tung der vorausgegangenen Mitose, d. h. zur primären Achse allseitig symmetrische Ruheform
(Taf. IV, Fig. 55). Und da, wie immer, die beiderseitigen Kerne und Sphären in der
Achse der Zellsymmetrie Stellung nahmen (oder vielmehr behielten), so ist klar, daß jetzt
in b e id e n E k t o d e rm z e l l e n d ie o r g a n i s c h e A c h s e m i t d e r p r im ä r e n in d e r
T a t z u s am m e n f i e l . — Was hätten wir nun von der S p i n d e l s t e l lu n g dieser Zellen,
falls unsere Hypothese des hier geltenden Reizmechanismus richtig ist, unbedingt erwarten
müssen? Offenbar dies: daß zwar die eine wie die andere Spindel quer zu der primärorganischen
Einheitsachse ihrer Zelle, d. h. parallel zur schwesterlichen Scheidewand gerichtet
würde; daß aber die Auswahl einer speziellen Richtung innerhalb der solchermaßen
freigestellten Ebene einer jeden Spindel gleichsam selber überlassen wäre: irgendwelche
geometrisch einfache Beziehung oder gar Übereinstimmung zwischen den beiderseitigen
speziellen Spindelstellungen wäre ’ ausgeschlossen, oder könnte höchstens das Ergebnis eines
sehr sonderbaren Zufalles sein.
In Wirklichkeit aber geschah folgendes. Die isolierten Schwesterzellen teilten sich
nicht gleichzeitig, wie es in der typischen Entwickelung gesunder Eier fast ausnahmelose
Regel ist, sondern die eine war bereits durchgeschnürt, als in der anderen die Spindel sich
völlig ausgebildet hatte (Taf. IV, Fig. 56). Hierbei ergab sich zunächst, daß beide Spindeln
genau parallel der gemeinsamen Scheidewand, d. h. senkrecht zu der betreffenden primärorganischen
Achse gerichtet worden waren. Unsere erste Voraussage war also in der Tat
erfüllt; um so gründlicher enttäuscht wurde die zweite. D e n n d ie s p e z i e l l e R i c h t u n g
d e r S p in d e ln in n e r h a lb d e r ih n e n z u g e w i e s e n e n E b e n e n w a r k e i n e s w e g s ,
w i e w i r e r w a r t e t h a t t e n , e in e b e l i e b i g e u n d b e id e r s e it s^ d i s h a r m o n i s c h e ,
s o n d e r n d ie S p in d e ln l a g e n e in a n d e r h a a r s c h a r f p a r a l l e l .
Hier treffen wir also — in unserer Analyse ein noch nicht dagewesener Fall — bei
den abnormen Keimen auf ein zu h o h e s Maß typischer Beständigkeit, ein höheres, als die
von uns bis jetzt verteidigte Hypothese vertragen kann. — Oder fände sich vielleicht doch
noch ein W eg, die Kongruenz der beiden Spindelrichtungen als ein minder bedeutungsvolles
Ereignis hinzustellen? Wir lassen die Möglichkeit einer „zufälligen“ Übereinstimmung
als gar zu unwahrscheinlich aus dem Spiel. A ber man könnte wohl denken, den
beiden Spindeln sei von Haus aus keine spezielle Richtung vorgeschrieben gewesen; erst dadurch,
daß die eine Zelle sich vor der anderen teilte, schuf sie für ihre Schwester eine bestimmte
Richtung, in die dann die andere Spindel gezwungen war, ebenfalls einzutfeten:
z .B ., indem an der Schwesterzelle quer zur Primärachse eine Richtung geringsten Widerstandes
oder größter Protoplasmamasse entstanden wäre, die die Spindel, als die bequemste
unter allen freigestellten, angenommen hätte, oder durch eine gegenseitige richtende Beeinflussung
vermittels orientierender Reize. Allein dem steht entgegen, daß die Deformation
der zurückgebliebenen Zelle durch das anhaftende Töchterpaar höchstens s e n k r e c h t zur
Verbindungslinie des letzteren eine Richtung größter Ausdehnungsmöglichkeit bedingen
könnte. Und zweitens, daß es eine gegenseitige richtende Einwirkung der Spindeln von
A und B in der normalen Ontogenesis, wo man öfters die eine quer, die andere schräg
gelagert sieht und zum Schluß doch allemal beide in die Querstell uhg übergehen, bestimmt
nicht gibt.
