h i e l t e n , die anfangs vielleicht eine gerade. Linie oder Fläche bildete und erst allmählich
durch den Prozeß der Klüftung und geordneten Zellenverschiebung zersprengt, gebrochen,
in ihren Teilen verdreht würde. Durch die genaue, generationenlang fortgeführte Kontrolle
der primären Richtungen würde ein derartiger Zusammenhang, der offenbar das E i in
hohem Maße zu entlasten vermöchte, zu ermitteln sein.
Zweitens aber bietet sich noch eine andere, überaus ökonomische Möglichkeit, E s
wäre denkbar, daß die Richtungsstrukturen nicht durchweg vom E i her ererbt, sondern —
wenigstens zum TeiL'*’?Ä j|jwährend d e s E n t w i c k e l u n g s v e r l a u f s , u n d z w a r d u r c h
b e k a n n t e in t e r n e , t y p i s c h g e r i c h t e t e P r o z e s s e d e n o v o g e b i l d e t w ü r d e n . Vor
allem kämen hierfür die mitotischen Vo rgänge selber in Betracht. Wenn die „primäre
Achse“ einer Zelle, nachdem Spindel und Strahlen zurückgebildet sind, für das A u g e verschwindet,
so k ö n n t e d o c h e in e s t r u k t u r e l l h e r v o r g e h o b e n e S p u r ih r e r L a g e
im P l a sm a d a u e r n d ü b r i g b l e ib e n ; und es wäre möglich, daß die Spindel der Zelle
von dieser „primär-axialen Differenzierung“ den richtenden Reiz erhielte. Und ebenso wäre
denkbar, daß von der Mutter- und Großmutterzelle auf gleiche Weise • in sich selbst ge schaffene
Strukturen im Erb g an g auf die Tochter übertragen würden, die dann bei ihrer
Geburt ein ganzes System verschiedenartig gerichteter, typisch geordneter Differenzierungen
und dadurch die Mittel erhielte, mannigfache typische Spindelstellungen herbeizuführen. Als
letztes Ziel aber winkte die Möglichkeit, daß das ungeteilte E i von präformierten Richtungsstrukturen
gänzlich entlastet und statt dessen der fortschreitende Klüftungsprozeß als Lieferant
a l l e r benötigten Strukturen in Pflicht genommen würde. — Manchem, Leser wird diese
ganze Vorstellung freilich nicht sympathisch sein, und ich sage ja gar nicht, daß sie mir
selber gefällt. Abgesehen davon, daß man derartiges noch nie gehört hat* »spricht auch eine
gewisse, der Hypothese anhaftende Überempfindlichkeit gegen sie: jede kleine Abweichung
der Spindelstellung müßte sich ja bei folgenden Generationen in steigendem Maße schädlich
geltend machen. Allein darauf kommt hier nichts an. Die Annahme nachträglicher Entstehung
der Reizstrukturen durch o h n e h in v o r h a n d e n e , typisch gerichtete Vorgänge im
Innern der Zelle wäre jedenfalls im höchsten Grade sparsam und muß daher, wenn unsere
Analyse auf festem Grunde erbaut werden soll, mit allem Ernst erörtert werden.
II. S p in d e l s t e l lu n g u n d i n n e r e R i c h tu n g am n o rm a l e n K e im .
Nach Erledigung dieser ausgedehnten, aber unvermeidlichen Präliminarien wenden wir
uns zunächst zu der F ra g e : W ie ; s in d in d e r n o rm a le n O n t o g e n e s i s d i e S p in d e ln
g e g e n ü b e r d e n p r im ä r e n R i c h t u n g e n o r i e n t i e r t ?
Hiermit aber verknüpfen wir aus technischen Gründen sogleich noch weiteres. Da
nämlich, wie oben dargelegt, jedes" deskriptiv erkannte Verhältnis zwischen Spindel und primärem
Gerichtetsein auf wirklich kausalem Zusammenhänge beruhen könnte, eventuell auch
die Möglichkeit besteht, die ursprüngliche Gemeinsamkeit zahlreicher Strukturen zu beweisen,
so empfiehlt es sich, von F a ll zu F all in unmittelbarem Anschluß an den deskriptiven Befund
die Fra ge nach den erforderlichen Reizmechanismen und ihrer Herkunft klarzustellen. Darum
soll auch die größere oder geringere Einfachheit der Mechanismen in struktureller wie ge netischer.
