zu leben glaubt, so lange es diese nur giebt. In einer pietisti-
schen Stande indessen erliess der König einen Befehl, wonach
er die Stadt Mandalay mit umliegendem Gebiet auf einige Meilen
•in der Runde für heiliges Territorium erklärte, innerhalb welches
kein Lebenslicht ausgeblasen werden durfte. Die Grenzen wurden
durch Pfähle gesteckt. In den Häusern der Christen und Moha-
medaner wurde eine Liste sämmtlicher lebenden Wesen (Hühner,
Schweine, Ziegen, Enten u. s. w. eingeschlossen) ausgefertigt,
und dem Hausherrn ans Herz gelegt, dass er dafür verantwortlich
sein müsse und kommenden'Falles Rechenschaft Uber jedes Haupt
seiner Theuren abzulegen haben würde. Jetzt war es auch mit
der fetten Tafel der Armenier vorbei, und als ich in dieser Zeit
einmal bei ihnen speiste, sah es dort ebenso trübselig aus wie bei
den Birmanen, da die Ton Rangun geschickten Zinnbüchsen prä-
servirten Fleisches bald alle aufgekauft waren. Mir blieb jetzt
nichts übrig, als getrocknete Fische, im glücklichen Falle auch
getrocknete Tauben, oder Eier, und von den letzteren hatte der
Koch jetzt um so grössere Quantitäten zu bringen, die fehlenden
Hühner zu ersetzen. Der Prinz soll sich schon früher einmal
unter der Hand nach den Einzelnheiten meines Küchendepartements
erkundigt haben und erschreckt gewesen sein Uber die
grosse Menge Eier, die dort aufgingen. Mein birmanischer Koch
ebenfalls, obwohl ervomTödten der Hühner dispensirt war, hatte
seine Gewissensscrupel über das täglich fortgesetzte Kochen so
vieler Eier. Dann und wann einmal, beklagte er sich gegen
Moung Schweh, wäre er vielleicht auf Risico bereit, ein Ei in
kochendes Wasser zu werfen, aber so jeden Tag b.einahe ein halbes
Dutzend Eier zu tödten, das häufe sich doch zu sehr im Debet*)
an, und sein Gehalt sek nicht hinlänglich, um diese Schulden*)
Die Buddhisten suchen' stets ihre Bilanz in Ordnung zu halten , um sich,
wie es auch die Satapatha-Brahmana räth, schon in dieser Welt wiegen zu lassen.
Doch ist dies bei den besonders auf gute Werke des Almosengebens angewiesenen
Birmanen kostspieliger, als in der Mongolei, wo Wind oder Wasser die Schulden-
tilgungsmiihlen drehen, und erfordert auch eigene Anstrengung, während man in
Peking die .Gebetrüder mit Ochsen umtreibt. Pinto sah in der Pagode Tinagogo,
wie sich die Pilger gegen ihre Sünden an metallnen Stäben abwogen.
masse mit guten Werken zu nullificiren. Ich musste später oft
Moung Schweh auf den Markt schicken, und wenn es dort keine
Eier gab, nach den umliegenden Dörfern, weil der Koch sich
keine grosse Mühe gegeben haben würde, solche zu finden. Als
während des Hühnermangels der Eierkorb noch 'voluminöser
wurde, zog es zuletzt die Aufmerksamkeit der Wachen auf sich,
und als ihnen klar wurde, in welch grossartiger Ausdehnung dies
Eiermordungsgeschäft in meiner stillen Wohnung betrieben wurde,
glaubten sie sich zu einem Rapport verpflichtet. Indess gab ich
darin nicht weiter nach, und erklärte dem Prinzen, dass meine Diät
schon beschränkt genug sei und keine weiteren Reductionen ertragen
könne. Allmählig stellten sich auch wieder Hühner auf
dem Bazaar ein, indem dieselben in den, nicht in dem heiligen
Gebiet begriffenen, Dörfern auf dem anderen Ufer des Irawaddi
geschlachtet und dann am Morgen früh herübergebracht wurden.
Obwohl ich die in der Stadt aufgekaufte Brausemedicin als
die- letzte und allerletzte abgeschickt, und auch einem Augenkranken
aus dem Schanlande* dessen Freunde mich beständig
bestürmten, sowie anderen Patienten das Ende meiner Praxis
anzeigte und sie für weitere und bessere Hülfe an Dr. Williams
verwies, der ein kleines Hospital einzurichten anfing, so blieb
ich doch.nicht verschont. Es war indess die höchste Zeit, fest in
der Ablehnung zu bleiben,, denn es kamen bereits Patienten aus
der Umgegend für Consultationen zugereist, und ich war schon
früher einmal während meiner peruanischen Reisen auf solche
Weise, ehe ich mich selbst recht versah, in eine ärztliche Praxis
verstrickt worden, die, täglich zunehmend, mich Uber ein halbes
Jahr an meinen Aufenthaltsort gefesselt hatte, und aus der ich
ohne einen glücklichen Zwischenfall, der Uebertragung gestattete,
kaum so bald herausgekommen wäre. Als deshalb die Damen
■mich das nächste Mal nach dem Hause des Prinzen zu sich bitten
liessen, kam ich mit leeren Händen, und als sie mit Quälen fortfuhren
, nannte ich als einzigstes Mittel, das, bei Mangel anderer
Medicin, vielleicht noch gebraucht werden könnte, die Blutegel.
Sie waren sogleich auch dazu bereit, aber nach einigen Versuchen
zeigten sich doch so manche Schwierigkeiten in Betreff der Art
Bastian. Ostasien. II . \ 5