Räucherkerzen und chinesische Bücher lagen auf Gerüsten. Der
in blaue Tunicä gekleidete Priester hatte den geschorenen Kopf
unbedeckt. Die Wände des Tempels waren bald durch Gemälde,
bald durch groteske Figuren in Stuccatur geziert oder auch
mit Landkarten behängt. Ein Raum war für Reisende bestimmt,
und daneben, meinten meine birmani-schen Begleiter, sei ein verwickeltes
Labyrinth, in welches Leute oft hineingelockt und
erschlagen würden. Sie sagten, die Chinesen verehrten einen
bärtigen Buddha, und so ist das Bild des Goraknath im Tempel
Indra Chok zu Katmandu. Am Eingangscorridor sassen Chinesen,
die ihre Pfeifen rauchten und denen der Tempel als Kaffeehaus zu
dienen schien, wie El-Abdery von der Moschee in Bugia sagt,
dass sie den Einwohnern als Versammlungsort dient und gleich
einem belebten Wesen dem Menschen Gesellschaft leiste. Die
Chinesen, mit denen ich sprach, wollten meistens aus Yunan
sein. In Cholera-Zeiten verbrennen sie Popanze im Hofe des
Tempels. Die Birmanen beobachten dann die Saeyamintoukti genannte
Ceremonie, indem sie unmittelbar nach dem Abfeuern
der Abend-Kanone in jedem Hause einen furchtbaren Lärm
durch Stampfen und Trommeln erheben, und damit fü r l—2 Stunden
fortfahren, um .die bösen Geister- fortzuscheuchen.
Die grösste Pagode Birma’s auf dem Mandalay gegenüber liegenden
Ufer ist nicht vollendet, obwohl ein sehr respectabler Anfang
dazu gemacht war. Um den Grund für eine hohe Pagode wohl zu befestigen,
werden erst kleinere gebaut und dann wieder niedergerissen.
Die Birmanen führen ihre Werke durch massenhafteVerwen-
dung derArbeitshände oder die Mechanik derNaturkräfte benutzend
aus. Als die grosse Glocke bei der Wohnuugsveränderung des
Königs über den Fluss zu bringen war, wurde ein Canal in der Höhe
des niedrigsten Wasserstandes gegraben, und die dort gegossene
Glocke an zwei seitlichen Barken befestigt, worauf sie mit hohem
Wasser, sobald man die sie am Lande haltenden Balken fortgenommen,
weitertrieb; dann wurde ein anderer Canal für Hochwasser
gegraben, um sie an ihren Ort zu bringen. Die Birmanen haben
von jeher geliebt Glocken von gigantischem Umfang zu giessen.
Noch grösser als die Rangun’s soll die Glocke von Mengun sein,
die auf 88,000 Viss (330,000 Pfd.) berechnet wird. Die hinterindischen
Glocken haben keine Zunge, sondern hängen niedrig
und werden durch Anschlägen eines daneben liegenden Klöppels
zum Tönen gebracht. Für complicirtere Fabrikeinrichtungen fehlt
noch der Sinn; was sich von der Art im Lande findet, ist meist
von den Chinesen aufgestellt. In Amarapura haben dieselben
angefangen Zucker darzustellen, während den Birmanen das
Zuckerrohr nur zum Kauen dient, und neben dem wilden Honig,
den die Karen in den Wäldern sammeln, der braune Zucker
(Jaggery) genügt, der si*ch ohne grosse Umstände aus dem Palmensaft
auskochen lässt. Die Cocos-Palme (Cocos nucifera),
deren Saft sowohl zum Kochen von Zucker, wie zum Destilliren
von Arrac dienen kann, ist im oberen Birma selten, dagegen liefert
die Cocos nypa (deren im Malayischen Atap und im Birmanischen
Dinih genannten Blätter zum Belegen der Dächer dienen)
Zucker und Toddy, sowie die für Schreibeblätter benutzte Palmyra
(borassus), von der die männliche für 3 Monate, die weibliche
für 7—8 Saft giebt (etwa 1—3 Gallonen täglich). Than ist der
birmanische Name für die Borassus flabelliformis. Mason unterscheidet
zwei Pae, die Corypha umbraculifera (Talipat oder Fächerpalme)
und die hypothetisch als Taliera angeführte Buehpalme
(book-palm). —
Die birmanischen Prinzen werden nach der Provinz genannt,
mit der sie belehnt sind. *Der jetzige König ist meist noch als
der Mendun-min (der Prinz von Mendun) bekannt, abgesehen von
seinen hochtrabenden Titeln. Auch die Minister sind so gestellt.
Der erste Minister heisst der Magweh - Akwin, weil er seine
Einkünfte aus Magweh zieht. Der entthronte König lebt noch
als Staatsgefangener in einem Thurm des Palastes und verwendet
seine Unterhaltungsgelder auf den Bau von Brücken und Klöstern.
Zwischen ihm und seinen Halbbrüdern, dem jetzigen König und
dem Eimschweming (dem Erbprinzen), bestand von jeher eine
Spannung, die noch vermehrt wurde, weil der letztere durch Be-
schützung verurtheilter Verbrecher sich einen starken Anhang
erwarb und überall im Lande ihm treu ergebene Banditen unterhielt.
Der Mendun-min dagegen brachte den grössten Theil