drängte, schrieb ich zurück, dass ich nicht einsähe, weshalb die
Regierung sich um das Thun und Treiben eines einfachen Reisenden
kümmere und dass in meinem an der Grenze erhaltenen
Passe bemerkt sei, dass ich unbelästigt iii den Ortschaften längs
des Flusses verbleiben könne.
Am Nachmittag kam ich bei einem an dem Bache gelegenen
Zayat vorbei, wo der Myowun mit seinem Gefolge während der
Mittagshitze Platz genommen hatte. Er fragte, wann ich nach
Mandalay umziehen würde, und auf meine Antwort, wo möglich
in Kabain zu verbleiben, erkundigte er sich, ob ich nicht einen
Brief des Kalawun’s erhalten habe. Da ich meinte, dass das
nichts zu sagen habe, sah er etwas verwundert aus und gab das
Zeichen zum Aufbruch, um selbst zur Stadt zurückzukehren.
Nächsten Tages langte ein anderes Consularsclireihen an, von
vier jener brutalen Henkergesichter begleitet, von denen man
gewöhnlich in den Höfen der Angestellten zur Ausführung ihrer
Aufträge sieht. In demselben war gesagt, dass mein Pass der
Grenze seit der Ankunft in Mandalay alle Gültigkeit verloren
habe, und dass es der Befehl des Königs sei, dass ich Kabain
verlasse und .meine Wohnung in Mandalay nähme. Ich antwortete,
dem Befehle des Königs allerdings nicht entgegenhandeln
zu dürfen, dass indessen die Wohnung in Kabain viele Vortheile
für mich böte, und dass ich ihn ersuche, dem,Könige meine un-
terthänigste Bitte vorzutragen, dort verbleiben zu können, da ich
keinen Grund einsähe, weshalb es nicht gestattet werden sollte.
Im Weigerungsfälle würde ich natürlich dem königlichen Willen
nachkommen und nach Mandalay zurückkehren. Als ich den
Brief übergab, waren die Boten nicht damit zufrieden. Sie wollten
nicht ein Stück Papier, sondern mich selbst, und es kostete einige
Mühe, bis ich sie zur Thür hinausgeschoben und weggeschickt
hatte. Die nächste Depesche, die noch denselben Abend einlief,
liess dann aber keine Wahl. Der Kalawun versicherte sein Bestes
gethan zu haben, aber der König wolle das Verbleiben in Kabain
nicht gestatten und würde mich zu einer Audienz rufen. So liess
ich für den nächsten Morgen Böte bestellen, um dann einzupacken
und mein Sanssouci zu verlassen.
Ich hatte einen Augenblick geschwankt, ob ich nicht in das
Kloster gehen, wo ich gute Gelegenheit zum Studium gefupden
hätte, und bei dem dortigen Abt ein Asyl suchen sollte, hörte
aber, dass derselbe ohne Erlaubniss des Thugyi selbst keine ein-
gebornen Novizen ordiniren dürfe und um so weniger Fremde beherbergen
könne. Eine wirkliche Freistätte, wohin mitunter
Verbrecher für den ersten Anlauf entfliehen, ist nur der von acht
Pfeilern, den Emblemen der Religion, umstellte Götzentempel im
Innern der Klosterhöfe, der aber für längeren Aufenthalt nicht
gerade bequem wäre. Reisende mögen in den Zayat’s, auch wenn
sie innerhalb der Klostermauern liegen, logiren, erlangen aber
dadurch keine Privilegien.
Zum Tode verurtheilte Verbrecher war es Sitte, beim Begegnen
eines Pungyi auf dessen Verlangen frei zu setzen. Früher, erzählt
Sangermano, pflegten die Mönche schaarenweis aus ihren Klöstern
sich zu versammeln, um die Gefangenen aus den Händen der Beamten
zu befreien, indem sie unter ihren Kutten einen tüchtigen
Knotenstpck mit sich führten und denselben ebenso geschickt
nach dem Knüppelgesetz zu schwingen wussten, wie ihre palästinischen
Gonfratres in der Kirchenschlacht am ersten Ostertag.
Jetzt erlaubt die Regierung solche Unordnungen nicht mehr öffentlich,
doch sind die Klöster noch immer ein Schlupfwinkel, wo die
Spitzbuben für sich und ihreBeute den sichersten Versteck finden.
Mein armenischer Wirth in Mandalay wurde während meines Dortseins
um eine beträchtliche Geldsumme bestohlen, und da er den
Eifer der geheimen Polizisten mit liberalen Bezahlungen warm
zu halten wusste, so wurde der Thäter aus einem Kloster Ava’s
herausgeholt, nachdem er schon eine halbe Woche dort ungestört
verweilt hatte.