der Blastomere, die bei den T-Riesen nur aus krankhafter Schwäche oder wegen allzu stark
veränderter Massenkorrelationen versagt ?
Glücklicherweise befand sich unter meinem Materiale ein einziges Individuum, dessen
Geschichte der ganzen Angelegenheit ein anderes Aussehen verleiht. E s handelt sich um
den gleichen Riesen vom zweiten T yp u s , der vorhin (Fig. V.VV) besprochen wurde, weil
die beiden hinteren Zellen seines Ektoderms durch ihre Form und La g e den Verdacht begründeten,
als wenn eine Tendenz zu aktiver Trennung in ihnen vorhanden wäre. Das weitere
Schicksal dieses Riesen gestaltete sich wie folgt.
Nachdem das Hinterende der Ventralfamilie sich immer stärker dorsalwärts gehoben
hatte, trat endlich die Schwanzzelle C an der typischen Stelle in Kontakt mit dem E k to derm.
Hier waren inzwischen — in allen vier Zellen zu gleicher Zeit — Teilungsfiguren
gebildet worden. In dem Augenblicke nun, in dem das neue Kontaktverhältnis zwischen
Ektoderm und Schwanzzelle zustande kam, trennten sich die beiden kaudalen Zellen b und/i,
als wenn sie hierauf nur gewartet hätten, glitten weit voneinander und nahmen Stellung in
der linken und rechten Flanke des Gesamtkomplexes. Unmittelbar darauf trat in allen vier
Ektodermzellen die Durchschnürung ein. A ls diese vollendet war, und noch ein paar leichte
Verschiebungen der jungen Elemente stattgefunden hatten, b o t d a s n u n m e h r a c h t z
e l l i g e E k t o d e rm g e n a u d ie g l e i c h e Z u s am m e n s e t z u n g d a r , w ie in d e r e r s t e n
P h a s e d e s V o r g a n g e s b e im t y p i s c h e n E m b r y o . Links war ein Rhombus, rechts
eine T-Figur gebildet worden (Fig. W W W F ig. i— 3).
1 www. 2 3
T-Riese vom zweiten Typus. Nach dem Leben. Orientierung des achtzelligen Ektoderms, erste Phase.
1 von rechts, 2 von links, 3 ventral angesehen. Die vier rechten Ektodermzellen sind weiß, die linken punktiert.
Allein die Konfiguration des Gesamtembryo war keineswegs typisch. Eigentümlicherweise
hatte nämlich die Schwanzzelle, der es beschieden war, durch ihr Emporsteigen bis
an das Ektoderm die Fortentwickelung dieser Zellfamilie noch rechtzeitig in die typische
Bahn zurückzuleiten, ihr eigenes Ziel vollständig verfehlt. Sie traf infolge der asymmetrischen
Stellung der vierzelligen Ektodermgruppe nicht mitten zwischen die beiden kaudalen Zellen
b und ß hinein, sondern berührte zunächst nur die rechte von ihnen. Als dann im A n schluß
an diese Berührung die allgemeine, fast plötzliche Verlagerung der Zellen eingetreten
war, w u r d e d ie S c h w a n z z e l l e , w ie e s s c h i e n , v o n d e r B e w e g u n g d a v o n g e t
r a g e n u n d g e l a n g t e g a n z u n d g a r a u f d ie r e c h t e S e i t e d e s E m b r y o . D a selbst
richtete sie sich zwar ein, als wenn sie zu Hause wäre, und nahm nach einiger Zeit
die charakteristische, ihr speziell zukömmende Birnenform an (Fig. W W W 1 u. 3); es ist aber
klar, daß die Konfiguration des ganzen Keimes und das Kontaktverhältnis mancher Zellen
nun wieder stark atypisch geworden war. — Unter diesen Umständen war ich nicht wenig
gespannt, ob auch die zweite Phase des typischen DislokationsVorganges, in der die ekto-
dermale T-Figur durch Trennung der Schwesterzellen a l und a l l gesprengt wird, bei
meinem abnormen Riesen wiederkehren würde.
Zunächst traten in der noch vierzelligen Ventralgruppe ein paar Mitosen ein: die
beiden vorderen Blastomere MSt und E teilten sich in einer Weise, die de'r normalen Vorschrift
durchaus entsprach. Ehe auch die beiden hinteren so weit gekommen waren, erfolgte
eine Neuordnung des Ektoderms, und siehe da, d e r t y p i s c h e V o r g a n g w i e d e r h
o l t e s i c h m it a l l e n s e in e n E i n z e lh e i t e n (Fig. X X X 1 u.
1 xxx. 2
Derselbe 1 -Riese. Zweite Phase der Orientierung. Vom Rücken gesehen.
Was lehrt uns dieser eine Riese? E r gibt zunächst einen experimentellen und endgültigen
Aufschluß über das bisher nur deskriptiv beurteilte Wesen des normalen Verschiebungsprozesses.
An dem monströsen, in seiner Konfiguration stark veränderten Riesengebilde
waren sicherlich die erreichbaren Flächenminima und die dem Plateauschen Prinzipe
nach günstigste Gruppierung des achtzelligen Ektoderms nicht dieselben, wie am normalen
Keim. Und es erscheint darum ausgeschlossen, daß die typische zweimalige Umordnung der
acht Blastomere, falls sie wirklich passiv nach dem Plateauschen Prinzip verliefe, bei unserem
T-Riesen in ganz identischer Form hätte wiederkehren können. A l s o m u ß d ie t y p i s c h e
O r i e n t i e r u n g d i e s e s S t a d iu m s , u n d zw a r n i c h t n u r in d e r zw e i t e n P h a s e , w ie
ic h f r ü h e r g l a u b t e , s o n d e r n a u c h in ih r e r e r s t e n H ä l f t e , , e in e a k t i v e s e in .
Sodann entnehmen wir aus diesem einen positiven Falle, d a ß d ie t y p i s c h e a k t i v e
T e n d e n z z u r U m o r d n u n g d e r a c h t B l a s t o m e r e b e i v e r ä n d e r t e r K o n f i g u r
a t io n d e s K e im e s an t y p i s c h e r S t e l l e v o r h a n d e n i s t , mit den typischen Mitteln
wirkt und sicherlich bei allen oder doch den „gesunden“ T-Riesen das vorgeschriebene Ziel
erreichen würde, wenn nicht die allzu starke Veränderung der Massenkorrelation zumeist
hindernd im W eg e stände.
Endlich liegt in dem Verhalten des Riesen eine Andeutung über die s p e z i e l l e r e
Kausalität des typischen Ereignisses. Wie auf der vorausgegangenen Stufe, so sind auch
diesmal die selbstordnenden Mechanismen auf d e n B e r e i c h d e s E k t o d e rm s b e -
Zoologloa. Heft <0. 26