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 tiefer  Zerknirschung,  dass  mir  Erlösung  werde,  von  den  drei  
 Unglücksfällen,  den  vier Zuständen  der Bestrafung und den  fünf  
 Widersachern.“  Der Geistliche  erwiedert dann:  „In Folge  des  
 lohnenden Verdienstes  möge  er,  der  sich  so verbeugt  hat,  frei  
 bleiben von  den  drei Unglücksfällen,  von  den  vier Zuständen  der  
 Strafe,  von  den  fünf Widersachern  und  allen Arten von Uebeln.  
 Möge  er  den  Gegenstand  seiner Wünsche  erlangen,  die  daraus  
 erwachsenen  Vortheile-  gemessen  und  schliesslich  zum  Nibpan  
 eingehen.“  Unter  Wiederholung  der  drei  Prostrationen  zieht  
 sich  dann  der  Besucher  zurück.  Diese  Verehrung  wird  nicht  
 dem Mönch persönlich  dargebracht,  sondern  nur ihm  als Mitglied  
 der Priesterschaft gezollt, wie der griechisch Katholische im Popen  
 den  geweihten Omat,  als Emblem  des Göttlichen verehrt und  sich  
 in  der Kirche vor  ihm niederwirft, während  er vor ihm als Mensch  
 auf  der Strasse  verächtlich  ausspucken  mag.  Die Versammlung  
 der Vollkommenen  oder die Priesterschaft bildet das  dritte Glied  
 der  buddhistischen Dreieinigkeit,  und wird  in  dem  Glaubensbe-  
 kenntniss mit angerufen: BuddhasaranangiCjami (Bura-keikokvae-  
 pahi,  dem Herrn  beuge  ich mich in Verehrung oder ich verbleibein  
 der Anbetung  des Herrn),  DhammasaranangiCjami (Thara-keikok-  
 vaepahi,  dem Gesetze beuge  ich mich in Verehrung), Sanghahsara-  
 nangiöjami  (Singha-keikokvaepahi,  derSangha oder Priesterschaft  
 beuge ich mich inVerehruug).  Indessen ist dieseVerehrung des Priesters  
 eines jeden Belieben anheimgestellt, ohne politischen Einfluss  
 zuzulassen,  und die  nur das weltliche  Schwert kennenden Reiche  
 Hinterindiens  sagen  nicht, mit dem Sachsenspiegel:  deme babste  
 ist ouch  gesaczt  zu  ritene  zu bescheidener Zeit  üf  eime  blanken  
 pferde,  und  der keiser  sal  im  den  stegereif halden, durch  daz  der  
 satel  nicht en winde. 
 Im Buddhismus  ist  noch  die Religion  die  ganze  und volle  
 Wahrheit  und  von jener  lügnerischen Halbheit freigeblieben,  die  
 in  Folge  der  fortschreitenden  Wissenschaft  die  Länder  des  
 Westens  zerreisst.  Im  vollen Sinn  religiös  gebunden  ist nur  dev  
 Fetischanbeter,  dem  sein  Götterklotz  am Halse  baumelt,  und  der  
 Buddhist,  dem  die Götter in  Fleisch.und Blut vor  seinen Augen 
 auf-  und niedergehen.  Der Islam leidet nothwendig an der völligen  
 Verwerfung  aller  fasslichen Repräsentationen,  und  der gemeine  
 Mann,  den  in  der  leeren Moschee  die Kibla nicht  genugsam  fesselt, 
   fällt  in  völligen Indifferentismus, wenn  er nicht zurvorväter-  
 lichenVerehrung des Himmels mit der Sonne zurückkehrt. Dagegen  
 liegt  aber  auch  gerade wieder  in  dieser Unbestimmtheit  auf der  
 ändern  Seite  die Stärke  des Islams,  indem  sie  es  dem Gebildeten  
 ermöglicht in  dem  weitesten  Fortgange  philosophischer Bildung  
 innerhalb  seines  Glaubens  zu bleiben,  ohne  ihm  auf dem Wege  
 durch Aufdrängen  antiquirter Puppenfiguren Anstoss  und Widerspruch  
 zu  erregen.  So  nimmt  im Mohamedanismus  die Religiosität  
 zu, je höher man  in  den Schichten der Gesellschaft  aufsteigt,  
 und wird dadurch  auch von  selbst die  grosse Volksmasse  unverrückt  
 im Bann  der Kirche  gehalten,  da  diejenigen Stände,  von  
 denen  sonst die Anregung zuReformen  ausgeht,  hier nur  das Beispiel  
 des Beharrens  geben,  und  so  lange  geben werden, bis  die in  
 Constantinopel schon arg wühlenden Einflüsse europäischer Wissenschaft  
 auch nach der asiatischen Türkei die Keime des Zwiespalts in  
 die  theologische Gelehrsamkeit hineintragen müssen.  Der  Islam  
 war  die  natürliche Negation  des  alten Polytheismus,  wo  die  von  
 Ktinstlerhand  geformten  Götterbilder  in  marmorne  Tempel  gestelltwurden, 
   aber das Abhängigkeitsgefühl  religiöser Gebundenheit  
 in  dem  anmuthigen Geplauder  über  die  Olymposbewohner  
 zu gleichgültiger Vertrautheit wurde.  Die  indischen Götter haben  
 sich besser vorgesehen, dass ihnen der Wohlgeruch der Opfer nicht  
 ausgehe,  und  ihre mit Mund  und Hand begabten Diener desBrah-  
 manenstandes  vermögen  den Lässigen  zu  ermahnen,  den Widerspenstigen  
 durch väterliche Züchtigung  zur Ordnung zurückzufüh-  
 ren.  Wie  dieBrahmanen  sitzen  aueh  die Schüler Sakya’s  um eine  
 kolossale Fi gur in  ihrer Mitte, aber es ist nur  ein  stummer Oelgötze,  
 ein todter Gott.  Seine Darstellung soll nur zur Erinnerung dienen an  
 jenen Buddha,  der  einst auf Erden wandelte,  der aber  schon  längst  
 im Nirwana verschwand.  Was  er auf Erden  zurückliess,  als  das  
 Mittel  ihm  nachzufolgen,  ist  das  Dhamma,  die  Erklärung  des  
 grossen Weltgesetzes,  und  als  seine Verkörperung  zeigt  sich  dem  
 Auge  des  Laien  die  die  voreeschriebenen  Gebote  erfüllende