
 
		G e s a m t f o r m b i l d u n g   
 R e i z e   m it  a d ä q u a t e n   
 T ä t i g k e i t   r e a g i e r e n 
   d a s   P la s jm a   d i e s e r   Z e l le n   s e i   im  I n t e r e s s e   d e r   
 s o   e i n g e r i c h t e t   w o rd e n ,  d a ß   e s   a u f   e i n i g e   b e s t im m t e   
 F o rm v e r ä n d e r u n g e n   o d e r   u n g le i c h e r   c h e m o t a . k t i s c h e r   
 m ü s s e ,   i s t   u n t e r   a l l e n   U m s t ä n d e n   d u r c h  a u s e r l a u b t . 
 4. 
 Um  s o ; ratloser  stehen  wir  dem  anderen  Bestandteile  des  Vorganges  gegenüber:  d e r   
 Q u a l i t ä t   d e r   z u r   V e r w e n d u n g   k om m e n d e n   R e i z e   u n d   ih r e r   R e z e p t i o n   d u r c h   
 d ie   Z e l le .   W ie   soll  i S   möglich sein,  daß  ein  Abstraktum,  wie  das  geometrische  V e rh a itjis   
 zwischen  dem  Orte  . einer  bestimmten  Urdarmzelle  und  der  Form  und  -Größe  des  ganzen  
 Organes,  die  nach  Bruchteilen  bemesséne  P r o p o r t i o n   ih r e r   A b s t ä n d %   v o n   A n f a n g   
 u n d   E n d e   als  typisch  auslösender  Reiz  auf  eine  —   Furchungszelle  wirkt!  Wenn  eine  
 Schar  von  M e n sÄ h e n ,-   gleichviel  ob;  es  zwanzig  oder  hundert  sind,  sieh  in  der  Form  einer  
 besonderen  Figur,  z.  B.  eines  Quadrates  gruppiert,  so  bestimmen  Reize  von  ungeheurer  
 Komplikation  das  Verhalten  des  Einzelnen.  Jeder  Teilnehmer  ruft  sieh  auf  die:  gehörte  unfr  
 begriffene  Verabredung  hin  das  Bild  de*  Quadrates;  das  er  im  Gedächtnis  betvahrté,  ate  
 eine  lebendige  Vorstellung  ins  Bewußtsein.  E r   hat  Augen,  um  das.  Ganze  zu  Überblicken,  
 mit  dem  vorgestellten  Bilde, zu  vergleichen  und  sich  selber  darin  zu  oribitieien;;  Intelligenz  
 und  Sprache,  um  sich  mit  den  anderen  überls^ine  Rollé  zu  verständigen.  § B fV b e r   Zellen:! 
 W ir   überwinden  jedoch  mutig  eine  kleine  Anwandlung  resignationsbereiter  Schwäche  
 und  machen  uns  vor  allen  Dingen  klar,  daß  die  Fähigkeit,  homogene  Gesellschaften  von  
 beliebiger  Teilnehmerzahl  nach  einer  bestimmten  Proportion  heterogen  zu  gruppieren,  
 durchaus  kein  Vorrecht  des  menschlichen  Geistes  ist.  Viele  V ö g e l   ordnen  ^sh  beim  
 Wander flug  zu  eine*.¡charakteristischen  F ig a g g f e B .   einem  V,'  das  die  Spitze  nach  ,vorne  
 wendet.  Hier  wird  das  Einzeltier  wohl  kaum  durch  die  bewußte  Vorstellung  der  zu  bildenden  
 Figur  und  intelligente  Beurteilung  des  eigenen  O r t e s . ge le ite t;.  sondern  der.  Vogel  
 handelt  instinktiv,  er  reagiert  mit  unbewußt-zweckmäßiger  Bewegung  auf  äußere,  vor  allem  
 durch  den  Gesichtssinn  vermittelte,  und  innere,  aus  angeborenen  Zuständen  des  Nervensystems  
 sich  ergebende  Reize.  Aber*  wir  finden  die  gl'siehe  Fähigkeit  der  .proportionalen  
 Selbstgruppierung  bei  noch  weit  niedrigeren  Geschöpfen,  z.  B.,  ’jm  B i e n e n s t a a t ,   über  
 dessen  „psychologische“  "Grundlagen  und.  Triebfedern  wir  <—  besonders  durch  v.  B u t t e l -   
 Reepen®.  schöne  Schritten  -H v ie l   eingehender,  als  über  die  der  Vögel,  unterrichtet  sind.  
