neben sah ich in dem Hofe eines Bauern einen Nat-Shin (Dämonen-
Tempel), dessen giebligesDach durch rothe Pfeiler getragen wurde.
Der Eingang führte zu einer geschmückten Platform, auf welche
der Götze bei dem dreimaligen Jahresfeste im Monat Tabau und
Wagau gestellt wird. Jetzt war sie leer und die Götzen wurden
in einer Rumpelkammer aufbewahrt. Auf mein Verlangen indessen
wurden sie producirt. Es waren zwei mit Kleidern angezogene
Puppen mit spitzer Königsmütze, die Säbel trugen und
Nido-naundo (der ältere und jüngere Bruder) genannt wurden,
oder im Speeiellen Schwebi-ngyi und Schwebingnay. Die Nakadau
oder Dä'monen-Mutter, ein altes Weib mit weissen Haaren, erzählte
mir, dass sie durch einenPatih (Musulman) gebracht seien.
Ihr Vater sei ein Patih, ihre Mutter eineUngeheuerin (Belu); sie
könnten das Schweinefleisch nicht leiden und bestraften Solche,
die davon ässen, mit Krankheit. Am Tage ihres Festes kommen
von allen Seiten Verehrer herbei, Birmanen sowohl wie Musul-
männer, die zusammen tanzen und Hühner zu Ehren des Hat
(nattan oder tanzen) schlachten. Wenn Kranke Heilung
wünschten, so erweise ihr der Dämon die Gnade, in sie
niederzufahren, und beantworte die gestellten Fragen. Als ich sie
bat, es mir zu zeigen, weil ich für Jemand zu consultiren wünsche,
entschuldigte sie sich, dass sie nur an den Feiertagen die Cere-
monie üben dürfe. Die anwesenden Hausbewohner bestätigten
die wunderbaren Kräfte dieses Dämon und einer der Männer
nannte ihn das Oberhaupt und König aller Nats.. Man zeigte
mir auch noch eine dritte Figur, den Diener des Brüderpaars> der
Koojäundoga oder der Erbauer der neun Pagoden hiess.
Beim Fortgehen fand ich in einer Strasse des Dorfes unter
einem Baume einen Bambukäfig aufgehangen mit drei kleinen
Nats darin, von denen der Eine die Harfe spielte. Als ich einen
Vorüberpassirenden um den Namen fragte, nannte er ihn Moung
Jingbioh (das Herrchen hübsch und fein). Auf dem Rückwege
kamen wir in der Nähe des Dorfes Tajekkan an dem Lustgarten
des Erbprinzen vorbei und konnten ungehindert durch das Thor
eintreten. Es war ein wohlerhaltener Park mit einigen Landhäusern
zum Aufenthalt. Die Pagode von Jenagaung ist auf Löwen
gestützt, während Belu’s die mittlere und Thagia’s (Götter) die
obere Terrasse tragen.
Ueber die vor die Pagoden als Wächter gestellten Löwen
haben die Birmanen verschiedene Erklärungen, von denen sich
eine an die ceylonische anschliesst. In alter Zeit sei der Sohn
eines Königs von Birma durch seine vor Feinden fliehende
Mutter in den Wald getragen und nach deren Tode durch
eine Löwin ernährt worden. Als er zum Jüngling aufgewachsen
war, schämte er sich seiner Kindheit und entfloh. Sich von seiner
Löwenmutter verfolgt sehend, schwamm er über einen Fluss, und
jene, als sie ihm nachblickte, fühlte ihr Herz brechen und starb.
Er kehrte dann zurück und hieb ihr den Kopf ab. Als er später
König geworden war, bereute er seinen Mord und liess die Bilder
seiner Mutter an den Pagoden aufstellen, damit er sie verehren
könne, ohne dass das Volk es merke, indem er scheinbar zu der
Pagode bete. Die Birmanen beten oft nur in der Richtung der
Pagode. In den Strassen Mandalay’s. habe ich sie knieen gesehen,
wo kaum die Spitze einer Pagode über die Häuser sichtbar
war. Ein Bekannter erzählte mir von Birmanen, die vor dem geschenkten
Bilde der Schwedagon-Pagode Rangun’s, als einer besonders
heiligen, ihre tägliche Morgenandacht verrichteten. Von
ändern wurde mir gesagt, die Mutter jenes Tihabahu genannten Königs
von Baranathi sei von einem Löwen geschwängert gewesen,
wie die Ahnherrin der ceylonesischen Könige, und habe er die
Bilder zur Sühne des Vatermordes aufgestellt.
Beim Beten in den Pagoden hält der Birmane oft eine Blume oder
einen Stein in der Hand, da solche sich später in Gold verwandeln
werden. Marini führt unter den Vorschriften seines Thic-ca (Xaca),
der durch den Teufel zum Einsiedlerleben im Walde verfuhrt wurde
und dort zwei leibhafte Dämone (Abala undCabala) traf, auch die
auf, ein gewisses Goldpapier zu verbrennen, das sich in wirkliches
Gold verwandelt und zur Bestechung der Höllenwächter dient.
Der birmanische Name für Pagode ist Chedi, und Chaitya meint
nach Wilson ursprünglich einen heiligen Baum, später auf die
buddhistischen Stupen übertragen.
Ehe die Birmanen in einen Krieg ausmarschiren, gehen sie