a n h ä n g e d e r Pedipalpen (und n a t ü r l i c h a u c h d ie a n d e r e r Arachniden), s o w e i t s ie p a a r ig
a u f t r e t e n , in d e r g l e i c h e n W e i s e w i e b e i d e n A t e l o c e r a t e n , a l s T e l o p o d i t -
R e s t e d e s G e n i t a l s e g m e n t e s a n z u s p r e c h e n . Bei den männlichen Thelyphoniden, Palpigraden
und Tarantuliden sind sie auch entwickelt, aber nicht mehr von ursprünglichem Bau,
und können bei ihnen, speziell den Tarantuliden, auch echte Faltenbildungen, Gonapophysen,
zu den Gonopoden hinzutreten, die unpaar sind. E i n e p r im ä r e G l i e d e r u n g : i s t an
d e n G o n o - T e l o p o d i t e n , trotz B e r n a r d ’^ilSehema desTarantuliden-Penis, n i c h t m e h r
n a c h w e i s b a r .
Die Tatsache, daß die „Genitalanhänge“ erst verhältlich spät in der Ontogenie auftreten,
spricht keineswegs gegen ihre „Extremitätennatur.“ Bei allen Diskussionen über diese
Frage, die namentlich bei den opisthogoneaten Antennaten lange Zeit erbittert gepflogen sind,
hat man meist in em b r y o n a l e n E x t r e m i t ä t e n a n l a g e n der sonst „beinlosen“ Körperabschnitte
(Abdomen der Hexapoden, Opisthosoma der Arachniden etc.) m it d e n g a n z e n
E x t r e m i t ä t e n d e r b e t r e f f e n d e n K ö r p e r s e g m e n t e id e n t i f i z i e r t . Diese Betrachtungsweise
ist aber ganz ungerechtfertigt. D i e em b r y o n a l e n E x t r e m i t ä t e n an lä g e n ,
die nicht bestimmt sind, sich zu allgemein anerkannten Extremitäten auszubilden, r e p r ä s e n t
i e r e n n u r d ie A n l a g e n d e r C o x e n o d e r a l l e n f a l l s d e r B a s ip o d i t e (Coxa -|- Sub-
coxa) der betreffenden Extremitäten. In d ie s e r A n la g e is t d ie d e s z u g e h ö r ig e n T e lo -
p o d i t s m it e n th a l t e n , w e l c h e a b e r o f t e r s t v ie l s p ä t e r (ontogenetisch) z u r S e lb s t ä n d
ig k e i t g e la n g t . W ie die Cerei -z. B. bei vielen Dipteren, Hymenopteren u. a. erst in der
Imago zur Ausbildung kommen, so erscheinen die Telopodite der verschiedenartigen Gonopoden
meist erst zu Beginn der Geschlechtsreife der fraglichen Tiere. Eine e i g e n t l i c h e
R ü c k b i l d u n g der in Rede stehenden embryonalen Extremitätenanlagen findet n ic h t statt,
wie schon andere Forscher bei Hexapoden dargetan haben. Die betreffenden Co xen oder
Basipodite erleiden nur eine Umwandlung, sie nehmen teil an der Bildung der. sogenannten
Urosternite, an denen vielfach ehemalige „C o x alo rgan e“ gefunden werden. (Man vergleiche
Chilopoden, Machilis und andere niedere Hexapodeii). So auch an den opisthosomalen Segmenten
der Arachniden. Damit stimmt ganz d ie B i ld u n g d e r L u n g e n an d e r H in t e r s e i t e d e r
em b r y o n a le n E x t r em i t ä t e n s tum m e l überein, wie sie beim Scorpion (A. B r a u e r , 17)
beobachtet worden is t ; wie bei Limulus zeitlebens, so liegen die Lungen beim Scorpion
wenigstens noch auf einer gewissen ontogenetischen Stufe nachweislich auf der Hinterseite
der Co xen der mesosomalen Extremitäten. Betrachtet man, dies im Auge,rbehaltend, den
Bau der Urosternite des 2. und 3. Hinterleibssegmentes bei den großen Pedipalpen in der
richtigen W e is e , so erscheinen plötzlich diese Urosternite als die abgeflachten, mit den
M e d io s te rn e n verschmolzenen C o x e n , h in te r denen (im Innern) die Lungen liegen (wie bei
Limulus). Im 2. Segment sind dann auf der Hinterseite der hier anscheinend verschmolzenen
beiderseitigen Hüftglieder, zwischen den Lun gen , die zugehörigen Telopoditreste (Gonopoden)
gelegen. E s erweisen sich somit in den letztgenannten Charakteren die Pedipalpen,
speziell die Uropygen und Amblypygen, als die ursprünglichsten Arachniden.