Somit bleibt nichts übrig, als den F a ll wirklich ganz ernst zu nehmen. Offenbar hat
jede von den beiden Schwesterzellen ihre Spindel in eine n a c h a l l e n d r e i D im e n s io n e n
fest bestimmte Richtung dirigiert, wozu natürlich fest lokalisierte innere Orientierungsmittel
nötig waren; und die Kongruenz der Spindelstellungen beruht auf einer von Geburt aus
homonomen und seither nicht gestörten Lagerung der beiderseitigen Orientierungsmittel.
Ferner ist selbstverständlich, daß es sich nur um t y p i s c h e Richtungsmittel, um eine typisch
geregelte Spindelstellung handeln kann. Dann aber kommt nur eine einzige Deutung der
von den Spindeln gewählten La g e in Betracht: d ie i s o l i e r t e n S c h w e s t e r z e l l e n h a b e n
s i c h o f f e n b a r g e n a u so g e t e i l t , w i e in d e r t y p i s c h e n O n t o g e n e s i s ; die Ebene,
in der beide Spindeln gelegen sind, ist in Bezug auf das primäre Gerichtetsein der Zellen
keine andere, a l s j e n e „H o r i z o n t a l e b e n e “ , die in der normalen Entwickelung und bei
den T-Riesen die Spindeln von A und B enthält, die man aber hier, wo infolge der Isolation
und der seither eingetretenen unkontrollierbaren Drehungen des Paares jede Orientierung
über oben und unten in morphologischem Sinne ausgeschlossen ist, nicht mehr als solche
erkennen • kann.
Übertragen wir die gewonnene Erfahrung auf die normale Entwickelung, so ist jetzt
sicher, daß die Spindeln von A und B, wenn es gelänge, die beiden Zellen u n t e r A u f r
e c h t e r h a l t u n g ih r e s t y p i s c h e n V e r h ä l t n i s s e s zu d e n H a u p t r i c h t u n g e n d e s
E m b r y o emporzuheben, bis jeder Kontakt mit dem ventralen Blastomerenpaare verschwindet
und die organischen Achsen unserer Zellen in das Niveau der Primärachsen
niedergesunken sind, — dennoch wieder horizontal gerichtet würden. Und damit ist erwiesen,
daß unsere aus Sparsamkeitsgründen aufgestellte Hypothese über den Reizmechanismus
dieser A r t von Teilungen falsch, daß sie eben zu einfach war. Die Zellen A und B
besitzen eine höhere Komplikation der inneren plasmatischen Struktur, als nur die axialsymmetrische,
die sich aus der bei der Geburt vorhandenen gleichgerichteten Differenzierung
so ökonomisch herleiten ließ. Aber welche?
W ir sind schon so gewöhnt, die geometrisch einfachen Richtungen als diejenigen anzusehen,
deren strukturelle Hervorhebung am billigsten zu erhalten ist, daß wir, wenn für
die Zellen A und B schon mindestens eine Flächenstruktur gebraucht wird, sogleich an die
Medianebene denken. Wurde doch für die-Zelle P3 schon auf die normalen Verhältnisse
hin eine Mediandifferenzierung verlangt und sehr ökonomisch besorgt. Nehmen wir also
an, das Plasma der Zellen A und B s e i -in d e r R i c h t u n g d e r M e d ia n e b e n e d i f f e r
e n z i e r t , also median-symmetrisch; u n d d ie S p in d e l s t e l l e s i c h in b e id e n Z e l l e n
s e n k r e c h t zu d e r h e r v o r g e h o b e n e n E b e n e . Dann ist klar, daß eine solche Hypothese
für das Verhalten der Zellen in der normalen Entwickelung, bei T-Riesen, wie auch
für das isolierte Ektoderm unseres Dreifach-Zwillings in der T a t genügen würde: unter
allen Umständen lägen beide Spindeln „horizontal“ . Die paratangentiale Teilungsweise aber
wäre als Faktor ausgeschaltet, und so verstände sich ganz selbst, daß eine Veränderung
der organischen Achse keinen Einfluß auf die Spindellage haben könnte.
Allein durch folgende Überlegung entpuppt sich das Geschäft doch als viel weniger
vorteilhaft, - als es den Anschein hatte. Die für die „gleichsinnige“ Mitose der Zelle P3 begründete
Hypothese einer m e d ia n e n Symmetrie war deshalb in physiologischem Sinne vergleichsweise
anspruchslos, weil sie der primären, bei der Geburt vorhandenen Differenzierung
Zoologica. Heft 40. 16