 Die  Masse  der  Arbeitsbiene®  verteilt' sich  (wenn  auch  in  diesem  Falle  nicht  räumlich,  sondern  
 nur  individuell)  auf  die  verschiedenen  Funktionen :  das  Pflegen,  Futterholen,  Wasserholen  
 e t | g u n d   das  numerische  Verhältnis  dieser  einzelnen  Gruppen  bleibt  überall,  ohne  
 Rücksicht  auf  die  Stärke  eines  Volkes,  ungefähr  konstant.  W ie   geht  das¡  ;zu?  Natürlich  
 kennen  die  Bienen  das  vorgeschriebene  Zahlenverhältnis  nicht,  haben  auch  nicht  die  A b sicht, 
   es:; herzustellen,  sondern  verfahren  bei  der  Entscheidung,  ob  sie  sieh  dieser  oder jener  
 Tätigkeit  widmen  sollen,  ebenso  instinktiv,  wie  die  Zugvögel  bei  der  Wahl  ihrer  Position  im  
 Schwarme.  A b e r   die  R e i z e ,   von  denen  die  Bienen,  geleitet  werden,  sind  einfacherer  Art  
 als  dort.  E s   ist  ganz  unmöglich,  daß  die  Biene  —   im  Dunkel  des  B ie n e n s to c k e s» *   etwa  
 durchs  A uge  darüber  informiert  würde,  wieviel  Genossinnen  in  jedem  Ressort  zurzeit  beAnnahme, 
 schäftigt  sind.  Sondern  G e r ü c h e   und  T ö n e ,   wie  sie  nach  wundervoll  fein  berechneten  
 Plänen  den  ganzen  Bienenstaat  in  seinem  Verhalten  zur  Brut,  zum Wachsbau,  zur Weisel-  und  
 Drohnenzucht  dirigieren  (v.  B u t t e l -R e e p e n ,   1900),  werden  auch  die  Signale  sein,  nach  
 denen  die  einzelne  Arbeiterin  sich  automatisch  bei  ihrer  Berufswahl  richtet.  Vielleicht  entsteht  
 im  Bienenhause,  sobald  die  Zahl  der  in  einem  bestimmten  Fache  Beschäftigten  den  
 zweckdienlichen  Prozentsatz  überschreitet,  ein  ganz  besonderer  Geruch,  der  als  ein  adäquater  
 Reiz  auf  die  betreffenden  Bienen  zurückwirkt  und  eine  gewisse  „Stimmung“  in  ihnen  hervorruft; 
   und  wenn  auf  einem  anderen  Gebiete  fühlbarer  Mangel  an  Arbeitskräften  herrscht,  
 so  könnte  der  hierdurch  verursachte  abnorme  Zustand  die  Mitglieder  dieser  Gruppe  zur  
 Produktion  eines  bestimmten  Tones  reizen:  wirkte  nun  der  Ton  auf  die  zuvor  „gestimmten“  
 Arbeiterinnen  des  überfüllten  Berufes  ein,  so  ergriffen  sie  automatisch  die  durch  die  Art  
 des  Tones  bezeichnete  anderweite  Beschäftigung,  was  so  lange  geschehen  würde,  bis  die  
 richtige  Proportion  erreicht  wäre  und  der  Reiz  verschwände.  Und  so  ließe  sich  offenbar  
 durch  weitere  Verschränkung  sukzedan  oder  gleichzeitig  verlaufender  Reizvorgänge  dafür  
 sorgen,  daß  die  Bienengesellschaft  ein  typisches  Zahlenverhältnis  zwischen  allen  ihren  Beschäftigungsgruppen  
 jederzeit  und  unabhängig  von  der  Gesamtstärke  bewahrt.  In   d i e s e n   
 g a n z e n   Z u s am m e n h a n g   a b e r   s p i e l t   n i c h t s   h in e in ,   d a s   n i c h t   —   w e n i g s t e n s   
 im   P r i n z i p | ^ ^  m e c h a n i s t i s c h   b e g r e i f b a r   w ä r e . 
