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 am  Tische  arbeitete.  Er  zerbrach mir genug,  aber dafür' erzählte  
 er mir  auch  die  schönsten Märchen mit einer natürlichen  Eleganz  
 in  Stimme  und  Geberden,  die  immer  fesselte.  Bei  komischen  
 Stellen  brach  er mit  seiner hellen Stimme  in  das  reinste Kinderlachen  
 aus,  das aber  zuletzt immer in  einem  teuflisch-höhnischen  
 Echo  verhallte  und  den  Tyrannen  prognosticirte,  in  deP  sich  der  
 muntere  Junge,  wenn  zum Mann  herangewachsen,  leider  wohl  
 verwandeln wird. 
 Von Hofanekdoten  steckte  er  voll,  und  auch  von  den  Geschichten  
 ,  wie man  sie  sich  im Palast erzählt.  Er  spottete  über  
 die  Kala  und  ihre  Verblendung,  zu  glauben,  dass Rangun  und  
 andere TheileBirma’s ihnen gehörten.  Es bedarf ja  nur eines Fingeraufhebens  
 seines königlichen Vaters,  und die  ganze Bande ist im  
 Nu  in s Meer gestürzt.  Aber  man will  erst  die  gesammte  Sippschaft  
 herbeilocken,  um  sie  dann  alle  en  gros  zu vernichien  und  
 endlich Ruhe vor ihren Albernheiten  zu  haben.  Vielleicht indess  
 könne  sein Vater sich geneigt fühlen,  dieKala-Königin (von  deren  
 Wittwenschaft man  gerade  damals gehört hatte)  zu heirathen  (so  
 dass  er  also  ein Rivale  des abyssinischen Kaisers ge worden, wäre).  
 Vor  einigen Jahren sei  der oberste Oberräuberhauptmann  derKala  
 in Rangun nach Mandalay heraufgekommen,  aber  man  habe ihm  
 schön  mitgespielt.  Der  König  hätte  /ttr  ihn  ein  grosses  Haus  
 bauen  lassen  auf dem Wege  zwischen Mandalay und Amarapura,  
 mitten  auf  dem Kirchhof,  wo  die  Verbrecher  begraben  werden,  
 und  dort  habe  er  gelebt  in  der  Gesellschaft  aller  der  bösen  
 Geister.  Er  habe  zwar  hübsch  und  freundlich  gethan  und  Geschenke  
 mitgebracht,  aber man hätte wohl  gewusst,  dass  diesem  
 hinterlistigen Kala nicht  zu trauen  sei.  Der König habe  alle  seine  
 Söhne  (von denen  er  allerdings  ein ganzes Regiment besitzt), vom  
 grössten  bis  zum  kleinsten,  an beiden  Seiten  neben  sich  gesetzt,  
 in  abgestufter Reihe,  der  älteste  habe  ein  zweihändiges Schwert  
 getragen,  der  zweite  ein  etwas  weniger  grosses,  bis  herab  
 zum jüngsten,  der  nur  einen  ganz kleinen Dolch halten konnte.  
 Draussen  in  den  Pfeilerreihen  versteckt,  hätten  drei  Compag-  
 nieen Soldaten  gestanden,  alle mit  angelegtem Gewehre,  auf die 
 Truppe  der in  der Mitte  des Saales  sitzenden Kala gerichtet,  um  
 sie  bei dem  kleinsten Zeichen  aufrührerischer Gesinnung bis  auf  
 den  letzten  Mann  zusammenzuschiessen.  Besseres  Schicksal  
 verdienten  die Kala überhaupt nicht,  und dann warf er mir  einen  
 spöttisch-höhnischen Seitenblick  zu,  als  ob  er  sagen wollte:  und  
 dir  wird’s  bald  auch  nicht  besser  gehen.  Gewöhnlich  indess  
 sprach  er mit mir  so  ungenirt über  die Kala,  als ob  ich  gar nicht  
 dazu gehörte,  indem  solche Fremde,  die nach  längerem Verkehr  
 durch  den  wohlthatigen  Einfluss  birmanischer Gesittung  einige  
 hoffnungsvolle  Vorzeichen  späterer  Civilisation  blicken  lassen,  
 als  gezähmte  Barbaren  ( Kala. yihn.)  betrachtet  und  von  den  
 rohen Neuankömmlingen, den Kala yain  (wilden Barbaren), unterschieden  
 werden.  Seine  beliebteste Erzählung,  die  ich mir  oft  
 wiederholen  liess, war  die Romanze Zanekka s,  diejenige Eizäh-  
 lung der Wuttu, die am besten  seinem  feurigen Temperament  entsprach, 
   und  fast  allein  in  der  buddhistischen  Literatur Birma’s  
 der Yatnika-Schüle  anzugehören  scheint. 
 Aithya-Zanekka,  der König Meithila’s,  fällt im Kampfe mit  
 seinem  aufrührerischen Bruder Pola-Zanekka  und die  schwangere  
 Königin Sandadewi,  die  von  einem  hohen Thurme  der Stadt zugeschaut, 
   flieht,  als  sie  die Schlacht verloren  sieht,  in  die Wälder,  
 um ihr Leben  zu  retten.  Auf dem Wege begegnet ihr derThagya-  
 König  (Indra),  der  menschliche  Gestalt  angenommen  hat,  und  
 führt  sie  in  seinem  fliegenden Wagen  nach bewohnten  Ländern,  
 wo  er  sie  in  einem Zayat  an  der Heerstrasse  absetzt.  Ein  dort  
 rastender Pungyi  nimmt die Königen mit  sich nach  der  Stadt  (im  
 Lande Zabanago),  sie  für  seine  Schwester  ausgebend.  Als  der  
 dort geborene Knabe  von  seinen Spielgefährten  geneckt und des  
 Pungyi  Sohn  geschimpft wird,  läuft er  zu  seiner Mutter,  sie um  
 seinen Vater  fragend,  und  als  sie zögert,  schlägt  er  seine Zähne  
 in  ihren Busen,  drohend,  ihr die Brustwarze  abzubeissen,  wenn  
 sie  ihm nicht die Wahrheit sage.  Von  seiner königlichen Abkunft  
 hörend,  rüstet  er mit  den  seiner Mutter gebliebenen  Juwelen  ein  
 Schiff aus,  um nach  seinem Erblande  zurückzukehren,  und als  die  
 Mutter, ihn  zurückzuhalten, sich vor  den Stufen  der Treppe  niederwirft, 
   schreitet  er  über ihren Körper fort  und  schifft sich  ein.  Für