nügsamen Birmanen halten sich kühl, indem sie das Bild eines
Frosches (das Emblem der Kühle) in die Stube stellen.
Die regelmässigen Stunden meines Professors hatten schon
seit einiger Zeit begonnen, als der Prinz mir mittheilen liess,
dass ich zur Audienz gewünscht würde. Der König empfing
diesmal in der grossen Thronhalle, wo er auf einem vergoldeten
Canapee ruhte, mit goldenen Vasen neben sich. Während seines
Betelkauens wurden ihm von Zeit zu Zeit von Sklaven Goldbecher
zum Trinken gereicht. Das Thronlager stand etwas höher, als
der Estrich der Halle, die, wohin man blickte, mit zur Erde geworfenen
Körpern gefüllt war. Man placirte mich neben dem
Kalawun und vorsorglicherweise an einer Stelle, wo Pakete
aufgehäuft waren, die einer der Vasallenfürsten an dem Tage als
Geschenk gebracht hatte. Ich konnte mich so nach Bequemlichkeit
setzen, ohne durch die Füsse das ästhetische Gefühl des Königs
zu stören, denn es mochte bei der früheren Audienz beobachtet
worden sein, dass sie beim Verändern der etwas gezwungenen
Stellung zu weit vorgebracht worden. Der König richtete
sogleich das Wort an mich, erkundigte sich über meine Studien
und predigte dann Uber die buddhistischen Religionsschriften
nach ihrer Eintheilung in drei Klassen. Wie es ein äusseres Auge
gäbe, so auch ein inneres, und wie bei Krankheiten des äusseren
Auges Medicinen angewendet würden, so würden solche auch für
das innere Auge verlangt. Die wirksame Arznei für das letztere
aber sei der Abhidhamma, und zwar nicht nur die wirksamste,
sondern auch die einzigste; andere gäbe es nicht. Damit sie aber
ihre volle Kraft ausüben könne, müsse die Constitution durch
einen Cursus von Vorbereitungen für ihren Empfang fertig sein,
und der erste Schritt zu demselben bestände in der Beobachtung
der fünf Gebote. Er wolle mir dieselben nennen, und er bäte
mich inständigst, denselben nachzuleben. Nach dem Aufzählen
fragte er mich, ob ich nicht geneigt wäre, sie gleichfalls anzuerkennen.
Ich bemerkte, dass die meisten Religionen diese einfach
ersten Moralgesetze vorschrieben, und konnte ausserdem
versichern, dass ich'alle beobachte, denn auch das fünfte, die Vermeidung
berauschender Getränke, wird von mir, wenn ich auf
Reisen unter den Tropen in Bewegung bin, stets gehalten, noch strenger,
als von manchem Buddhisten, da ichThee zweckmässiger finde.
Nur Uber das erste Gebot des Nichttödtens gab es eine
Differenz. Ich sagte dem Könige, dass wir Europäer an animalische
Nahrung gewöhnt wären, und dass wir ohne Fleischgenuss
nicht in voller Gesundheit bleiben würden. Das hat ja nichts damit
zu thun, entgegnete der König, Fleisch essen mag Jeder und
es ist auch von mir nicht verschmäht. Man muss nur die Thiere
nicht selbst tödten, sondern es durch Andere*) ausführen
lassen. Wenn einmal todt, geht es uns nichts an, wer derThäter
ist. So war diese Controverse beseitigt. Aber, warf ich ein, wie
es sich denn damit verhielte, wenn man sein Leben zu vertheidigen
hätte? Man würde doch immer berechtigt sein, einemTodtschlag
beabsichtigenden Angreifer darin zuvorzukommen? Der König
war anderer Meinung. Wer noch solch’ rohe Ansichten hätte,
möchte gar glauben, das Recht zu haben, kleine Insecten zu
tödten**) (denn solche, die auf den Körpern krabbeln, giebt es
aucb in Birma, und selbst im Hause des Goldfüssigen). Er drang
in mich, dieser Häresie zu entsagen, wenigstens für die Zeit, dass
ich in seinem- Palaste lebe, und ich erklärte mich bereit, vorausgesetzt,
dass ich unter seinem mächtigen Schutze, unter dessen
Throne alle Wesen der Schöpfung huldigend aufgestellt sind, von
Niemandem provocirt würde. Dann um seine Lehren durch ein
*) Ehe sie assen, sagten die Electen der Manichäer zum Brode: „Nicht ich
war es, der das Getreide geerntet hat, aus dem du gemacht wurdest, nicht ich,
der dich mahlen liess, der das Mehl stampfte, der es in den Ofen schob. Es war
ein Anderer, der Alles dieses that und dich mir brachte, so dass ich dich unschuldig
esse. “ Haben die Ostjäken einen Bären getödtet, so bitten sie ihn um
Verzeihung und werfen die Schuld auf den Russen, der das mörderische Eisen
geschmiedet habe.
**) Die buddhistische Geschichte kennt, wenigstens in den Legenden, die
Namen mancher Könige, die, um das Blutvergiessen eines Krieges zu vermeiden,
lieber freiwillig ihr Land verliessen, und von einem der früheren Könige Siam’s berichten
auch die Annalen, dass er seinen Soldaten beim Abmarsch einschärfte, in
der Schlacht möglichst hoch zu feuern, um keinen Menschenmord zu begehen und
die Eeinde lieber nur durch den Knall zu verjagen. So geschah es z. B. in dem
durch Cyprian’s Kühnheit beendeten Feldzug.