie K a u s a l i t ä t d e r t y p i s c h
g e r i c h t e t e n T e i l u n g u n t e r a l l e n U m s t ä n d e n z u r G e l t u n g k om m t u n d z w a r
v o l l s t ä n d i g , d. h. in B e z u g a u f a l l e D im e n s io n e n .
Demnach wird der Hauptgegenstand und das eigentliche Ziel unserer Analyse sein
die Ursachen aufzudecken, durch die in jeder Zelle die vorschriftsmäßige Einstellung der
r e i f e n S p in d e l bewirkt wird. — Unsere Kenntnis, daß jene Ursache ihrer Natur nach
befähigt sein muß, auch auf den ruhenden Kern und die sich trennenden Tochtersphären
richtend einzuwirken, kann uns dabei als ein Indicium vielleicht von Nutzen sein.
W ir suchen jetzt, auf Grund des früher von uns aufgestellten Programmes, zunächst
eine Antwort auf die Frage, ob die typische Einstellung der Spindel p a s s i v geschieht, als
Wirkung einfacher mechanischer Faktoren, oder aber durch eine a k t i v e L e i s t u n g d e s
Z e l lp r o t o p l a sm a — mit oder ohne Beteiligung äußerer R ic h tu n g s r e iz e 9 f^Zu Stande
kommt.
II Mechanische Faktoren,
l .
Man weiß, wie sehr verbreitet früher die Ansicht war, daß alle typisch bestimmte
Teilungsrichtung durch mechanische Einflüsse erklärt werden könne. D a die langgestreckte
Spindel samt ihren wachsenden Polstrahlungen zumeist die ganze Furchungszelle durchsetzt,
ja oft kaum den nötigen Platz darin zu finden scheint, zugleich aber beweglich und verschiebbar
ist, so la g es wirklich nahe zu glauben, eine Spindel müsse durchaus und ganz
von selbst in diejenige Achse ihrer Zelle zu liegen kommen, die ihr zur Ausdehnung den
reichlichsten Raum gewährt: in die Richtung der g r ö ß t e n P r o t o p la sm a m a s s e (H e r t -
w ig s c h e Regel)*,,;Wobei eine solche Richtung entweder durch einseitige Anhäufung des
Dotters innerhalb der Zellen, oder durch gegenseitigen Druck und die daraus entstehende
Deformation der ganzen Zellen geschaffen werden sollte.
Seither ist der Glaube an die a l l g e m e in e Bedeutung des in der Hertwigschen Regel
ausgedrückten Kausalzusammenhanges stark vermindert worden. In der Furchungsgeschichte
von Ascaris besitzt derselbe, wie ich schon früher (1896 a) hervorgehoben habe und hier in
größerer Vollständigkeit und besserer Begründung noch einmal auseinandersetzen will, bestimmt
keine Gültigkeit.
D a ß zunächst der D o t t e r , den die Ascariszellen enthalten, mit der typischen Ein stellung
der Spindeln nichts zu tun haben kann, ist jedem klar, der ein lebendes Furchungsstadium
unseres Wurmes gesehen hat. Die Dotterkörnchen sind in das Plasma der meisten
Zellen ja viel zu spärlich* immer aber g l e i c h m ä ß i g eingestreut und bedingen durch ihre
Gegenwart überhaupt keine Richtung größter Protoplasmamasse. Es gibt freilich eine A usnahme:
das ungeteilte Ei. Hier zieht sich, wenn die Mitose anhebt, der Dotter in die Nähe
des unteren Poles zusammen; dadurch wird innerhalb des kugelrunden Gebildes der Bereich
des eigentlichen Protoplasma in der Achsenrichtung eingeengt, und es entsteht d em
Ä q u a t o r p a r a l l e l eine Richtung größter Protoplasmamasse, die nach Hertwigs Gesetz der
Spindel eine „horizontale“ Stellung verleihen müßte. Aber es ist, als wenn uns am Ascarisei
die Machtlosigkeit mechanischer Faktoren eigens demonstriert werden so llte : die erste
Teilungsspindel stellt sich vertikal, und ihr unteres Centrosoma taucht tief in die angesammelte
Dottermasse.
Etwas günstiger liegen a priori die Verhältnisse für die andere Voraussetzung, nach
welcher die Spindelstellung durch die G e s t a l t d e r g a n z e n Z e l l e im Sinne der Hertwigschen
Regel mechanisch bedingt werden soll. Denn die Form der Ascariszellen ist — mit
Ausnahme des ungeteilten Eies <— ja keine: k u g lig e : aus dem gegenseitigen Kontaktverhältnis
ergibt sich für eine jede, zum T e il unter Mitwirkung des Schalendruckes, eine
bestimmte Gestalt mit Ecken und Kanten, an der sich natürlich allemal irgend eine Richtung
größter Protoplasmamasse bezeichnen läßt. Und wie die Zellformen, so sind auch
diese Richtungen typische, könnten also ganz wohl die Ursache einer typisch geregelten
Spindelstellung sein. Allein d ie R i c h t u n g d e r g r ö ß t e n P l a sm am a s s e i s t b e i d e r
M e h r z a h l d e r A s c a r i s z e l l e n d u r c h a u s n i c h t d i e j e n i g e , in w e l c h e d ie T e i l u n g s s
p in d e l zu l i e g e n , k om m t . Bei sehr zahlreichen epithelial gelagerten Blastomeren, z. B.
fast allen Ektodermzellen der mittleren Entwickelungsstufen steht infolge der seitlichen
Kompression die längste Achse senkrecht auf der freien Oberfläche des Embryo; die
Spindeln aber liegen nicht in dieser selben Achse, sondern rechtwinklig zu ihr, der Oberfläche
des Epithels parallel, also jedenfalls nicht in der Richtung der g r ö ß t e n Protoplasma-
mas§e.];fUnd bei der Klüftung des Stadium II stellt sich die Spindel der in axialer Richtung
komprimierten unteren Zelle (Fig. Q, p. 69, P x) sogar zweifellos in die Richtung der g e r
in g s t e n Protoplasmamasse, des größten Druckes ein, der Hertwigschen Regel zum Hohne
(zur S t r a s s e n , I^95).9 - Wenn demnach schon das Studium der normalen Teilungsweise g e stattete,
für die Mehrheit aller Spindelstellungen des Ascariskeimes passiv-mechanische B e wirkung
nach Hertwigs Rege l auszuschließen, so mußte doch andererseits zugegeben werden,
daß bei einigen Blastomeren, z. B. der oberen, ektodermalen Zelle des Stadium II (Fig. Q,
AB), die Spindelstellung mit der größten Ausdehnung, des Plasma zusammenfällt; wonach
man w e n i g s t e n s f ü r d i e s e F ä l l e an eine passive Einstellung der Spindel glauben
konnte. Allein auch diese bescheidene Möglichkeit, der Hertwigschen Regel einige Geltung
zu gewähren, wird gerade für den genannten charakteristischen Fall 9 - und damit sehr
wahrscheinlich für allejlgggdurch. das Experiment zerstört. A n unserem Dreifachzwilling erlitt
die ektodermale Zelle des senkrechten, (auf dem Kopfe, stehenden) Individuums durch
den Druck der- eingeschnürten Schale eine derartig starke Deformation, daß ihr größter
Durchmesser, der ^onst quer zur Längsachse steht, in . die Richtung der Achse zu. liegen
kam (Taf. IV, Fig. 50— 5 2 ^ Dennoch orientierte sich die Spindel dieser Furchungskugel,
wie typisch, quer zur Achse, also diesmal senkrecht zur Richtung der größten Plasmamasse.