 Unser  kleiner  Exkurs  hat  uns  dem  kausalen  Verständnisse  des  uns  beschäftigenden  
 Problems,  der  proportionalen  Selbstgliederung  des  Echinidendarmesy  erheblich  näher  ge bracht. 
   Trotzdem  erscheint  der  Abstand  von  dem  erstrebten  Ziele  immer  noch  reichlich  
 weit.  Bienen  besitzen  doch  Sinnesorgane,  um  adäquate  Reize  aufzunehmen,  Nerven,  um  
 sie  zu  leiten,  vor  allem  ein  kompliziertes  Gehirn,  darin  die  planmäßige  Verschränkung  
 gleichzeitiger  Reizgeschehen  untereinander  oder  mit  den  Residuen  früher  absolvierter  V o r gänge  
 erfolgen  kann.  Furchungszellen  aber  besitzen  nichts  von  alledem.  —   Hier  bringt  
 uns  nun  die  schon  erprobte  Methode  der  stammesgeschichtlichen  Betrachtungsweise  wertvolle  
 Hilfe.  Wir  haben  ein  für  allemal  ausgemacht,  daß  wir  den  Metazoenzellen  auf jedem  
 Spezialgebiete  denjenigen  Grad  von  struktureller  und  funktioneller  Komplikation  zuschreiben  
 dürfen,  der  von  den  höchstorganisierten  unter  ihren  solitär  gebliebenen  Seitenverwandten,  
 den  Infusorien,  erreicht  worden  ist.  Den  so  eröffneten  Komplikations-Kredit  gilt  es  jetzt  
 im'  Interesse  unseres  Problems  bis  an  die  Grenze  der  Möglichkeit  auszunutzen. 
 Bestimmen  wir  also  den  Umfang  dieser  Möglichkeit:  wie  hoch  steigert  sich  bei  Infusorien, 
   z.  B.  einem  Stentor,  die  Komplikation  in  der  Reizsphäre.  Hierüber  hat  uns  besonders  
 J e n n in g s   in  einer  Reihe  vortrefflicher  Studien  Dinge  mitgeteilt,  von  denen  man  
 sich  früher  nichts  hätte  träumen  lassen.  Stentor  benimmt  sich  in  allerhand  wechselnden  
 Lebenslagen,  denen  er  häufiger  ausgesetzt  ist,  so  zweckentsprechend,  daß  er  darin  gegen,  
 manches  Metazoon,  z.  B.  eine  Planaria,  kaum  irgendwie  zurücksteht.  Diese  hohe  Begabung  
 beruht  jedoch  nicht  sowohl  in  einer  Fülle  verschiedener  Reaktionsmöglichkeiten  auf  separate  
 Reize,  sondern  vor  allem  darin,  daß  ein  und  derselbe  Reiz  je  nach  den  Umständen,  unter  
 denen  er  wirkt,  in  zweckmäßig  differenzierter  Weise  beantwortet  wird.  Erreicht  z.  B.  dem  
 Wasser  zugefügtes  Karminpulver  die  Mundscheibe  des  festgehefteten  Tieres,  so  nimmt  es  zunächst  
 keine  Notiz  davon;  erst  eine  Weile  später  biegt  es  sich,  als  ob  es  durch  die  dauernde