E s erübrigt noch anzuführen, daß die Geschlechtsorgane der Pedipalpen sich in ihrem
Bau am engsten an die gewisser Araneen anschließen.
Schluß bet rächt ungen.
Die systematisch-phylogenetische Verwandtschaft der verschiedenen Vertreter der
Pedipalpen und ihre Beziehungen zu den übrigen Arachniden.
Daß in dem vorangegangenen speziellen Abschnitt dieser Abhandlung Koenenia als e in
V e r t r e t e r d e r O rd n u n g d e r Pedipalpen aufgefaßt und dementsprechend behandelt worden
ist, wird gewiß auf Grund der vielen zwischen den .Palpigraden und den anderen Pedipalpen
herrschenden Übereinstimmungen in der Organisation ihres Körpers als zweckmäßig einleuchten.
Da aber die F ra g e nach der Selbständigkeit der Palpigraden den anderen Araehnidenord-
nungen gegenüber mehrmals, zumal durch G r a s s i (26), H a n s e n und S ö r e n 's e n (29), behandelt
worden und zu deren Gunsten entschieden ist, ferner auch in allerneuester Zeit P o c o c k (53)
sich der Auffassung dieser Forscher angeschlossen zu haben scheint, so halte ich es für angemessen,
mich etwas eingehender über dies Thema auszulassen, als es vielleicht nötig erscheinen
könnte;
Die hervorragendsten Charaktere, welche die Palpigraden zu einer eigenen Ordnung
stempeln sollen, sehen H a n s e n und S ö r e n s e n in der Bildung des Mundes, der Cheliceren
(1. Extremitätenpaar), der übrigen Extremitäten und der Anzahl der Hinterleibssegmente.
Im Folgenden ist es nun meine Aufgabe zu zeigen, daß der W e r t dieser Merkmale keineswegs
ein so großer zu sein braucht, wie die berühmten dänischen Forscher es angenommen
haben.
W a s zunächst den Bau des Mundes anbetrifft, so müssen wir allerdings gestehen, daß
darin die Palpigraden eine merkwürdige Sonderstellung unter fast allen Arachniden einnehmen,
und diese Tatsache scheint man bisher auch als Hauptmoment zur Abtrennung der fraglichen
Gruppe ins Feld geführt zu haben. Es ist aber von Bedeutung, daß wir eine zweite Arach-
nidenordnung kennen, die in d e r B i ld u n g d e s M u n d e s im w e s e n t l i e h e n m i t d e n
Palpigraden ü b e r e i n s t im m t : die So Hfugen. Bei beiden konstatieren wir die völlige Unabhängigkeit
der Mundöffnung von den Extremitäten, speziell den Coxen des zweiten Paares,
und das Vorhandensein eines Prosternums als Labium. Dadurch erlangt Koenenia zwar ein
theoretisch wertvolles Interesse für uns, indem wir in ihr ein „echtes Arthropod ohne eigentliche
Mundbeine“ besitzen, aber der phylogenetische W e r t dieser Eigenschaft ist deshalb ein
zweifelhafter, weil wir Koenenia sicher von Arachniden ableiten müssen, die noch ein Gnatho-
podenpaar (2. Extremität) besaßen. Denn daß sie primitiver und folglich älter sei als die
Merostomata und Scorpione z. B. wird heute doch wohl kein Forscher mehr ernsthaft glauben
können.