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 und Basen, Brüder und Schwestern,  nebst Vater und Mutter unter  
 einen Hut  gebracht  und die Einwilligung  erhalten,  dass  dieser  
 ihr geliebter Verwandter von hinnen  ziehen dürfe,  als  sich ganz  
 , uneiwartet  ein  neuer  Knoten  schürzte.  Indem  ich  ihm  seinen  
 Vorschuss  auszahlte,  gab  ich  ihm  eine Summe Geldes  aus'serdem,  
 um  auf dem Markte Hühner zu kaufen,  etwa ein  halbes  Dutzend.  
 „Hühner,  fragte  er,  wofür denn?“  „Wofür,  Tolpatsch?  nun  zum  
 essen!  „Ja,  aber,  Euer Gnaden,  die Hühner  sind  lebendig.“  
 „ Nun,  sagte ich,  freilich bleiben  sie  frischer, wenn man sie lebendig  
 mitnimmt  und  nur  jeden Tag  eins  schlachtet.“  Bei  diesen  
 Worten  fiel  er  vor  Schreck  beinahe  rücklings  über.  Er  hatte  
 schon vorher, nach birmanischer Sitte,  auf den Knieen  gesessen,  
 aber  jetzt wand  er sich wie  ein Wurm  auf  der Erde,  höchlichst  
 betheuernd,  dass  er  kein  unschuldiges Huhn  ermorden  könne,  
 dass  er so viele Hühner kochen wolle,  als  ich  es  ihm  geböte,  sie  
 braten  oder zum Ragout zerhacken,  aber  einen Todtschlag könne  
 er nicht begehen.  Da war  ein Dilemma.  Mein Jack of all  trades  
 konnte  sich nicht rühren,  und auf die Bootsleute,  die  schon  lange  
 meine  tägliche Verheerung  unter dem Hühnervolke  mit Grausen  
 angesehen hatten,  war für solche Hülfsleistung nicht zu rechnen.  
 Es  blieb nichts  übrig,  als  den  schon gemachten Contract wieder  
 zu  zerreissen,  und da ich  eines Koches wegen keinen Aufenthalt  
 haben wollte,  reis’te  ich ohne  solchen  ab  und  fand  erst in Thayetmyo  
 einen  Madrassy,  der  gerade  seinen  Herrn  verloren  hatte  
 und der  natürlich,  wie  alle  seine Landsleute,  weder diese  noch  
 sonstige  Scrupel kannte. 
 Am 23. November brachen wir von Prome  auf und hatten bei  
 der Hinauffahrt noch  einen vollen Blick  auf  den  steilen Tempel  
 des  Poutaun.  Bald  darauf  landeten  wir  auf  der  anderen Seite  
 des Flusses,  an  einer Stelle  des Waldes,  wo bunte Wimpeln  an  
 dem Beginn  eines hindurchführenden Pfades  aufgepflanzt waren.  
 Dieser führte zu  einem kühl beschatteten Felsenthale,  durch das  
 ein  schäumender Bergstrom  rauschte  und  dann  zu  einer breiten  
 Steinplatte,  mit dem Abdruck des heiligen Fusses.  Noch weiter  
 aufsteigend,  befand  ich  mich plötzlich  unter einem ungeheuren 
 Die Feuerquelle. 
 Riesengewölbe,  das  durch  die  schräg  Uberliegende  Bergwand  
 gebildet war.  Wo  die  schliessende Hälfte  fehlte,  lag  innerhalb  
 eines  Felsenkranzes  ein  trüber  See  am Abhange,  aus  dem  ein  
 Bach  ausfloss.  Schwarzdunkles  Laub  hing  Uber  den Rand  des  
 Felsbogens  herüber,  und  aus  den  Ritzen  des Gesteins  fiel  ein  
 Regen  schwerer Tropfen  nieder auf einen  langen Block,  aus dem  
 die  Figur  des  Schinbarinpelleth,  ein  berühmter  Gegenstand  
 buddhistischer Verehrung,  ausgehauen  war.  Auch  zeigten  die  
 dort hingestellten  Schirme und  aufgehangenen Zeuglappen,  freilich  
 alle  schon  triefend  nass,  dass  erst kürzlich  Pilger des Weges  
 gekommen.  Als  ich  an den Fluss  zurückkehrte,  war  das  Boot  
 aus  Missverständniss  bereits  weiter  gegangen  und  ich  holte  es  
 erst gegen Abend wieder  ein. 
 _ Am nächsten Tage zeigte sich die Sekiatau-Pagode, malerisch  
 situirt auf pyramidalischen Hügeln  und  in  der Nähe  liegt Kama,  
 wo  in  der  trocknen Jahreszeit die Feuerquelle  brennt und  um  die  
 Erscheinung des Nat-mih  (Feuer-Dämon)*)  gebetet wird.  Der 
 *)  Vor Alters  wohnte  in  dem Dorfe,  welches  jetzt Nat-mih  genannt wird  
 em  Grobschmied,  welcher  nach  seinem  Tode  ein  Nat  wurde,  nnd  da  ihm  der  
 Hang  zu  seinem  alten  Handwerk  geblieben war,  gründete  er  das  Geist-Feuer  
 (Nat-mih).  So  oft  ein Dorfbewohner  ein  Dha  oder  eine Axt  oder  einen  Spaten  
 brauchte,  brachte  er das Eisen  ans  Feuer,  legte  es  auf  demselben  nieder und  
 sprach :  „O Herr,  mach’  aus  diesem Eisen  ein  Dha,“  und  wenn  er den  nächsten  
 Tag  zuruekkam,  fand  er  den  gewünschten  Gegenstand.  Nachdem  einst  ein Mann  
 aus  dem  Geschlechte  der Khyen  seine Bitte  vorgebracht  und  das  Eisen  niedergelegt  
 hatte,  versteckte  er  sich  in  der  Nähe  im  Jungei.  Wie  er  nun,  als  
 es  am  ändern Morgen  hell  wurde,  ausschaute,  sah  er  den Geist  in Menschengestalt; 
   er  trug  einen  rothen  Putso nnd  einen  rothen Gounboung und  arbeitete  an  
 dem  gewünschten Dha.  Da  rief  der Khyen  aus:  „O mein  Herr,  hast  du mein  
 Dha  noch  nicht  fertig?  Schaff  es  mir  eiligst,  ich  bitte  dich!“  Aber  der  Nat  
 darüber  aufgebracht,  sich  entdeckt  zu  sehen,  nahm  das  heisse Dha  aus  dem 
 * euer und warf es  dem Khyen  an  die Wange,  welcher  ganz  entsetzt  entfloh,  ohne  
 auch  nur  seine  Wunde  zu  untersuchen.  Nachdem  er  t t t j  Dein  gelaufen  war,  
 rastete  er  ein  wenig  und  rieb  sich  die Wange,  und  deshalb  heisst das  dort befindliche  
 Dorf Pa-bweet  (.Wange-Reiben).  Als  er  ungefähr eine Meile weiter gelaufen  
 war  und  sich  dann  niedersetzte,  befiel  ihn  plötzlich  ein heftiges Zittern  
 an  dem Dorfe Poen  (Zittern).  Abermals weiter  laufend,  musste  er still  stehen,  
 weil  das  Bläschen  seiner Wange barst  und  diese  aufschwoll  bei  dem Dorfe Pouk-  
 Poe  Gu  (Bersten  der  Geschwulst).  Seitdem  arbeitete  der  Nat  nie  wieder  für 
 B a s tia n - ,  Ostasien.  II.