Hinsicht maßgebend für die Reihenfolge sein.
1.
Natürlich gibt es keine einfachere Möglichkeit, als die, daß eine Spindel in d i e
R i c h t u n g d e r p r im ä r e n A c h s e s e lb e r zu liegen kommt. Bau und Entstehung der
orientierenden Reizstruktur wären in diesem Falle höchst ökonomisch, und die Reaktionsweise
der Spindel desgleichen. Nach dieser „rein axialen“ Methode, die übrigens als „einreihige
Zellvermehrung“ bei fremden Geschöpfen oft einen bedeutenden Anteil an der Entwickelung
nimmt, teilt sich z. B. die Zelle P x und einige andere.
2.
Aber die rein axiale Teilungsweise spielt doch im jungen Ascariskeim eine beschränkte
Rolle. Fast immer sieht man die Spindeln mit den primären Achsen bestimmte,
für die betreffende Zelle natürlich genau vorgeschriebene W in k e l bilden. Und uiiter allen
Möglichkeiten ist wohl die verbreitetste die, daß die Spindel zu r p r im ä r e n A c h s e g e n
a u s e n k r e c h t s t e h t . So z. B. bei der Zelle A B , ihren beiden Töchtern A und B, bei
der Nachkommenschaft der Ektodermzelle a l l ( I A r l nach meiner früheren Bezeichnung,
vgl. 1896a Taf. IX, F ig. 44— 48) durch drei Perioden hindurch, ferner bei den ersten Teilungen
in der Schwanzzellen- und Darmgruppe, und manchen änderen. — Wie kann nun diese
scharf markierte und anscheinend mit einer gewissen Vorliebe verwendete Beziehung zwischen
Spindel und primärer Achse durch einen inneren Reizmechanismus vermittelt sein?
Zunächst ist wohl ohne viel physiologisches Bedenken die Annahme erlaubt, daß die
betreffenden Spindeln auf den von der Achsenrichtung ausgehenden Reiz nicht mit Längs-,
sondern mit Querstellung reagieren; oder auch, was auf das Gleiche hinauskommt, daß im
Plasma der Zelle v o n d e r U r s p r u n g sm i t o s e h e r e in e z u r p r im ä r e n A c h s e s e n k r
e c h t e „ S c h i c h t u n g “ z u r ü c k g e b l i e b e n i s t , in d e r e n F l ä c h e d ie S p i n d e l s i c h
o r i e n t i e r t . A b e r damit wären wir noch keineswegs am Ziele. Denn offenbar ständen wir
wieder, wie schon mehrfach, der Tatsache gegenüber, daß die von uns angenommene
Wechselwirkung nicht die endgültige La g e der Spindel, sondern nur eine E b e n e m ö g l
i c h e r Spindelstellungen gewährleistete.
Nun wird bei allen den Spindeln, um die es sich hier handelt, die endgültige Orientierung
in n e r h a lb jener Ebene durch eine und dieselbe deskriptive Ortsbestimmung präzisiert:
sie liegen nämlich sämtlich z u g l e i c h p ä r a t a n g e n t i a l , denn sie gehören ausnahmelos
solchen Zellen an, bei denen die Spindel auf Grund symmetrischer Bewegung der Tochtersphären
quer zur organischen Achse gebildet wird. Hierin aber bietet sich, wie man leicht
erkennt, eine willkommene Möglichkeit, mit sehr geringem Aufwand an Komplikation eine
Erklärung aller dieser Spindelstellungen aufzufinden. E s steht bis jetzt der Annahme nichts
im W eg, daß die paratangentiale Teilungsweise, obwohl auch Sie immer nur eine Ebene
von Möglichkeiten zu bestimmen vermag, ein physiologisch selbständiger, durch eigene
Kausalität geregelter Vo rg an g ist. Denken wir uns nun die fraglichen Mitosen, z. B. die
von A und B (Fig. Z p. 98) so eingerichtet, d aß ihre Spindeln erstens paratangential gebildet
werden, zweitens sich quer zur primären Achse stellen müssen, so erhalten zwei Ebenen
Einfluß auf ihre Lage, die, wenn sie sich schneiden, in ihrer Schnittlinie die Stellung der
Spindel eindeutig bestimmen. Und bis zum etwaigen Beweis des Gegenteils wird diese sehr
Zoologica. Heft 40. 13