Wenn ich mit den mir bekannten Herren in Rangun Uber meine
Reise gesprocben, hatte ich natürlich nie Bedenken getragen, meine
An- und Absicht darzulegen und zu erwähnen, dass ich vielleicht
nicht nur nach Mandalay, sondern noch darüber hinaus gehen
würde. Diese Bemerkungen, obwohl von mir immer nur unter
hypothetischen Voraussetzungen gemacht, waren hei dem grossen
Interesse, das damals die chinesisch-birmanische Frage besass,
in die Lokalblätter übergegangen, um vielfach besprochen zu
werden, und mit der in solchen Fällen gewöhnlichen Courtoisie
war mir nicht nur mehr zugeschrieben, als ich gesagt hatte, sondern
auch gar nicht gezweifelt, dass Alles ausgeführt werden
würde. Aber gerade dieser Eifer hat mir geschadet und die
ganze Sache vereitelt, obwohl ich noch jetzt den Herren gerne
meinen verbindlichen Dank für ihr bezeigtes Interesse sage und es
um so aufrichtiger kann, weil die veränderte Richtung, die meine
Untersuchungen in Birma und Hinterindien dadurch schliesslich
gewannen, mir jetzt vollere Befriedigung gewährt, als vielleicht
durch Einhaltung des früheren Planes erreicht worden wäre.
Die Blätter Rangun’s nämlich posaunten etwas stark Uber die
Reise nach dem oberen Irawaddi bis China, und während ich möglichst
unerkannt und unbekannt durch Mandalay zu passiren hoffte,
wurden dem Könige imPalaste diese Zeitungen, die er sich schon
seit einiger Zeit regelmässig kommen liess, übersetzt vorgelesen
und hatte er mich schon auf der Heraufreise mit Argus-Augen verfolgen
lassen, da er nach dem G-ehörten etwas Besonderes vermuthete.
Gerade meine Zurückgezogenheit inMandalay, woEuropäer, damals
noch als seltene Gäste, meist in den ersten Tagen sich dem
Könige vorstellen liessen, musste um so mehr auffallen. Und als
ich schliesslich, was noch kein Europäer gethan, von Mandalay
weg in ein kleines Dorf zog, da mochte allerdings der König
vielleicht glauben, was, wie ich in Petermann’s Mittheilungen las,
in Rangun gesagt sei, dass er es mit einem Spion zu th'un habe,
oder gar eine gefährliche Conspiration wittern. Hätte ich gewusst,
wie die Sachen standen und dass der König von Allem durch
die Blätter unterrichtet war, so wäre natürlich das Einfachste
gewesen, sogleich um eine Vorstellung nachzusuchen und direct
die Erlaubniss von ihm zu erbitten. Auch im Verweigerungsfalle
würde sich dann vielleicht später ein Mittel gefunden haben.
Unter den bestehenden Umständen war mein Operationsplan der
allerverkehrteste und hätte zu bedenklichen Folgen führen können,
aber der Fehler in der Combination war verursacht durch Ein
Uebersehen in den verwickelten Progressionsverhältnissen, wodurch
die Civilisation ihre Umgebung beeinflusst, durch das Uebersehen
der Möglichkeit, dass im Jahre 1860 der goldfüssige Herr
des weissen Elephanten eine englische Zeitung läse.
Meine Bemühungen, eine passende Wohnung nach meinem
Wunsche .zu finden, blieben lange erfolglos. Ich wanderte mehrere
Tage mit Moung Schweh in der Umgebung Mandalay’s umher,
aber die von den Birmanen bewohnten Häuser sind nur selten
solcher Art, dass ein Europäer überhaupt daran denken könnte,
sie zu bewohnen, und wenn immer wir ein Gebäude von besserem
Aussehen bemerkten, so erwies es sich stets als ein Kloster, oder
eine sonst mit den religiösen Instituten verknüpfte Structur. Bei
der Rückkehr von einer Excursion am Schwesaatt-kyaung (-Bache)
stiess mir indess eines Tages an dem Aussenende des Kabain genannten
Dorfes ein kleines Haus auf, das in einem schattigen
Gartenhofe lag, und das nette Aussehen hatte, wie es denBambu-
häusern eigen ist, so lange sie funkelnagelneu sind. Und so
war es auch, wie ich von dem Eigenthümer hörte, der es erst
selbst seit einigen Tagen bewohnte. Mein Vorschlag zur Miethe
kam ihm etwas sonderbar vor, doch als er den angebotenen Preis
und von Vorschuss hörte, quälte er sich mit keinen unnöthi-
gen Scrupeln und schlug ein. Auf dem Hofe standen noch drei
kleine Hütten, von eingemietheten Familien bewohnt. Wir kamen
überein, dass er die eine für sich selbst nehme, und dass die
übrigen beiden, nachdem wir den Inwohnern ein anderes Logis
verschafft haben würden, niedergerissen werden sollten, um zu
dem etwas beschränkten Hause noch ein zweites anzubauen.
Jetzt glaubte ich mich am Ziele meiner Wünsche. Das Haus
lag in der Nähe eines prinzlichen Lustparks, der nie benutzt wurde
und deshalb Jedem zum Spaziergang offen stand. Der Fluss
strömte bei dem Dorfe vorbei, und die Aussicht auf den Luxus