seines Lebens im Kloster zu, und als der jüngere Bruder ihn
aufforderte, einen entscheidenden Schritt zu thun, weil der König
schon Befehl zu ihrer Hinrichtung gegeben habe, sö weigerte er
sich und erklärte, jedes Geschick geduldig über sich herankommen
lassen zu wollen und sei es auch der Tod. Als sein heissblütiger
Bruder schwur, dass er ihn dann lieber selbst tödten wolle, als
es von einem Ändern geschehen lassen, so forderte er ihn auf, zu-
zustossen, da so nur sein Wunsch erfüllt werden würde. Der
Prinz, von Bewegung überkommen, schleuderte sein Schwert weg
und stürzte zu den Füssen seines älteren Bruders, dessen Fuss-
sohlen er auf seine Stirn setzte, und dieser, gleichfalls bewegt,
liess sich von ihm. fortziehen. Als sie an das Palastthor kamen,
trat ihnen der wachthabende Posten entgegen, da strenger Befehl
gegeben sei, Niemand herauszulassen. „Wohlan“ ! rief der
Prinz, „solltest du meinem Befehle gehorchen und das Thor öffnen,
so würde der grausame Tyrann nicht nur dich tödten, sondern
auch deine ganze Familie ausrotten. Besser, du stirbst durch
meine Hand.“ Mit den Worten schwang er sein doppelhändiges
Schwert und hieb ihn in drei Theile, ausrufend: „Dies ist die
Bahn zum Siege! “ Die beiden Brüder eilten dann nach Scho-
bomyoh, wo der Prinz seine Anhänger aus allen Theilen des
Landes um sich berief, und mit diesen Räuberbanden Amarapura
aushungerte, so dass die durch den Feldzug gegen die Engländer
von Soldaten entblösste Stadt sich ergeben musste. Nach der
Absetzung des Königs führte der Prinz selbst, der sich mit dem Titel
des Eimschweming begnügte, seinen älteren Bruder zu dem
Thron und huldigte ihm, als der Erste, schwörend, dass er stets
seine Regierung schützen werde.
Abends gingen wir zu einem Poeh (Schauspiel), das auf
einem freien Platze durch einen Vater gegeben wurde, um das
Ohrdurchbohrungsfest seiner Tochter zu begehen. Diese Operation,
zu der Pungyi’s eingeladen werden, wird zwischen dem
6—15. Jahre von alten Weibern vorgenommen. Es hatte sich
ein zahlreiches Publikum eingefunden und daneben war eine Gasse
von Verkäufern und Verkäuferinnen gebildet, die ihre auf niedrigen ’
Tischen ausgelegten Ess- und Trinkwaaren durch Lampen oder
Fackeln beleuchteten. Die Cigarren-Verkäuferinnen sind immer
von einem Kreis junger Herren umgeben, die ihnen Süssigkeiten in’s
Ohr flüstern, und diese jungen Birmaninnen im Festtagsschmuck,
in ihren reinen weissen Jacken, buntenTamein’s, Perlen um den
Hals und Goldschmuck im Ohre, sehen auch meist sehr nett und
appetitlich aus, wie überhaupt in dem Gang und den Bewegungen
ihres schlanken und biegsamen Körpers etwas Graciöses liegt, so
langé sie ihn nicht durch die Gelenkverdrehungen des Tanzes
verunstalten.
Nachdem das Orchester die Nationalhymne gespielt, wurde
der Marionettentanz durch ein über die Bühne galoppirendes
Pferd eingeleitet, dem ein Feenballet folgte. Ein Eremit erzählt,
wie er Tigern befehlen, Wasser aus Felsen springen lassen,
Kranke durch Berührung curiren könne. Zu dem Könige kommt
eine von seinem Sohne verstossene Prinzessin, um Beschützung
flehend. Auf die von dem König an seine Minister gerichteten
Fragen entgegnen diese, dass im Lande Alles in den glücklichsten
Verhältnissen sei und grösser Wohlstand herrsche, durch die
Macht der königlichen Majestät blühe Alles und die Bäume
trügen silberne und goldene Blätter. Was mache ich mit solchen
Gold- und Silberbäumen? warf der Hofnarr ein, der die komische
Figur spielte. Wenn wir nur durch die Macht der königlichen
Majestät so viele junge Mädchen haben könnten, als wir Lust
verspüren. Dann folgte ein höchst obscönes Gespräch über
die Einzelheiten der Zeugung, dieselbe mit der von Kühen
und anderen Thieren vergleichend, und über die passenden Beschäftigungen
der verschiedenen Geschlechtsalter von der Jugend
an. Auch versicherten meine Begleiter, dass, wenn man Geduld
hätte, bis zum Ende des Poeh, gewöhnlich lange nach Mitternacht,
zu bleiben, man solche Dinge nicht nur zu hören, sondern auch
zu sehen bekommen würde.
Während Alle, sich unter schallendem Gelächter an den
Schweinereien ergötzten , kam plötzlich eine grosse Verwirrung
in das Publikum. Ein Prinz, der von einer späten Bacchanalie
zurückkehrte und nach dem Palaste wollte, brach sich zu Pferde
mitten durch das Gedränge hindurch und seine mit schweren