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Fragen vorgelegt, die dieser zu beantworten zögerte. Der Pungyi
vom Takkerjan-Kloster übernahm daher die Widerlegung derselben,
wurde aber von seinem Vorgesetzten beschuldigt, sich dabei
der Darlegung ketzerischer Ansichten schuldig gemacht zu haben,'
indem er in einigen Punkten mit den Christen übereinstimmte.
Statt zu widerrufen, predigte der Pungyi seine Theorie des
Schwenyandau (der heiligen Goldweisheit), indem er behauptete,
dass die Gottheit Buddha’s nur auf seine geistige Vollendung sich
gründe. Buddha meine, etymologisch richtig, die Weisheit und
Gautama sei die Personification derselben. Der orthodoxe Zeadau
dagegen hielt dem Geiste gegenüber die Khanda aufrecht, indem
alle 5 Khanda (diePiinzib-Khanda), und nicht die Vinyan-Khanda
allein, göttlich transfigurirt worden. Wären es nicht die fünf
Khanda, die den Paya ausmachten, so könnte mit dem Fehlen der
Vinyan-Khanda auch kein Nyan in ihn eingehen. Die neueSecte
gewann viele Anhänger. Ihr Dogma war, dass die Schwe-nan-
dau (die Weisheit) vor der Welt existirt habe und ewig sei. Ideen
springen allerdings aus dem Einfluss äusserer Gegenstände hervor,
aber nachdem sie von dem Zusammenhänge mit ihrem körperlichen
Substrat befreit sind, haben sie eine unabhängige
Existenz, und wenn entstanden, bestehen. Der Zeadau excom-
munieirte diese Häretiker und untersagte seinen Anhängern jede
Beziehung mit den Gebannten. Sie sollten Nichts mit ihnen zu
thun haben, ihnen nicht erlauben, Wasser aus ihren Brunnen zu
holen, auf den Märkten weder von ihnen kaufen noch ihnen verkaufen.
Dies führte zu mancherlei Unordnungen in der Stadt,
so dass d ie . Sache zuletzt vor den Bevollmächtigten, Capitain
Lloyd gebracht wurde, der dahin entschied, dass dem Pungyi
allerdings gestattet bleibe, jede ihm gefällige Meinung zu haben
und äussern, dass er aber, wenn sein Glaube den Grundsätzen
seiner Religion widerspreche, das den Priester derselben kennzeichnende
Gewand abzulegen habe. Diesem Befehle weigerte
er sich nachzukommen, und die meisten seiner Anhänger kehrten
allmählig wieder in den Schooss der Kirche zurück. In einem
Briefe, den Herr de Cruz für mich copiren liess, sagt er, dass die
Nyan, die die fünf Khanda zusammenhielte, Gott zu nennen sei»
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und dass man nur insofern eine ungenauere Redeweise erlauben
könne, dass den fünf Khanda diese Bezeichnung gegeben würde,
als dieselben der Ruheplatz der Nyan seien. Zur Stütze seiner
Ansicht wird eine Stelle des Pali-Textes citirt, besagend: dasjenige
Sein, das durch die vier Zustände der Existenz hindurchgedrungen
und zu der unbewegten Rube der Wissenschaft
gelangt ist, wird Gott genannt.
Ich hatte mehrfach Gelegenheit, Bekenner der einen oder ändern
Partei zu sehen, und hörte sie meist erbittert gegen ihre Gegner
sprechen, wenn sie ihre Ansichten erläuterten. Der Khanda-Gott
sollte essen und trinken, aber nach denDoketen*) des Sehwenyan
war das nur Schein, die Menschen glaubten es so zu sehen, auch
nachdem Gautama schon Gott geworden war. Allerdings soll er
durch das Essen von Schweinefleisch**) unter den Sala-Bäumen
gestorben sein, aber diese Ansicht gründet sich nur darauf, weil
er Ananda mittheilte, aus solcher Ursache sich eine Diarrhoe zugezogen
zu haben, sonst würde es Niemand gewusst haben. Durch
die Tappaniat begreift die Sehwenyan alles Wissen.
Auch die orthodoxen Bücher haben allerlei Schwierigkeiten
Uber das fatale Sehweinefleisch, da man damals noch keine Trichinen
gekannt zu haben scheint. So heisst es in dem birmanischen
Evangelium, dass Tsanda, der Schmied, nachdem er Buddha
mit seinen Jüngern eingeladen, ein junges Ferkel schlachtete und
es mit Reis zubereiten liess. Die Götter durchdrangen es mit
dem lieblichsten Wohlgeschmack. Als am nächsten Morgen
Alles bereit war, begab sich Tsanda nach dem Kloster, um schuldigste
Mittheilung zu machen, dass das Mahl bereit stünde.
Buddha erhob sich, nahm seinen Almosentopf und begab sich
nach Tsanda’s Haus, wo er sich auf dem für ihn vorbereiteten
Sitz niederliess. Er selbst genoss von dem Schweinefleisch und
Reis, während sich seine Begleiter an den übrigen Schüsseln
*) Nach dem Suwarna Prabhasa war Sakjamuni schon im Leben Nirwana
und gehörte ihm der angenommene Körper nur scheinbar zu (s. Schmidt).
**) Nach Lonbere erklärten die siamesischen Priester diese Todesart daraus,
wenn die Seele des überwundenen Mara in den Körper eines Eberschweines (des
typhonischen Thieres) gefahren sei.