wobei die Klöster mit den freiwilligen Gaben dieser Stissigkeit
gefüllt werden. Jetzt traf man Vorbereitungen zu den grossen
Bootrennen, für die sich die ganze Bevölkerung im vollsten Staate
am Werft versammelte, mit Wetten und fröhlichem Jubel die
Tage verbringend. Die Rennböte waren enge Canoes, 30-—40 Fuss
lang sowie 3—4 Fuss breit, und durch etwa eine Elle lange Paddeln
bewegt. Die Birmanen waren Leib und Seele bei diesen
Wettkämpfen, wie sie auch für Ringübungen und andere athletische
Künste grosse Fertigkeit besitzen. Besonders geschickt
zeigen sie sich in dem allgemein beliebten Spiel des Fussballs,
zu dem ich häufig in der Abendkuhle die ganze Jugend eines
Dorfes versammelt sah und wobei der zugeworfene Bambuball
bald mit den Händen oder Armen, bald mit Füssen oder Knieen,
bald mit dem Rücken, bald mit dem Nacken aufgefangen und
wieder fortgestossen wird. Nach Borie ist es unter dem Namen
Raga auch den Mantras bekannt.
Mein Wirth hatte ein kleines Jagdhaus auf einer nahegelegenen
Hügelkette, und ich fuhr einige Male mit ihm hinaus, um
den Kyoktan-Kyaung mit einer labyrinthischen Structur zu besuchen
und in dem dortigen Wasserfall zu baden. Auch in der
Stadt fand ich in einigen der Klöster wohl unterrichtete Priester
und keinen Mangel an Copisten. In den Höfen eines derselben
war eine Manufactur von Götterbildern. Auch die Hindus haben
ihre kleinen Tempel und sieht man häufig die Jongleurs dieses
Volkes, mit Schwertern und Bällen spielend, oder auf Stelzen
tanzend.
Die Pagoden, als auf steilen Hügeln liegend, sind meistens
etwas schwierig zu besteigen, belohnen aber auch dann mit einer
um so prachtvolleren Aussicht. Besonders pittoresk wird der
Umblick über Molmein’s Umgebung durch die sonderbar gestaltete
Berggruppe (unter deren wunderlichen Formen sich auch die
„Duke of York’s Nose“ findet) und durch die den Uferrand des
gegenüberliegenden Martaban schmückenden Tempel.
Von den verschiedenen Arten der Pagoden (Öetih-puto) kommen
die spiralig aufsteigenden dem einfachen Tumulus am nächsten,
seine Erhöhung zur konischen Spitze ausziehend, während
die glockenförmigen Dagoben nur eine directe Nachahmung der
Wasserblase oder Lotos*) scheinen in der Form des umgestürzten
Almosentopfes **) (Sapeik hmauk), den Georgi als Nachahmung
eines Todtenschädels auffasst. Sykes meint sie als Symbol der
Schöpfungskraft verstehen zu können. Die abgestumpften Kegel,
die man mit brahmanischen Emblemen des Sivaismus in Siam
sieht, fehlen in Birma, und auch die bunten Verzierungen chinesischen
Geschmacks sind im letztem Lande selten. Die in ihrem
Unterbau in Gallerien und Corridore ausgehöhlten Pagoden Pa-
gan’s tragen mehr den Charakter von Tempeln, und vor Allem
erinnert die Ananda mit ihren hallenden Kreuzgewölben und unbestimmtem
Zwielicht an eine mittelalterliche Kathedrale. Bezeichnend
für die Architectur des reformirten Buddhismus sind
seine Bauten, nur aus leicht zeibröcklichen Ziegeln und Backsteinen
aufgeführt, da es genügt, dem frommen Sinn des flüchtigen
Augenblicks zu genügen, und auch die Zeitdauer der massivsten
Steinbauten nur ein verschwindender Tropfen im Strom der Ewigkeit
sein würde. So baut der Birmane auch Sand-Pagoden oder
Zeug-Pagoden, und in seiner Geschichte bilden einen beliebten
Gegenstand der Behandlung die falschen Pagoden, die aus leichtem
Material aufgerichtet über die mühsamen Anstrengungen der
Gegner den Sieg davon tragen.
Abgesehen von den Beziehungen, in welche die Pagode zu
der Gottheit selbst gesetzt ist, als die Repräsentation***) des in
*) Die unterste der Weltterrassen wird von dem aus dem Meere der Wohlgerüche
(das auf Windwirbeln ruht) hervorwachsenden Lotos (die Blume der
Juwelen) getragen. Il a la forme précieuse (mani) et comme il occupe dans ce
lotus la place du pistil, on désigne le système entier des vingt étages d’univers
pa r le nom de grains de mondes, bemerkt Remusat, der daraus auch die alte Gebetsformel
erklärt, in der der Name des vorzoroastrischen Hom wiederklingt. Die
Samenkapseln des Lotos bilden eine beliebte Opfergabe für die davon essenden
Priester, besonders in Siam.
**) DiesesGefäss ist eine mächtigeWaffe in der Hand der Mönche, die darin
die giftigen Schlangen unbeschadet forttragen und das Feuer feindlicher Zauberer,
wie das der Chaldäer im egyptischenCanobus-Topf, erlöschen machen.
***) Der Pana-ca bemerkt, dass der im Mutterleibe ruhende Bura-alaun einem
Öetih-teik gleiche. Wie die am Beginn der Kalpa aufblühende Lotosblume die
Bastian, Ostasien. I I . 2 9